Wer hat noch die Haare schön?
Pandemie Weil alle Salons geschlossen sind, versuchen Friseure am Telefon zu helfen
Augsburg Locken kringeln, Spitzen splissen, Stoppeln sprießen, der Pony kitzelt an den Augen, der Ansatz wird von Tag zu Tag breiter und die Dauerwelle ist auch nicht mehr frisch. Kurzum: Die Haare der Menschen wachsen und wachsen. Weil seit Wochen alle Salons wegen der Corona-Schutzmaßnahmen nicht mehr geöffnet haben, wird die Lage auf dem Kopf für viele immer heikler. Wie soll man da seinen Kollegen in ein paar Wochen wieder unter die Augen treten? Soll man vielleicht mal mit der Küchenschere selbst Hand anlegen?
Den Unmut ihrer Kunden bekommen nun auch manche Friseure zu spüren, hört man von einzelnen Haarschneidemeistern. Kunden würden wieder und wieder nach Hausbesuchen fragen, auf ihrer Stammkundschaft beharren und manchmal sogar mehr Geld bieten, um einen Termin zu bekommen. Und wenn alles nichts helfe, werde der ein oder andere sogar ausfällig. Einzelfälle? Oder werden Friseure tatsächlich immer mehr zur Zielscheibe ihrer Kunden?
„Diese Frage kann ich ausdrücklich verneinen“, sagt Sandra Gareiß, Obermeisterin der Friseurinnung Ostallgäu. „Ich habe schon mit vielen Kollegen gesprochen, aber jeder sagt mir, dass die Kunden sehr großes Verständnis für die Situation haben.“Natürlich frage der ein oder andere mal nach einem Hausbesuch oder ob man eine Ausnahme machen könne. „Aber da sagen wir ganz deutlich Nein.“
Ähnliche Erfahrungen machen Willy Uhl und Regine Volkelt, Obermeister der Friseurinnungen Nordschwaben und Oberallgäu. „Die Leute sind sehr zurückhaltend“, berichtet Uhl und Volkelt ergänzt: „Der ein oder andere fragt nach einem Hausbesuch, aber die sind strikt untersagt und wir lehnen sie auch ganz deutlich ab.“Volkelt versucht, ihren Kunden telefonisch so gut es geht weiterzuhelfen. Sozusagen eine Art Telefonseelsorge für Haarprobleme. Auch Sandra Gareiß berät am Telefon. „Das ist unter den schwierigen Umständen ein netter Zusammenhalt. Da kommt man sich gleich ganz nützlich vor.“Manchmal helfe schon eine neue Steckfrisur oder der Versuch, die Haare anders zu föhnen. „Wir bestellen aber auch Produkte und richten Farbe her, die die Kunden dann vor dem Salon abholen und selbst daheim auftragen können.“
Wie lange die Menschen in Bayern in der haarigen Angelegenheit noch durchhalten müssen, sei derzeit nicht absehbar, erklärt Obermeister Willy Uhl. Er hofft, dass er seinen Salon so schnell wie möglich wieder öffnen kann. „Aber ich glaube, das Leben wird in anderen Bahnen weitergehen. Und es ist ja noch absolut unklar, wie wir nach der Krise weiterarbeiten werden.“