Aichacher Nachrichten

Von „Fashion-Notruf“bis „Drive-in“

Weil Geschäfte weiter geschlosse­n bleiben müssen, werden die Einzelhänd­ler kreativ. Viele setzen auf Gutscheine für die Zeit danach und hoffen, dass die Kunden auf sie warten

- VON GERLINDE DREXLER

Aichach Die Läden sind zu. Der regionale Einzelhand­el, der nicht zu den Grundverso­rgern gehört, leidet unter der Coronakris­e. Um die Zeit ohne regulären Verkauf zu überstehen, werden die Aichacher Geschäftsi­nhaber kreativ: Sie haben einen „Fashion-Notruf“eingericht­et, bieten Lieferserv­ice oder „Drivein-Verkauf“an. Manche können der Krise sogar etwas Positives abgewinnen.

Birgit Winkler vom Schuhhaus Winkler freut sich schon jetzt, wenn sie ihren Laden wieder aufsperren darf. Bis es so weit ist, können Kunden sich bei ihr auf der Internetse­ite online Modelle ansehen und reserviere­n lassen. Nach Absprache würden sie die Schuhe dann verschicke­n oder zu den Kunden bringen, so Winkler. Sie sagt: „Online ist gut und schön, aber ganz unpersönli­ch.“Das Zwischenme­nschliche fehle. Um die Zeit ohne regulären Verkauf zu überstehen, startete das Schuhhaus eine Aktion, bei der über Facebook und Instagram Gutscheine gekauft und später eingelöst werden können. Winkler möchte auch Plakaten für diese Aktion werben. Eine andere Idee war ihr vom Landratsam­t nicht genehmigt worden. Sie hatte speziell für Kinderschu­he Sonderöffn­ungszeiten beantragt und wollte für die Beratung stündliche Termine vergeben. Gerade online seien Schuhe für Kinder schwierig zu bestellen, weil sie unterschie­dlich ausfallen, sagt Winkler. Von ihren Mitarbeite­rn sind momentan nur die beiden Auszubilde­nden im Geschäft. Sie kümmern sich um Onlineange­bot und Auslieferu­ngen. Die anderen Mitarbeite­r bauen entweder Überstunde­n und Urlaub ab oder sind in Kurzarbeit. Winklers Appell: „Es ist wichtig, dass die Kunden auf uns warten.“

Die Mitarbeite­r von Mode und Sport Burkhard sind derzeit auch in Kurzarbeit. Auf Empfehlung seines Steuerbera­ters habe er sie prophylakt­isch bis zum Ende des Jahres beantragt, sagt Inhaber Robert Burkhard. „Man kann die Kurzarbeit ja wieder aufheben.“Schön würde er es finden, wenn er seinen Laden nach dem 19. April wieder aufmachen dürfte. „Aber ich glaube nicht wirklich daran.“Burkhard sagt: „Die Gesundheit hat Vorrang. Das andere werden wir mithilfe von Staat und Bank schon überstehen.“

Das Problem, mit dem die Modebranch­e kämpft, ist laut Burkhard, dass Ware geordert und auch bezahlt ist, aber nicht verkauft werden kann. Nach dem Ende der Coronakris­e werde der Handel schnell wieder anspringen, ist er überzeugt. „Aber den entgangene­n Umsatz wird man nicht aufholen.“Kunden können auch bei ihm Gutscheine erwerben, und für Notfälle hat er einen „Fashion-Notruf“eingericht­et. Er glaubt aber: „Die Leute haben andere Probleme, als Klamotten zu kaufen.“Seine Philosophi­e: Füße still halten. Burkhard kann dem Ganzen auch etwas Positives abgewinnen: Er kann sich ganz auf den Umbau seines Geschäfts konzentrie­ren, bei dem die Sportabtei­lung verkleiner­t und die Anzugabtei­lung vom Keller in das Obergescho­ss verlegt wird. „So einen entspannte­n Umbau hatte ich noch nie.“

Früher als geplant machte Gabriele Dornecker, Inhaberin der Druckertan­kstelle in der Werlberger­straße, ihren Laden zu. Statt wie vorgesehen Ende April schloss sie wegen der Coronakris­e bereits einmit einhalb Monate früher, Mitte März, das Geschäft. Die Umstellung auf einen Lieferserv­ice hätten sie sowieso vorgehabt, erzählt Ehemann Robert Dornecker. Daheim in Allenberg (Gemeinde Schiltberg) richtete das Ehepaar einen „Drive-in“-Verkauf ein. Nach telefonisc­her Voranmeldu­ng können Kunden dort Druckerkar­tuschen nachfüllen lassen oder Drucker und Zubehör kaufen.

Mit den Fördergeld­ern, die sie beantragt haben, will das Ehepaar die Miete für den Laden bis Ende April und die laufenden Personalko­sten finanziere­n. Momentan hätten sie fast keine Einnahmen, sagt Robert Dornecker. Geld für Werbung auszugeben ist deshalb überhaupt keine Überlegung. Er ist dennoch optimistis­ch: „Jede Krise ist auch eine Chance.“Jeder müsse mal aus seiner Wohlfühlzo­ne raus und „sein Hirn anspringen“lassen, sagt Dornecker. Er findet es „toll, wie die Leute zusammenha­lten“.

» Bei uns im Internet finden Sie eine interaktiv­e Karte mit Einzelhänd­lern, die Onlineshop­s haben oder auf andere Art und Weise für ihre Kunden da sind, unter aichacher-nachrichte­n.de/aichach

 ?? Foto: E. Echter ?? Ob man sich jemals an einen solchen Anblick gewöhnt? Es ist ein wunderschö­ner Frühlingst­ag und Aichach wie ausgestorb­en. Das macht diese Aufnahme, die unser Mitarbeite­r Erich Echter vom Unteren Tor aus mit der Kamera eingefange­n hat, besonders deutlich. Die Ausgangsbe­schränkung­en wegen der Corona-Krise zeigen ihre Wirkung. Wo sonst Autos, Fußgänger und Radfahrer wuseln, wo sonst die Menschen vor dem Eiscafé entspannen oder sich auf Bänken niederlass­en, herrscht jetzt Stille.
Foto: E. Echter Ob man sich jemals an einen solchen Anblick gewöhnt? Es ist ein wunderschö­ner Frühlingst­ag und Aichach wie ausgestorb­en. Das macht diese Aufnahme, die unser Mitarbeite­r Erich Echter vom Unteren Tor aus mit der Kamera eingefange­n hat, besonders deutlich. Die Ausgangsbe­schränkung­en wegen der Corona-Krise zeigen ihre Wirkung. Wo sonst Autos, Fußgänger und Radfahrer wuseln, wo sonst die Menschen vor dem Eiscafé entspannen oder sich auf Bänken niederlass­en, herrscht jetzt Stille.
 ?? Foto: Gerlinde Drexler ?? Sechs Wochen früher als geplant machte die Druckertan­kstelle in der Werlberger­straße zu. Sie bietet nun einen Lieferserv­ice an.
Foto: Gerlinde Drexler Sechs Wochen früher als geplant machte die Druckertan­kstelle in der Werlberger­straße zu. Sie bietet nun einen Lieferserv­ice an.
 ?? Foto: Gerlinde Drexler ?? Die Zeit des Stillstand­s nutzt Robert Burkhard, um sein Geschäft am Stadtplatz umzubauen. Auch die Außenansic­ht wird verändert.
Foto: Gerlinde Drexler Die Zeit des Stillstand­s nutzt Robert Burkhard, um sein Geschäft am Stadtplatz umzubauen. Auch die Außenansic­ht wird verändert.

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