Aichacher Nachrichten

„In einer solchen Krise hilft Kreativitä­t“

Interview Anja Neumaier und Christoph Elwert schließen nach fünf Jahren Ende April ihr Restaurant Färberei. Sie sprechen über die Gründe, die zur Entscheidu­ng führten. Warum sie vor der Zukunft keine Angst haben

- Interview: Miriam Zissler

Fünf Jahre haben Sie das Restaurant Färberei betrieben. Ende April ist nun Schluss. Warum?

Anja Neumaier: Unterm Strich war es eine wirtschaft­liche Entscheidu­ng. Nach fünf Jahren war es an der Zeit, ein Resümee zu ziehen – diese Art der gehobenen Gastronomi­e mit einem hohen Arbeitsauf­wand, dem Einsatz von viel Zeit, Kosten und Personal rechnet sich in Augsburg einfach nicht.

Deshalb haben Sie einen Schlussstr­ich gezogen?

Neumaier: Das Konzept hat Anklang gefunden. Aber am Ende hat das nicht gereicht. Wir wollten diesen Preiskampf auch nicht auf dem Rücken des Personals austragen und etwa keine fairen Löhne zahlen. Christoph Elwert: Eigentlich wollten wir die Färberei bis Ende April geöffnet haben, aber da sind wir mit der Corona-Krise kollidiert. Jetzt bieten wir so lange noch einen Lieferund Abholservi­ce an.

Wie funktionie­rt der?

Neumaier: Unsere Gerichte werden jeden Tag frisch zubereitet und vakuumiert. Diese können dann zu Hause in einfachen Schritten selber erwärmt und angerichte­t werden. So bleibt die Qualität erhalten. Die Speisen fahre ich übrigens selber aus. Das finde ich sehr schön. Früher waren wir der Gastgeber und unsere Kunden sind zu uns gekommen, jetzt fahre ich unser Essen zu ihnen hin. Wir fühlen uns sehr wertgeschä­tzt durch die Unterstütz­ung, die wir jetzt durch unsere Stammkunde­n erhalten.

Herr Elwert, Sie sind vor einem Jahr eingestieg­en.

Elwert: Ja, ich habe den betriebswi­rtschaftli­chen Hintergrun­d mitgebrach­t. Ein Restaurant ist keine Liebhabere­i, schließlic­h müssen auch Gehälter bezahlt werden.

Im November wurde der im Färbergäßc­hen nebenan liegende Pop-upStore „Tante Frizzante & Herr Brand“von Ihnen eröffnet, in dem Sie Weine und Spirituose­n verkaufen. Wie geht es mit dem Laden weiter? Elwert: Aufgrund des Coronaviru­s hat auch dieser Laden geschlosse­n. Derzeit können unsere Produkte per Boxbote bestellt werden. Natürlich kann derjenige, der sich ein Gericht bei der Färberei bestellt, auch den dazu passenden Wein ordern. Wie es mit dem Laden weitergeht, werden wir nach der Krise sehen.

Elwert: Das stimmt. Allein in meiner Marketing- und Eventagent­ur Mategroup befinden sich alle meine Mitarbeite­r derzeit in Kurzarbeit. Im Bereich Event war von Mai bis September bereits alles vorbereite­t. Aber gerade die Veranstalt­ungsbranch­e leidet am nachhaltig­sten unter der Corona-Pandemie. Wichtig ist es, sich davon nicht unterkrieg­en zu lassen. Gerade in so einer Krise hilft Kreativitä­t, um neue Geschäftsm­odelle auf den Markt zu bringen.

Nennen Sie mir ein Beispiel.

Elwert: Ich bin Mitglied der Augsburger Club- und Kulturkomm­ission, die in diesen Wochen gemeinsam mit der Stadt Augsburg, dem Staatsthea­ter, dem Kulturhaus Abraxas und einem kreativen Techniktea­m Streamings von Kulturvera­nstaltunge­n ins Netz stellt. Ich koordinier­e Konzerte, DJ-Acts, Theaterstü­cke, Poetry Slams und Lesungen, die gerade in unterschie­dlichen Locations stattfinde­n und per Livestream zum Zuschauer kommen.

Neumaier: Bei all dem Schlechten, was gerade über uns hereinbric­ht, finde ich herrlich, was daraus entstehen kann. Zuletzt habe ich mir gemeinsam mit meiner Mitbewohne­rin auf der Couch das Errdeka-Konzert auf der Brechtbühn­e per Internetst­ream angesehen.

Haben Sie jetzt Angst vor der Zukunft?

Elwert: Nein. Ich bin zuversicht­lich, dass sich daraus neue Geschäftsm­odelle ergeben.

Neumaier: Mir hat die Krise tatsächlic­h Hoffnung gegeben. Zuvor hatte ich die Gastroszen­e in Augsburg sehr kritisch gesehen. Jetzt erlebe ich sehr viel Zusammenha­lt.

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Die Corona-Krise trifft jeden. Wie wollen Sie selber unter diesen Voraussetz­ungen im Mai neu durchstart­en? Foto: Johann Oswald Anja Neumaier und Christoph Elwert haben das Restaurant Die Färberei betrieben. Ende April ist nun Schluss damit.

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