Aichacher Nachrichten

„Das ist ein Stück weit Wettbewerb­sverzerrun­g“

Interview FCA-Chef Klaus Hofmann prangert das aus seiner Sicht unsolide Finanzgeba­ren einiger Konkurrent­en an, die schon im Mai nicht mehr liquide sind. Trotzdem will er keinen Sonderweg für die Bundesliga bei der Saison-Fortsetzun­g

- Interview: Robert Götz

Herr Hofmann, Sie leiten mit Minimax-Viking ein Unternehme­n mit fast 10000 Mitarbeite­rn. Macht sich da die Corona-Krise auch bemerkbar, oder ist Brandschut­z virenresis­tent? Hofmann: Das Brandschut­zgeschäft ist weniger zyklisch als andere Industrien. Das Risiko eines Feuers gibt es immer. Aber wenn die Corona-Pandemie einmal vorbei ist, wird die Welt in eine große Rezession laufen und das wird auch Auswirkung­en auf Minimax haben.

Können Sie die erläutern?

Hofmann: Wir bekommen die Auswirkung­en im Konjunktur­zyklus später zu spüren. Wir hatten einen relativ guten März, werden auch noch einen halbwegs vernünftig­en April haben, aber im Mai wird die Lage deutlich anstrengen­der. Es wird viele Segmente aus unserem

Brot- und Buttergesc­häft wie der Stahlindus­trie oder dem Auto- und Maschinenb­au geben, die länger brauchen, um wieder auf die Beine zu kommen. Das wird dann Auswirkung­en auf uns haben.

Und wie ist das Krisenmana­gement beim FC Augsburg?

Hofmann: Ein Krisenmana­gement hängt immer davon ab, was kurzund mittelfris­tig passiert. Ich gebe zu, ich bin weder bei Minimax noch beim FCA intelligen­t genug zu wissen, was in zwei, vier oder sechs Wochen passiert. Aber in der Vergangenh­eit haben wir wirtschaft­lich nicht so schlecht gearbeitet. Die Vereine, die in den letzten sechs oder sieben Jahren Rücklagen geschaffen haben, werden auch über den Sommer kommen, wenn es keine Spiele mehr gibt.

Zählt da auch der FCA dazu? Hofmann: Ja. Wir haben des Öfteren Kritik geerntet, dass wir nicht offensiver investiert haben. Jetzt sind die Rücklagen hilfreich. Ich habe auch gelesen, dass 13 von 36 Profiklubs Ende Mai ein Liquidität­sproblem haben werden, falls nicht gespielt wird. Dazu zählt der FC Augsburg nicht. Es ist nur schade, dass nun auf diesem Weg die Reserven, die wir uns aufgebaut haben, Stück für Stück abgefresse­n werden. Wir haben ein positives Eigenkapit­al, daher haben wir einen gewissen Handlungss­pielraum. Der FCA ist definitiv nicht insolvent, wenn es Mitte Mai keinen Fußball gibt. Aber wenn es über Juni hinaus keinen Fußball gibt, dann werden 36 Profiklubs in Deutschlan­d schwerwieg­ende Probleme haben.

Haben Sie überhaupt noch Zeit, sich um den FCA zu kümmern? Hofmann: Natürlich. Ich investiere nicht weniger Zeit als vor dem Coronaviru­s. Michael Ströll, Stefan Reuter und ich sprechen jeden Tag miteinande­r. Es ist ein Vorteil bei uns, dass wir ein kleines Team und aufeinande­r eingespiel­t sind. Das ist in so einer Phase, in der man oft nicht weiß, was in zwei Stunden passiert, sehr hilfreich.

Um was für Themen geht es da? Hofmann: Es geht um alle aktuellen und strategisc­hen Themen, die uns derzeit beschäftig­en. Dazu gehören Abstimmung­en mit der DFL oder auch der Austausch mit Sponsoren. Wenn ich zum Beispiel an Marketinga­genturen, Messebauer oder Gastronome­n denke, weiß ich auch, dass die Einnahmen aus den Business-Bereichen nach dieser Krise nicht mehr die gleichen sein werden.

Bisher gab es beim FCA noch kein Gehaltsver­zicht der Spieler und auch keine Kurzarbeit auf der Geschäftss­telle. Ein gutes Zeichen?

Hofmann: Wir haben in der Geschäftss­telle so viele strategisc­he Projekte erarbeitet, die wir jetzt in dieser fußballfre­ien Zeit abarbeiten und voranbring­en können. Da wird jeder ausgelaste­t sein. Wenn ich lese, dass Fußballver­eine, die ein paar hundert Millionen Euro Umsatz machen, ihre Geschäftss­tellenmita­rbeiter in Kurzarbeit schicken, fühle ich mich wie in einem falschen Film. Wir versuchen, einen anderen Weg zu gehen, ohne sofort auf staatliche Unterstütz­ung zurückgrei­fen zu müssen.

Und wie sieht es bei einem möglichen Gehaltsver­zicht der Spieler aus? Hofmann: Den diskutiere­n wir, da gibt es vernünftig­e Gespräche und wie man den FCA kennt, wird es eine vernünftig­e Lösung geben.

Der Kader von 30 Spielern ist ja relativ groß und zudem müssen Sie noch zwei Chef-Trainer bezahlen ... Hofmann: Wir haben vernünftig­e Kostenstru­kturen und im Gegensatz zu anderen Vereinen können wir mit diesen Strukturen auch überleben, falls die Saison aus irgendwelc­hen Gründen nicht mehr zu Ende gespielt werden würde.

Hat es schon Gespräche mit Ihrem Hauptspons­or WWK gegeben?

Hofmann: Die WWK ist ein grundsolid­es Unternehme­n und hat signalisie­rt, allen Verpflicht­ungen nachzukomm­en. Da stehen uns keine negativen Überraschu­ngen ins Haus. Wir haben mit der WWK einen überragend­en Partner an unserer Seite.

Könnte auch die Hofmann Investoren GmbH, deren Geschäftsf­ührer Sie ja sind, die 99,5 Prozent der Anteile an der FCA GmbH & Co. KGaA hält, im Notfall nachlegen?

Hofmann: Eine Kapitalerh­öhung ist immer möglich. Wenn die Saison 2019/2020 nicht zu Ende gespielt werden würde, was aktuell aber nicht zur Debatte steht, würde der FCA das überleben. Sollte der Shutdown erheblich länger dauern, müsste man sich irgendwann Gedanken über Finanzieru­ngsstruktu­ren machen.

Wie kann denn aus Ihrer Sicht die Saison zu Ende gespielt werden? Hofmann: Das hängt von der Gesamtsitu­ation ab. Wenn sich bestimmte Maßnahmen im öffentlich­en Leben bis dahin deregulier­en lassen, dann wird es Spiele ohne Zuschauer geben können, wenn die Situation so bleibt wie jetzt, wird es auch keine Fußballspi­ele geben. Da bewegen wir uns Hand in Hand mit der Politik, dem Gesundheit­swesen und der öffentlich­en Meinung.

Es wird also keinen Sonderweg für den Fußball geben?

Hofmann: Den wird es nicht geben und der steht auch nicht zur Debatte. Die DFL, die sehr umsichtig agiert, hat so etwas nie ins Spiel gebracht. Die Lage muss sich so weit stabilisie­ren, dass wir vielleicht tatsächlic­h im Mai, selbst wenn es ohne Zuschauer ist, spielen können. Der Fußball in Deutschlan­d hat eine gewisse Wertstellu­ng für die Gesellscha­ft und kann hilfreich sein auf dem Weg zurück in eine gewisse Normalität.

Glauben Sie, dass es den Profifußba­ll nach Ende der Corona-Krise weiter in seiner jetzigen Form geben wird? Hofmann: Es muss im Finanzgeba­ren einschneid­ende Änderungen geben. Wenn es Profiverei­ne gibt, die Ende Mai nicht mehr liquide und daher im Grunde nur einen Monat durchfinan­ziert sind, dann ist das nicht mehr akzeptabel. Wenn man liest, dass der eine oder andere Klub schon seine künftigen Fernsehein­nahmen abgetreten, also verpfändet hat, dann kann man schon ein Stück weit von Wettbewerb­sverzerrun­g sprechen.

Und wie wirkt sich das aus? Hofmann: Das muss sich ändern und wird sich in der Bewertung der Lizenzieru­ngs erforderni­sse wiederfind­en. Das wird dann auch dazu führen, dass die Transferer­löse und die Gehälter der Spieler niedriger werden. Deutschlan­d wird für die nächsten ein, zwei, drei Jahre ein sehr attraktive­s Ziel für Profifußba­ller werden.

Warum?

Hofmann: Weil Spieler hier darauf vertrauen können, dass sie ihr Geld auch bekommen, wenn sie in Deutschlan­d Verträge unterschre­iben. Schauen Sie doch nach Italien und Spanien, wo Spielergeh­älter um teilweise 70 Prozent gekürzt werden, damit die Vereine überleben können. Da werden sich sicherlich viele Spieler die Finger danach abschlecke­n, wenn sie in der Bundesliga spielen dürfen.

„Da werden sich sicherlich viele Spieler die Finger danach abschlecke­n, wenn sie in der Bundesliga spielen dürfen.“

Klaus Hofmann glaubt, dass Deutschlan­d ein

attraktive­s Ziel für Profifußba­ller wird

Gibt es noch weitere Auswirkung­en? Hofmann: Ich glaube, dass es im Sommer keine großen Umbrüche in den Kadern geben wird, sondern nur punktuelle Anpassunge­n. Die Spieler, die einen Vertrag haben in der Bundesliga, wollen den behalten, sie werden keinen besseren bekommen. Das wird wahrschein­lich auch beim FC Augsburg so sein.

Glauben Sie, dass die 50+1-Regelung fallen wird?

Hofmann: Das wäre enttäusche­nd. Diese Regelung fallen zu lassen, nur weil manche Vereine nur auf VierWochen-Sicht finanziert sind, wäre, als ob man das Pferd von der falschen Seite aufzäumt. Das könnte ich nicht nachvollzi­ehen.

Was würde mit dem Auf- und Abstieg passieren, sollte die Saison nicht zu Ende gespielt werden? Müsste man dann aufstocken?

Hofmann: Ich gehe fest davon aus, dass wir die Saison zu Ende spielen, in welchem Zeitrahmen auch immer. Wenn nicht, dann wäre es wohl unumgängli­ch, dass man die Ligen aufstockt. Aber mit diesem Szenario rechne ich derzeit nicht ernsthaft.

Der FCA wird auch in der kommenden Saison in der Bundesliga spielen ... Hofmann: Davon bin ich immer überzeugt. Aber wenn wir neunmal verlieren, werden wir wohl absteigen. Garantiere­n kann ich es nicht. Aber ich bin überzeugt, dass wir eine gute Mannschaft, einen guten Trainer und eine gute Ausgangsla­ge haben.

Glauben Sie, dass Geisterspi­ele eine faire Angelegenh­eit sein werden? Hofmann: Die Spieler müssen sich extrem um- und darauf einstellen. Ich erinnere mich an ein Testspiel auf Malta im Januar im Stadion mit vier oder fünf Zuschauern. Es ist schon gruselig, wenn man jeden Schrei und jedes Wort hört. Man muss im Kopf vorbereite­t sein, dann ist es Fußball, egal, ob mit oder ohne Zuschauer.

Ihr neuer Trainer Heiko Herrlich ist der richtige Mann für diese Aufgabe? Hofmann: Davon bin ich absolut überzeugt. Wenn man seine Lebensgesc­hichte verfolgt, dann sieht man, dass er schon schwierige Phasen, auch gesundheit­licher Natur, bestanden hat. Er hat große Empathie und wird das machen.

Was werden Sie machen, wenn alle Beschränku­ngen aufgehoben sind? Hofmann: Damit habe ich mich noch gar nicht beschäftig­t, weil ich befürchte, dass es noch dauern wird. Aber ich wollte schon immer mal ein Glasgower Derby zwischen Celtic und den Rangers sehen. Das werde ich wohl nachholen.

● Klaus Hofmann wurde am 21. Oktober 1967 in Buchloe (Ostallgäu) geboren. Er ist Mitinhaber und Vorstandsv­orsitzende­r des internatio­nal tätigen Brandschut­zunternehm­ens Minimax-Viking (rund

10 000 Mitarbeite­r, Jahresumsa­tz 2018 1,7 Milliarden Euro). Hofmann löste im Dezember 2014 Walther Seinsch als Vorstandsv­orsitzende­n beim FCA ab. Mit seiner Hofmann Investoren GmbH besitzt er 99,5 Prozent der Anteile an der ausgeglied­erten Profi-Abteilung. (ötz)

 ?? Foto: Ulrich Wagner ?? Klaus Hofmann glaubt fest daran, dass die Saison in der Bundesliga zu Ende gespielt wird. Seinen Klub sieht er derzeit durch finanziell­e Reserven für die Krise gut gerüstet.
Foto: Ulrich Wagner Klaus Hofmann glaubt fest daran, dass die Saison in der Bundesliga zu Ende gespielt wird. Seinen Klub sieht er derzeit durch finanziell­e Reserven für die Krise gut gerüstet.

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