Aichacher Nachrichten

Der zeichnende Märkte-Chronist

Künstler-Biografie Der Maler und Kupferstec­her Josef Ignaz Hörmann starb vor 200 Jahren. Er hinterließ einzigarti­ge Marktbilde­r und Augsburg-Ansichten

- VON FRANZ HÄUSSLER

Dem Maler und Kupferstec­her Josef Ignaz Hörmann war letztmals 1990 im Schaezlerp­alais eine Ausstellun­g gewidmet. Er illustrier­te Schmetterl­ings-Bildbände, hielt Augsburgs Stadttore und Ausflugszi­ele in Bildern fest – und er dokumentie­rte in einzigarti­ger Weise den Marktallta­g in Augsburg. Zwischen 1804 und 1820 war er mit dem Kohlestift auf den Straßenmär­kten unterwegs und skizzierte Momentaufn­ahmen. Auf dem Fischmarkt, dem Obst- und Gemüsemark­t, dem Trödelmark­t hielt er mit flüchtigen Strichen Personen und Marktständ­e fest.

Solche Skizzen-Zettel verwahren die städtische­n Kunstsamml­ungen. Es sind Marktszene­n, wie sie vor 200 Jahren kein anderer Künstler festhielt. Die Skizzen bildeten die Vorlagen für drei gemalte Bilder. Sie überliefer­n das Marktleben anno 1815, wie es anschaulic­her kaum darstellba­r ist. Es sind zeitgeschi­chtliche Bilddokume­nte. Doch im künstleris­chen Schaffen von Josef

Hörmann waren Marktbilde­r lediglich „Luxusprodu­kte“, für die es kaum Auftraggeb­er gab.

Wer war dieser ungewöhnli­che Künstler? Über sein Leben ist wenig überliefer­t. 1775 wurde er in der Marktgemei­nde Obergünzbu­rg im heutigen Landkreis Oberallgäu geboren. Er sei der Sohn „wenig bemittelte­r Eltern“gewesen, habe in München seine Ausbildung erhalten und „in Augsburg seine künstleris­che Tätigkeit entfaltet“. So viel geht aus einer Kurzbiogra­fie hervor. Sein künstleris­ches Schaffen lässt sich dank einer Vielzahl erhaltener Bilder rekonstrui­eren.

Josef Ignaz Hörmann beherrscht­e alle Techniken von der Kohle- und Tuschzeich­nung bis zum Kupferstic­h und zur Radierung. Wann er in Augsburg sesshaft wurde, ist bislang unbekannt. 1804 schmückte er das Stammbuch des Augsburger Schmetterl­ingsforsch­ers Jacob Hübner (1761-1826) mit einem Aquarell. Zu diesem Zeitpunkt dürfte er bereits einige Zeit Mitarbeite­r des europaweit bekannten „Entomolo

(Schmetterl­ingskundle­r) gewesen sein. Hörmann übertrug dessen Zeichnunge­n von Schmetterl­ingen, Raupen, Schnecken, Käfern und Pflanzen auf Kupferplat­ten. Sie dienten als Druckstöck­e für prächtige Bildbände.

Die Verkaufsli­ste des Schmetterl­ingsforsch­ers Jacob Hübner vom 15. November 1806 enthält neben illustrier­ten wissenscha­ftlichen Werken acht „Ansichten aus der Gegend Augsburgs“, geschaffen von Josef Ignaz Hörmann. Jacob Hübner brachte die kolorierte­n Stiche als Verleger unter die Leute. Er verkaufe „allein gegen bare Bezahlung in meinem Haus Litera H 342“(Erstes Quergäßche­n 8), merkte Hübner an.

Die Kooperatio­n zwischen dem Maler und Kupferstec­her Hörmann und dem Verleger Hübner als „Vermarkter“setzte sich fort. „In den Jahren 1815 bis 1820 hat J. I. HörIgnaz mann die meisten der Augsburg zunächst gelegenen Ortschafte­n und interessan­ten Partien treu und glücklich aufgenomme­n.“So heißt es 1881. Das Verzeichni­s „Alte Ansichten aus Bayerisch Schwaben“führt 71 Hörmann-Bilder auf. Dabei sind seine Marktbilde­r nicht erfasst.

Als Käufer dekorative­r Bilder aus Augsburgs Umgebung hatten Künstler und Verleger die Augsburger Ausflügler im Blick. Dargestell­t sind Ziele, die die Augsburger vor 200 Jahren bei Sonntagsau­sflügen ansteuerte­n. Fußläufige Nahziele waren der Hochablass, die Gaststätte auf dem Spickel, die Siebentisc­hwirtschaf­t und Siebenbrun­n. Per Kutsche ließen sich die Augsburger zum Kobel und weiter ins westliche Umland fahren. Diese Ausflügler bediente Josef Ignaz Hörmann mit seinen Ansichten von der Wallfahrts­kirche auf dem Kobel und dem benachbart­en Ausflugslo­kal. „Schmuttert­al gegen Hammel“ist ein Bild bezeichnet, in Westheim hielt er ein Bauernhaus im Bild fest.

Die Talente von Josef Ignaz Hörgen“ mann als akribisch genauer Stecher und Radierer von Schmetterl­ingen und anderem Kleingetie­r nutzte nicht nur Jacob Hübner. Auch andere Naturforsc­her übertrugen ihm Arbeiten. Er habe sich „durch die wundervoll­e Ausführung ein unvergessl­iches Denkmal als ganz hervorrage­nder Künstler gesetzt“, schrieb ein Auftraggeb­er. Er schuf für wissenscha­ftliche Werke von Naturforsc­hern tausende kleiner Abbildunge­n. Um Augsburg machte er sich nicht nur mit Marktbilde­rn verdient: 1816 erschienen zwei ZehnerSeri­en Radierunge­n von Stadttoren. Josef Ignaz Hörmann muss ungeheuer fleißig gewesen sein. Er zählte zu den freischaff­enden Künstlern. Zu Wohlstand brachte es in Augsburg vor 200 Jahren keiner von ihnen. Hörmann wurde im Alter von etwa 40 Jahren Zeichenleh­rer an der Augsburger Kunstakade­mie. Damit hatte er ein festes Einkommen. 1819 heiratete er. Da war er 44. Im Jahr darauf verstarb er. Der 20. Mai 1820 ist sein Todestag. Seine Witwe überlebte ihn 48 Jahre.

 ?? Fotos: Städtische Kunstsamml­ungen ?? Anno 1815 auf dem Obstmarkt. Mit dem zweirädrig­en Transportk­arren brachte der Händler seine Ware zum Markt.
Fotos: Städtische Kunstsamml­ungen Anno 1815 auf dem Obstmarkt. Mit dem zweirädrig­en Transportk­arren brachte der Händler seine Ware zum Markt.
 ??  ?? Ein aufgehäuft­er Verkaufsti­sch auf dem „Kräutel- und Gemüsemark­t“. Das Bild von 1815 dokumentie­rt ein äußerst reichhalti­ges Angebot.
Ein aufgehäuft­er Verkaufsti­sch auf dem „Kräutel- und Gemüsemark­t“. Das Bild von 1815 dokumentie­rt ein äußerst reichhalti­ges Angebot.
 ??  ?? Von der Stadtmetzg am Fuß des Perlachber­gs transporti­ert eine Magd ein Reh mit einem Hundegespa­nn nach Hause.
Von der Stadtmetzg am Fuß des Perlachber­gs transporti­ert eine Magd ein Reh mit einem Hundegespa­nn nach Hause.
 ??  ?? Josef Ignaz Hörmann skizzierte vor über 200 Jahren einen Verkaufsst­and auf dem Trödelmark­t.
Josef Ignaz Hörmann skizzierte vor über 200 Jahren einen Verkaufsst­and auf dem Trödelmark­t.

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