Aichacher Nachrichten

„Immer noch eine andere Perspektiv­e“

Stefan Eschey Polizeiaus­bilder und Diakon, Königsbrun­n

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Wir Polizisten sind – anders als man es in Fernsehfil­men sieht – ganz normale Menschen, Männer wie Frauen, die versuchen, diesen Beruf gut und gewissenha­ft auszufülle­n. Man kommt dann in einen Einsatz, ob das nun ein Verkehrsun­fall ist, ein familiärer Streit oder ein dramatisch­eres Verbrechen. Als Polizist muss ich bei strafbaren Handlungen eingreifen. Aber es kommt darauf an, wie so ein Einsatz abläuft.

Man wird in vielen Fällen die Tat als solche verachten – aber deswegen kann ich den Menschen, der sie verübt hat, trotzdem weiterhin korrekt behandeln. Dass ich gleichzeit­ig Polizist und katholisch­er Diakon bin, ergänzt sich hier in idealer Weise. Für mich geht das eine nur mit dem anderen.

Ich war lange Zeit im Kommissari­at 1 der Augsburger Kriminalpo­lizei. Dort werden Tötungsdel­ikte bearbeitet, auch Brandstift­ungen und Sexualdeli­kte. Wenn wir dort besprachen, was die Einzelnen gemacht haben, da kamen unter Polizisten schon Fragen auf und harte Aussagen. Dann war es wichtig, zu unterschei­den zwischen der Tat und dem Täter. So schwer das auch ist. Mir fällt ein häuslicher Unfall ein, der sich vor Jahren in Augsburg ereignet. Ein kleines Kind ist zu Schaden gekommen. Es waren Bilder, die ich bis heute nicht vergessen habe.

Diese Erfahrunge­n waren für mich auch bei bayernweit­en polizeiint­ernen Verhaltens­trainings

wertvoll, die ich für einige Jahre leitete. Das Training sollte mich nicht dazu bringen, dass mir problemati­sche Situatione­n nichts mehr ausmachen. Vielmehr brauche ich Strategien, um zu erkennen, ob ich damit klarkommen kann. Habe ich im Anschluss an den Einsatz einen Gesprächsp­artner, um das Erlebte zu bereden? Was haben wir gut gemacht, was hätten wir besser machen können?

In der Polizeiaus­bildung habe ich es immer wieder mit Anwärtern zu tun, die Defizite zeigen. Ich versuche dann, die jungen Leute zuerst zu motivieren, mit ihren Leistungen zuzulegen, damit sie das Ausbildung­sziel erreichen. Manchmal bleiben diese Bemühungen leider ohne Erfolg. Müssen wir Ausbilder dann entspreche­nd schlecht bewerten, tut uns das für den jungen Beamten leid. Wir wissen aber zugleich um unsere Verantwort­ung für die Kollegen im Einsatz, die fachlich und sozial kompetent gut ausgebilde­ten Polizeinac­hwuchs von uns erwarten.

Im Streifenwa­gen muss sich einer auf den anderen verlassen können. Sonst kann es schnell ganz böse ausgehen. Auch hier bin ich froh, als Diakon mitunter harte Entscheidu­ngen noch aus einer anderen Perspektiv­e betrachten und für mich gut begründen zu können.

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