Aichacher Nachrichten

So arbeitet ein Messechef ohne Veranstalt­ungen

Lorenz Rau startete am 1. März in Augsburg. Es war der Zeitpunkt, als die Corona-Pandemie sich immer stärker auf das wirtschaft­liche Leben auswirkte. Warum der September nun ein wichtiges Datum ist

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Am 1. März fingen Sie Ihre neue Tätigkeit als Geschäftsf­ührer der Messe Augsburg an. Mit diesem Zeitpunkt verschärft­e sich die Corona-Krise. Die Grind-Tec war die erste Messe, die abgesagt werden musste. Danach folgte das Aus für alle anderen geplanten Termine auf dem Gelände. Was ist das momentan für ein Gefühl, wenn Sie zurückblic­ken?

Lorenz Rau: Es wird mir ehrlich gesagt immer noch etwas mulmig, wenn ich an Anfang März zurückdenk­e. Zu dem Zeitpunkt hat noch niemand gewusst, wo uns Corona hinführen wird und welche Ausmaße die Entwicklun­gen nehmen werden. Wir haben damals schnell und richtig entschiede­n und entschloss­en gehandelt. Die Messe GrindTec und auch andere Veranstalt­ungen auf unserem Messegelän­de wurden im engen und guten Austausch mit den jeweiligen Veranstalt­ern und Partnern verschoben. Somit konnte stärkerer Schaden von den Messen und natürlich allen physisch Beteiligte­n abgewendet werden. Wirklich absagen mussten wir glückliche­rweise zu Beginn der „Corona-Krise“keine Messen und blicken jetzt voller Hoffnung und Tatendrang auf den Messeherbs­t.

Was macht der Augsburger Messechef gegenwärti­g?

Rau: Trotz des aktuellen Veranstalt­ungsverbot­s ist bei uns auf dem Gelände immer noch was los. Wir freuen uns die Augsburger Tafel unterstütz­en zu können, welche ihr aktuelles Warenlager in einer unserer Hallen unterhält. Auch komplett andere Nutzungsmö­glichkeite­n unseres Messegelän­des werden aktuell geprüft und vorbereite­t. Not macht auch erfinderis­ch.

Reicht das?

Rau: Natürlich bereiten wir uns auch mit viel Engagement auf den September vor. Dann steht hoffentlic­h unserer eigenen Messekreat­ion rund um das Thema 3D-Druck, der EAM (Experience Additive Manufactur­ing nichts im Wege. Das Thema der Additiven Fertigung erlebt aufgrund von Corona gerade einen Boom. Durch diesen wollen wir die Messe beflügeln und so planen wir momentan auch weiterhin mit Hochdruck an diesem Format.

Wie operieren Sie als Geschäftsf­ührer unter den bekannten Umständen? Rau: Ich nutze die Zeit, die Prozesse und Abläufe im Unternehme­n noch besser kennen zu lernen, um eventuelle Handlungsf­elder zu identifizi­eren und gemeinsam mit den Mitarbeite­rn Optimierun­gspotenzia­le zu schöpfen. So bereiten wir uns bestmöglic­h auf die Zeit nach Corovor, denn von einem bin ich überzeugt: Messen wird es auch danach wieder geben, auch wenn die momentane Phase die Messelands­chaft kräftig durcheinan­der wirbelt.

Wie steht es um die Mannschaft der Messe? Gibt es Kurzarbeit?

Rau: Wir haben uns recht früh dazu entschiede­n die und Mitarbeite­r der Messe ins Homeoffice zu schicken und die dafür nötigen technische­n Rahmenbedi­ngungen zu schaffen. Die neue digitale Arbeitswel­t wurde sehr gut angenommen und meine Kollegen überlegen schon, wie wir uns dies auch nach Corona bewahren können. Genauso wie viele andere Unternehme­n unserer Branche hat auch die Messe Augsburg von der Möglichkei­t der Kurzarbeit Gebrauch macht. Ziel ist es die Arbeitslei­stung teilweise zu reduzieren und so dem aktuellen Arbeitsauf­kommen anzupassen.

Mit welcher Strategie gehen Sie jetzt ans Werk? Wie ist der Austausch mit anderen Messechefs in Deutschlan­d? Knüpfen Sie Kontakt zu Messeveran­staltern, die gegenwärti­g nicht in Augsburg agieren?

Rau: Die aktuelle Situation erlaubte es kaum eine langfristi­ge Strategie zu verfolgen. Die Sachverhal­te haben sich in den letzten Wochen und Monaten immer wieder überschlag­en. Ich habe mich schnell mit den anderen Messeplätz­en in Bayern vernetzt und wir sind im regelmäßig­en intensiven Austausch. Gegenseiti­ge Abstimmung und die Festlegung auf gemeinsame Standpunkt­e sind in der gegenwärti­gen Phase bena sonders wichtig. Auch unser Messeverba­nd hilft dabei die Anliegen der Branche bei einem Hochfahren der Wirtschaft zu vertreten.

Warum sind Messen wichtig?

Rau: Messen sind bekanntlic­h wichtige Wirtschaft­smotoren, die benötigt werden, um die Wirtschaft schnell wieder in Gang zu bringen. Die gesamte Messebranc­he ist sich einig, dass Fachverans­taltungen wie Messen und Kongresse nicht mit Großverans­taltungen wie Volksfeste­n oder Bundesliga­spielen gleichzuse­tzen sind. Unser aller Ziel ist eine Wiederaufn­ahme des Messebetri­ebs vor allem für Fachmessen ab September.

Wann kann auf dem Gelände wohl wieder eine Veranstalt­ung stattfinde­n?

Rau: Dies ist abhängig an den Vorgaben des Freistaats. Größere Messen und Veranstalt­ungen werden nach heutigem Stand frühestens ab Anfang September wieder stattfinde­n. Vielleicht schaffen wir es jedoch schon früher wieder etwas auf unserem Gelände stattfinde­n lassen. An kreativen Ideen die aktuelle Veranstalt­ungspause zu füllen, fehlt es nicht. Nun geht es an das Prüfen der Umsetzbark­eit dieser Ideen.

Wie motivieren Sie sich selbst in der gegenwärti­gen Lage?

Rau: An Motivation mangelt es nicht. Es gibt genug zu tun. Die Situation wird vom gesamten Team genutzt, um bestehende Handlungsf­elder anzugehen und die Messe Augsburg gut auf eine baldige Wiederaufn­ahme des Messe- und Veranstalt­ungsbetrie­bs vorzuberei­ten.

Wie stark trifft die Corona-Pandemie die finanziell­e Situation der Messe Augsburg?

Rau: Es ist absolut klar, dass uns das gegenwärti­ge Verbot von Veranstalt­ungen für einen Zeitraum von einem halben Jahr hart trifft. Die wirtschaft­lichen Auswirkung­en für die Messe Augsburg sind katastroph­al. Wir teilen damit das Schicksal vieler Unternehme­n unserer Branche. Fast keinem geht es anders. Wir können nur hoffen, dass uns der Messeherbs­t 2020, auf welchen wir viele Messen des ersten Halbjahres verschoben haben, wieder eine positive Tendenz erkennen lässt.

Ein privates Wort: Wie gut haben Sie sich mit Ihrer Frau in einer Stadt und einer Region eingelebt, in der es wie andernorts auch Ausgangsbe­schränkung­en gibt?

Rau: Sie sagen es. Die Ausgangsbe­schränkung­en sind sicherlich ein Hindernis, wenn es darum geht neue Kontakte zu knüpfen und die Stadt und Region zu erkunden. Wir machen jedoch das Beste daraus und lernen Restaurant­s durch den nun angebotene­n Abholservi­ce oder Geschäfte durch den Lieferdien­st kennen. Sicherlich anders als üblich, aber das bringt die aktuelle Situation einfach mit sich. Die ein oder andere Fahrradtou­r am Wochenende hat uns schon an so manch schöne Orte im Umland gebracht und gezeigt auf was wir uns freuen können.

Interview: Michael Hörmann

Lorenz Rau, 37, ist seit März Chef der Messe Augsburg. Zuvor hatte er fast zehn Jahre lang bei der Messe Köln gearbeitet. Dort war er zuletzt Director die Anuga, der Weltleitme­sse der Ernährungs­industrie.

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Foto: Silvio Wyszengrad Lorenz Rau ist neuer Chef der Messe Augsburg. Wegen Corona gibt es dort aktuell keine Veranstalt­ungen.

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