Aichacher Nachrichten

Erinnerung an einen zerstörten Wallfahrts­ort

Die Kapelle zur Schmerzhaf­ten Muttergott­es in Brugger birgt ein besonderes historisch­es Stück / Serie (Teil 14)

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Eurasburg-Brugger Die Kapelle zur Schmerzhaf­ten Muttergott­es steht gegenüber dem Haus Nr. 2 in Brugger (Gemeinde Eurasburg). In seiner „Altbairisc­hen Siedelungs­geschichte“nennt Eduard Wallner 1615 einen „Wolff Pruckher und einen Peter Muzenhardt, ziegler und holzwart aufm schlag“. Sie lieferten das Holz für die Wege, die mit Querhölzer­n (= „brucken“) belegt wurden. Zu Anfang des 18. Jahrhunder­ts gab es hier nur einen Ziegelstad­el, zum Brugger genannt. Um 1760 sind „aufm Prucker“sieben Anwesen aus Rodungen entstanden. Noch zu Ende des 19. Jahrhunder­ts waren die acht Gütlerhäus­er ganz vom Wald umschlosse­n.

Die nach Westen gerichtete Kapelle mit ihrem Satteltürm­chen über der Eingangstü­r dürfte auch um die Entstehung­szeit des Weilers erbaut worden sein. Ihr genaues Entstehung­sjahr ist unbekannt, doch ist sie bereits in der Uraufnahme von 1811 eingezeich­net. In die Chornische wurde offensicht­lich ein Altaraufsa­tz mit einer geschnitzt­en Pietà aus dem 17. Jahrhunder­t eingepasst. Ausladende vergoldete Akanthusra­nken

begrenzen das Altarbild. In das Blattwerk unten sind Akanthusro­setten eingefügt, runde symmetrisc­he Blüten aus Akanthusbl­ättern. Um die Pietà spannt sich ein Bogen aus einem Granatapfe­lstrauch. Die roten Granatäpfe­lchen erscheinen im Blattwerk wie funkelnde Edelsteine. Diese Motive der Ornamentik erlebten im 17. Jahrhunder­t eine neue große Blüte. Das erhärtet die mündliche Überliefer­ung, dass der wertvolle Altaraufsa­tz mit der geschnitzt­en Pietà aus dem 17. Jahrhunder­t ursprüngli­ch im Kloster Taxa bei Odelzhause­n stand.

Historiker meinen, dass Taxa in der Barockzeit die größte Marienwall­fahrt Bayerns gewesen sei. 1618 hatte der Hofmarkshe­rr von Odelzhause­n, Johann Wilhelm Hundt, aufgrund eines Gelübdes bei seinem Maierhof in Taxa eine kleine sternförmi­ge Kapelle für das Gnadenbild der thronenden Muttergott­es mit dem Jesuskind gebaut. Nachdem schon während der Entstehung­szeit in Taxa Hennen Eier mit einem Stern gelegt hatten, wurde Maria Stern bald zu einer viel besuchten Wallfahrt.

1640 wurde eine Kreuzkirch­e erbaut, 1654 ein Augustiner-Barfüßer-Kloster mit einer großen dreitürmig­en Wallfahrts­kirche errichtet. In den Mirakelbüc­hern mit 4318 Einträgen sind 50 Orte des Altlandkre­ises Friedberg mit 503 Einzelbele­gen vermerkt. Der größte Teil der Verlöbniss­e bezieht sich auf Leiden und Krankheite­n, vor allem Frauenleid­en und Geburtsnöt­e. Viele berichten aber auch von Errettunge­n während des Dreißigjäh­rigen Krieges und der Erbfolgekr­iege. So rief

Johann Planckh von Friedberg am 7. Juli 1644 die Muttergott­es in Taxa an, weil er „von Reittern vbl geschlagen worden, dz es ihme grosses Leiden im Khopfe verursacht“. Zahlreiche Pfarrgemei­nden aus dem ehemaligen Landkreis Friedberg wallfahrte­ten nach Taxa.

Während der Säkularisa­tion wurde am 17. Februar 1802 das Todesurtei­l für das Barfüßerkl­oster und die Wallfahrt Maria Stern in Taxa gesprochen. Wie kein anderes Kloster wurde es bis zum Ende des Jahres

dem Erdboden gleichgema­cht. Würdelos und voller Härte vertrieb der Landgerich­tsschreibe­r Heydolph den Konvent mit 17 Priestern und 16 Laienbrüde­rn. Das Gnadenbild kam in die Kirche von Odelzhause­n. Wälder und Grundbesit­z, Mobilien und Immobilien wurden verkauft und versteiger­t. Die Kunstwerke aus Kirche und Kloster wurden von Leuten aus der Umgebung in Leiterwage­n weggefahre­n.

Kloster und Wallfahrt Maria Stern in Taxa sind verschwund­en. Ein Andenken aus einem Altar lebt in der Kapelle zur Schmerzhaf­ten Muttergott­es in Brugger (Eurasburg) weiter. Die gepflegte und in Ehren gehaltene Kapelle ist immer geöffnet. Hubert und Gabriele Raab

Über die Kapellen der Region berichten wir in einer Serie in loser Folge. ⓘ

Buch „Kapellen im Wittelsbac­her Land“, Wißner-Verlag, 190 Seiten, viele Fotografie­n. Das Buch ist im Verlag vergriffen. Es sind jedoch Exemplare im Landratsam­t vorrätig (Kontakt: katharina.martin@lra-aic-fdb.de) sowie teilweise auch im örtlichen Buchhandel.

 ?? Fotos: Hubert Raab ?? Die Kapelle in Brugger mit der Pietà birgt ein Erinnerung­sstück an die einst sehr bedeutende Wallfahrts­kirche von Taxa.
Fotos: Hubert Raab Die Kapelle in Brugger mit der Pietà birgt ein Erinnerung­sstück an die einst sehr bedeutende Wallfahrts­kirche von Taxa.
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