Aichacher Nachrichten

Corona-Kontrollen: Wie hart greift die Polizei durch?

Ein Ladeninhab­er und seine Kunden müssen wegen eines Einkaufs Strafe zahlen – das sorgt für Diskussion­en

- VON MICHAEL POSTL

Aichach-Friedberg Die Ausgangsbe­schränkung­en wegen Corona sorgen immer wieder für Diskussion­en – aktuell in Friedberg. Dort hatten Kunden in einem Geschäft bestellte Waren abgeholt. Da es sich jedoch nicht um einen Laden handelt, der Güter des täglichen Bedarfs führt, müssen wohl sowohl Inhaber als auch Kunden eine Strafe wegen Verstoßes gegen die Ausgangsbe­schränkung­en zahlen. Greifen die Beamten zu hart durch?, fragten sich Leser nach unserem Bericht.

Siegfried Hartmann vom Polizeiprä­sidium Schwaben Nord erläutert, wie die Polizei vorgeht, um die Einhaltung des Infektions­schutzgese­tzes

durchzuset­zen. Die Beamten werden dabei seit Beginn der Beschränku­ngen von der Bereitscha­ftspolizei unterstütz­t. Diese führen zusätzlich zum Streifendi­enst Kontrollen durch – nicht nur in der Großstadt Augsburg. „Wir kontrollie­ren überall gleich. In der Stadt wie auf dem Land“, so Hartmann. Die Beamten achten nicht nur auf gewerblich­e Objekte wie Supermärkt­e, sondern auch auf Personengr­uppen. „Grundsätzl­ich werden alle Ordnungswi­drigkeiten gemeldet“, stellt Hartmann klar.

Es gebe jedoch Situatione­n, bei denen die Sachlage nicht von Anfang an klar sei. Denn manches – etwa alleine oder mit dem Lebenspart­ner Sport machen oder spazieren gehen – ist erlaubt. „Wenn wir eine Situation beobachten, die ordnungswi­drig sein könnte, müssen wir sie bewerten“, erklärt Hartmann. „Das ist dann möglich, wenn wir mit den Betroffene­n sprechen. Ist die Zusammenku­nft zufällig? Verweilen die Menschen?“Diese Faktoren fließen ihm zufolge in die Bewertung ein. „Natürlich schauen wir eher zu Orten, die hoch frequentie­rt sind. Denn dort kommt es leichter zu einem Platzprobl­em, sodass die Leute den Mindestabs­tand nicht mehr halten können.“Dann müsse eine Streife einschreit­en. Deshalb sollten Menschen gerade Orte wie den Friedberge­r See oder andere Ausflugszi­ele besser meiden.

Teilweise wird der Polizei mangelndes Fingerspit­zengefühl vorgeworfe­n. „Das lassen wir schon walten“, setzt Hartmann den Kritikern entgegen. „Wir schießen nicht mit Kanonen auf Spatzen. Es ist von Fall zu Fall unterschie­dlich. Aber das verstehen die Leute nicht immer.“Die Polizei bewege sich auf einem sehr schmalen Grat. „Wir wollen niemanden, der zufällig auf der Straße einen Bekannten trifft, belangen. Es wäre weltfremd, da nicht Hallo zu sagen“, räumt Hartmann ein. Dann seien die Polizisten angehalten, auf die Betroffene­n einzuwirke­n. Doch Verabredun­gen und das Verweilen nebeneinan­der seien tabu. Da gebe es keinen Spielraum. Denn jeder, der gegen die Beschränku­ngen verstoße, müsse mit einer Sanktion rechnen.

Zudem sei es nicht immer die Polizei, die Verstöße bemerkt. Oft wird sie von Bürgern darauf aufmerksam gemacht: „Wir bekommen Anrufe und Mails von verunsiche­rten Menschen, die beispielsw­eise spielende Kinder im Hof sehen.“Dies habe nichts mit Böswilligk­eit oder Denunziati­on zu tun, viele Leute hätten einfach Angst. „Dann sollen sie uns auch Bescheid geben. Das heißt nicht, dass sie die anderen verpfeifen“, erklärt Hartmann.

In dem Fall des unerlaubte­n Einkaufs hätten die Kunden übrigens durchaus eine andere Möglichkei­t gehabt: Waren, die nicht zum täglichen Bedarf gehören, dürfen geliefert werden.

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