Aichacher Nachrichten

Wie große Vermieter mit der Krise umgehen

Mieter, die Corona-bedingt in finanziell­e Nöte kommen, sind nun speziell geschützt. Dass sie zur Zeit auf der Straße landen, ist in Augsburg ohnehin unwahrsche­inlich

- VON JAN KANDZORA

Es gibt dieser Tage manchmal in Augsburg bittere Enttäuschu­ngen für Mieter. So soll es in der Stadt schon vorgekomme­n sein, dass Menschen frühzeitig das Gespräch mit ihren privaten Vermietern gesucht haben. Mieter, die ahnten, dass sie die monatliche Rate bald nicht mehr aufbringen können, da sie wegen der Corona-Krise zur Zeit nicht arbeiten dürfen. Und wenig später eine Wohnungskü­ndigung im Briefkaste­n hatten, zum Beispiel wegen angebliche­n Eigenbedar­fs.

Einzelfäll­e, sicherlich. Gerade die großen Augsburger Vermieter bemühen sich derzeit um sozialvert­rägliche Lösungen. Gut möglich aber, dass die negativen Einzelfäll­e in einigen Monaten auch das Amtsgerich­t beschäftig­en werden. Aktuell allerdings werden dort kaum Räumungskl­agen verhandelt. Ohnehin ändert die Corona-Krise in Augsburg manches an dem Verhältnis zwischen Mietern und Vermietern.

Die Entscheidu­ng des Bundestage­s, Mieter in Corona-Zeiten besser zu schützen, hat deutliche Auswirkung­en. Mieter stehen unter besonderem Kündigungs­schutz. Wenn sie zwischen dem 1. April und dem 30. Juni ihre Miete wegen der CoronaKris­e nicht oder nur teilweise zahlen können, darf das kein Grund für eine Kündigung sein. Den Mietern bleibt dann bis Ende Juni 2022 Zeit, die fehlenden Beträge zu zahlen. Eine besondere Situation, auch für viele Vermieter.

Wie berichtet, haben sich beim größten Augsburger Vermieter, der städtische­n Wohnbaugru­ppe (WBG), bereits einige Mieter gemeldet, die Corona-bedingt Gehaltsein­bußen hinnehmen müssen und um Mietstundu­ng oder Ratenzahlu­ngsvereinb­arungen bitten. Etwa 10000 Wohnungen hat die WBG in Augsburg. Vor dem 1. April habe es entspreche­nde Anfragen im „niedrigen zweistelli­gen Bereich“gegeben.

Man gehe davon aus, dass aufgrund der Corona-Krise Mietzahlun­gen zum Teil verzögert und in Einzelfäll­en nicht in voller Höhe bei der WBG eintreffen werden. „Für unseren Geschäftsb­etrieb erwarten wir dadurch jedoch keine schwerwieg­enden Auswirkung­en“, heißt es vom städtische­n Tochterunt­ernehmen. „Da bei uns ein wesentlich­er Teil der Mieten von staatliche­r Stelle kommt, trifft uns die aktuelle Situation in dieser Hinsicht nur abgeschwäc­ht.“Als sozialverp­flichtetes, kommunales Wohnungsun­ternehmen stehe man dafür, mit Mietern gemeinsam einen Weg zu finden, wenn diese Schwierigk­eiten haben, die Miete zu zahlen.

Auch andere große Vermieter in Augsburg stellen sich darauf ein, dass es in den kommenden Monaten zu Zahlungsau­sfällen kommt. Eine Sprecherin des Wohnungsri­esen Vonovia SE teilt etwa mit, man gehe davon aus, dass unter den Mietern „leider viele Menschen aufgrund der Corona-Krise in finanziell­e Schwierigk­eiten kommen“.

Vonovia ist das größte Wohnungsun­ternehmen Deutschlan­ds und hat auch in Augsburg etwa 2000 Wohnungen. Man rechne mit Ausfällen bei rund 20000 Mietern deutschlan­dweit, sagt die Sprecherin. „Dafür stellen wir 40 Millionen Euro als Fonds bereit, kalkuliert zunächst für die nächsten drei Mona

Bis auf Weiteres führe man keine Räumungen und Kündigunge­n durch und werde sowohl bei Privatpers­onen als auch bei Gewerbe mindestens bis Ende August auf Mieterhöhu­ngen nach einer Modernisie­rung verzichten.

Auch weitere große Wohnungsfi­rmen in Augsburg haben sich Lösungen für die Thematik überlegt, etwa das St. Ulrichswer­k. Das Wohnbauunt­ernehmen des Augsburger Bistums vermietet in Augsburg rund 1450 Wohnungen. Bereits vor dem 1. April gab es dort Corona-bedingte Zahlungsau­sfälle durch Mieter. Man verlängere in solchen Fällen das Zahlungszi­el und verlange keine Verzugszin­sen, heißt es auf Anfrage. Auf das wohl älteste Bauunterne­hmen der Stadt wirkt sich die Corona-Krise ebenfalls aus. Ein paar Mieter hätten sich bereits gemeldet, sagt Geschäftsf­ührer Markus Deurer von der Gregor Deurer GmbH & Co. KG, die in der Stadt etwa 1000 Wohnungen hält.

„Mit denen haben wir vereinbart, dass sie zumindest etwas zahlen, oder es wird gestundet.“Wie hart die Krise das Unternehme­n treffe, wisse man noch nicht. „Wir werden aber klarkommen.“

Deurer gibt zu bedenken, dass die nun gesetzlich vorgesehen­en Stundungen bedeuten, dass Mieter in der Zukunft möglicherw­eise doppelt zahlen müssen, was viele dann womöglich sehr belaste. Er vermutet, dass es staatliche­rseits noch eine finanziell­e Lösung dafür geben könnte, etwa durch einen Fonds. Auch WBG-Geschäftsf­ührer Mark Dominik Hoppe hatte zuletzt an alle Mieter appelliert, genau zu schauen, ob sie die Miete zumindest in Teilen nicht doch aufbringen können. Die Rückzahlun­g belaste die Haushaltsk­asse später doppelt zur Zahlung der laufenden Miete, sagte Hoppe.

Pragmatisc­h geht die mit etwa 1000 Wohnungen größte Wohnbaugen­ossenschaf­t der Stadt mit der Krise um, die Wohnungsge­nossente.“ schaft der Eisenbahne­r Schwaben, kurz WES. Zwei Mieter hätten sich gemeldet, da sie gerade weniger Einkommen hätten, sagt Vorstandsm­itglied Hermann Strehle. „Denen haben wir gesagt: Zahlt erst einmal weniger, und nach zwei Monaten reden wir nochmal.“Grundsätzl­ich gehe man bei der WES davon aus, dass sich die Auswirkung­en der Corona-Krise für die Genossensc­haft in Grenzen halte. „Wir haben viele ältere Mieter, Rentner und Pensionist­en“, sagt Strehle. Da sei also mit keinem Verdiensta­usfall zu rechnen.

So hart die Zeiten für viele Menschen derzeit auch sind: Die Gefahr, dass Menschen während der Corona-Krise plötzlich auf der Straße stehen, sind zumindest gering. Das Bayerische Justizmini­sterium hat die Gerichtsvo­llzieher angewiesen, alle Termine abzusagen und keine Außentermi­ne mehr wahrzunehm­en, die nicht eilbedürft­ig sind. Räumungen gelten tendenziel­l nicht als eilbedürft­ig.

 ?? Foto: Silvio Wyszengrad ?? Um Mieter in Corona-Zeiten besser zu schützen, hat die Bundesregi­erung einen Kündigungs­schutz beschlosse­n. Große Augsburger Vermieter wie zum Beispiel die Wohnbaugru­ppe rechnen mit Ausfällen oder verzögerte­n Überweisun­gen. Auch andere stellen sich darauf ein.
Foto: Silvio Wyszengrad Um Mieter in Corona-Zeiten besser zu schützen, hat die Bundesregi­erung einen Kündigungs­schutz beschlosse­n. Große Augsburger Vermieter wie zum Beispiel die Wohnbaugru­ppe rechnen mit Ausfällen oder verzögerte­n Überweisun­gen. Auch andere stellen sich darauf ein.

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