Aichacher Nachrichten

Nächtliche Flucht aus Amerika

Corona Tennisspie­ler Maximilian Heinzel vom TC Rot-Weiß Gersthofen studierte in New Orleans. Wie das Abenteuer seines Lebens plötzlich ein furioses Ende nahm

- VON OLIVER REISER

Gersthofen/Augsburg Im Sommer vergangene­n Jahres hatte Maximilian Heinzel sein Abitur gebaut, am 3. Januar sollte das bisher größte Abenteuer seines Lebens starten. Der 18-jährige Augsburger, der beim TC Rot-Weiß Gersthofen in der Landesliga­mannschaft Tennis spielt, trat die Reise nach Amerika an. Seine erste über den großen Teich. Mit einem Stipendium sollte er an der University of New Orleans Business-Administra­tion studieren und das Racket schwingen. Doch schon nach zweieinhal­b Monaten war der Aufenthalt beendet, nachdem das Coronaviru­s die komplette Welt verändert hatte. Seit dem 13. März ist er wieder in Augsburg.

Großartig hat es im in der Südstaaten-Metropole gefallen. Mit vier weiteren Studenten hatte er sich ein Appartemen­t auf dem direkt am Golf von Mexico gelegenen Campus geteilt. „Auch die Teamchemie mit vier weiteren Deutschen sowie Mitspieler­n aus Frankreich, Serbien, Australien und Russland war hervorrage­nd“, berichtet Maximilian

Heinzel. Alle zusammen hätten sie auch beim Mardi Gras, dem berühmten Karneval in New Orleans, mitgefeier­t. „So etwas habe ich noch nie erlebt. Da gab es kein Durchkomme­n in den Straßen. Das war wie Spring Break“, erzählt der blonde Schlacks, den anschließe­nd eine Erkältung plagte: „Ich bin mir nicht sicher, ob ich selber Corona hatte. Ich war zwar erkältet, hatte aber kein Fieber. Es könnte auch davon gekommen sein, dass wir leicht bekleidet bei sieben Grad in diesem Getümmel unterwegs waren.“

Wenige Tage später hatte sich New Orleans zu einem Hotspot der amerikanis­chen Corona-Krise entwickelt und es kursierten die ersten Meldungen, dass die Universitä­ten geschlosse­n und die Studenten nach Hause geschickt werden sollen. „Ich war mir nicht sicher, was mit Trump alles passieren kann, und habe mit meinen Eltern telefonier­t“, so Heinzel. „Die haben sich dann um einen Rückflug gekümmert und konnten sogar den ursprüngli­ch für 15. Mai geplanten Heimflug kostenlos umbuchen.“Als sein Vater jedoch noch in der gleichen Nacht zurückrief, hatte er sein Handy auf lautlos gestellt. „Um vier Uhr früh hat mich mein Zimmerkoll­ege Espen Lagarde geweckt. Mein Vater hatte auch dessen Nummer, weil mein französisc­her Doppelpart­ner in New Orleans in dieser Saison beim TC Rot-Weiß Gersthofen spielen soll.“In fünf Stunden sollte Maximilian Heinzel am Flughafen sein. „Ich kann doch nicht einfach abhauen“, war sein erster Gedanke. Während der 18-Jährige hektisch seine Koffer packte, versuchte er seinen Coach zu erreichen, von dem er schließlic­h die Erlaubnis zur Abreise bekam. „Ich konnte sogar noch meine Schläger aus dem Clubhaus holen.“Jetzt studiert Maximilian Heinzel von Deutschlan­d aus online – wie inzwischen alle seiner Kommiliton­en. Am Dienstag stand eine Mathe-Klausur an „Ich bin froh, dass ich wieder zu Hause bin, finde es aber auch schade, weil jetzt die wichtigen Spiele gekommen wären“, zieht er Bilanz und hofft, dass er bald wieder für den TC Rot-Weiß Gersthofen den Schläger schwingen kann. Bis dahin joggt er jeden Tag um den Kuhsee, der nur einen Kilometer von seiner Wohnung entfernt ist, oder macht Trockenübu­ngen im Garagenhof, was er als „nicht sehr erfüllend“bezeichnet.

„Schrecklic­h“, bezeichnet auch Herbert Heinzel die momentane Situation ohne jeglichen Sport. Der Sportwart beim TC Rot-Weiß Gersthofen hofft, dass nach den Osterferie­n zumindest wieder Sportarten ohne Körperkont­akt erlaubt sind. Beim Bayerische­n Tennis-Verband gebe es sogar Überlegung­en, die Sommersais­on nach dem 8. Juni durchziehe­n. Die Plätze in den Lechauen sind gerichtet: „Alle scharren mit den Hufen und wollen endlich wieder spielen.“

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Foto: Heinzel Maximilian Heinzel spielt Tennis im Team der Uni New Orleans.

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