Aichacher Nachrichten

Corona: 5700 Betriebe zeigen Kurzarbeit an

Wirtschaft Immer mehr Unternehme­n in der Region Augsburg geraten in finanziell­e Schwierigk­eiten. Nun schlägt auch die Handwerksk­ammer für ihre Mitgliedsf­irmen Alarm. Wo es derzeit krankt

- VON MICHAEL HÖRMANN

Die wirtschaft­liche Talfahrt, die an der Corona-Krise festzumach­en ist, setzt sich im Wirtschaft­sraum Augsburg weiter fort: Stand Dienstag haben 5700 Betriebe eine Anzeige auf Kurzarbeit gestellt. Diese Zahl hat die Agentur für Arbeit in Augsburg am Donnerstag auf Anfrage unserer Redaktion genannt. Wie viele Beschäftig­te davon betroffen sind, lasse sich gegenwärti­g nicht sagen, hieß es weiter.

Elsa Koller-Knedlik, Geschäftsf­ührerin der Agentur für Arbeit in Augsburg, erläutert auch, warum Zahlen keinen Aufschluss bis ins letzte Detail geben: „Im April sollte die derzeit große Welle an Anzeigen statistisc­h erfasst vorliegen. Die Statistik zur tatsächlic­h realisiert­en Kurzarbeit, einschließ­lich der Arbeitsaus­fälle, Branchen und allen betroffene­n Beschäftig­ten, wird noch einige Monate brauchen.“Das habe laut Koller-Knedlik einen einfachen Grund: „Kurzarbeit wird immer im Nachhinein abgerechne­t. Die Unternehme­n haben dafür drei Monate Zeit.“

Gegenwärti­g müsse man damit rechnen, dass die Zahlen im Wirtschaft­sraum Augsburg weiter ansteigen. Die Firmen hätten vor Eintritt in die Kurzarbeit die Arbeitszei­tkonten und den alten Urlaub der Beschäftig­ten abgebaut.

Die Dimension, die die Kurzarbeit zwischenze­itlich erreicht hat, zeigt sich in einem Vergleich: 5700 Betriebe wollen in Kurzarbeit (Stand 7. April), am 31. März waren es laut Statistik lediglich 3500 Unternehme­n, wobei auch diese Zahl bereits hoch war. Elsa Koller-Knedlik hatte dazu erwähnt, dass kleine Firmen und große Unternehme­n betroffen seien. Von Kurzarbeit seien im Wirtschaft­sraum nahezu alle Branchen betroffen.

Auch die schwäbisch­e Handwerksk­ammer schlägt längst Alarm für ihre Mitgliedsb­etriebe in der Region. Hauptgesch­äftsführer Ulrich Wagner sagt: „Das Handwerk darf in weiten Teilen noch arbeiten, doch die Probleme in den Betrieben werden von Tag zu Tag größer.“Alarmieren­d sei, dass über 80 Prozent der Handwerksu­nternehmen massive Umsatzeinb­rüche von 50 Prozent und mehr melden. Bis Mitte April könnten wohl viele Firmen durchhalte­n, sagt Wagner: „Dann drohen Liquidität­sengpässe, Insolvenze­n und Kündigunge­n.“Gerade Betriebe mit einer dünnen Kapitaldec­ke gerieten schnell in Not. Da würden Kredite nur mittelbar helfen.

Wagner führt aus: „Für viele Firmen stellt sich die Frage, wie sie dieses Geld zurückzahl­en sollen. Die staatliche­n Programme sind zwar gut ausgestatt­et, reichen aber nur für kurze Zeit.“Der Hauptgesch­äftsführer der Kammer fordert, dass die finanziell­en Hilfen erheblich schneller ankommen müssten. Das Handwerk sei jetzt dringend auf Aufträge angewiesen, um Arbeitsund Ausbildung­splätze erhalten zu können.

Wagner drängt die Politik, wichtige Entscheidu­ngen vorzuberei­ten: „Spätestens nach den Osterferie­n braucht es eine Exitstrate­gie, da die Betriebe diese wirtschaft­liche Vollbremsu­ng nicht länger durchhalte­n können.“Hilfen und Unterstütz­ungsprogra­mme, die von staatliche­r Seite kommen, seien sehr umfangreic­h, lobt Wagner. Der Haken:

„Bei den Zuschüssen gibt es inzwischen viel Durcheinan­der, weil drei Förderprog­ramme mit unterschie­dlichen Konditione­n parallel unterwegs sind – ein bayerische­s, inzwischen aufgestock­tes Förderprog­ramm, und daneben ein Bundesprog­ramm – und alle Programme sind mit unterschie­dlichen Fördersumm­en versehen.“Unterstütz­ung erfahren die Betriebe von der Handwerksk­ammer.

Sehr früh hatte in Augsburg das Dienstleis­tungsunter­nehmen Greif Kurzarbeit angemeldet. Wie berichtet, gilt dies für den Hotelwäsch­eBetrieb. Allein in Augsburg hat Greif 500 Mitarbeite­r, deutschlan­dweit gibt es neun Standorte. Sieben wurden aufgrund der Corona-Krise vorläufig geschlosse­n, zwei werden derzeit auf Minimalpro­gramm betrieben. Kündigunge­n sind bislang nicht vorgesehen.

 ?? Foto: Klaus Rainer Krieger ?? Die fast menschenle­ere Innenstadt lässt vielen Einzelhänd­lern das Herz bluten. Ihnen fehlt es an Kundenfreq­uenz und damit an Umsatz. Vor allem im Textilhand­el ist die Lage schwierig: Die Frühjahrsk­ollektion war gerade neu eingetroff­en, als die Läden wegen Corona schließen mussten.
Foto: Klaus Rainer Krieger Die fast menschenle­ere Innenstadt lässt vielen Einzelhänd­lern das Herz bluten. Ihnen fehlt es an Kundenfreq­uenz und damit an Umsatz. Vor allem im Textilhand­el ist die Lage schwierig: Die Frühjahrsk­ollektion war gerade neu eingetroff­en, als die Läden wegen Corona schließen mussten.
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Foto: Fotostand/Schmitt Im Wirtschaft­sraum Augsburg haben Stand 7. April 5700 Betriebe Kurzarbeit angemeldet.
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Foto: Silvio Wyszengrad Mitarbeite­r eines Security-Dienstes kontrollie­ren auf dem Stadtmarkt, ob die Kunden den Mindestabs­tand einhalten.

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