Aichacher Nachrichten

Prostituti­on: Was besser wäre als ein Verbot

- VON JONAS VOSS jovos@augsburger-allgemeine.de

Wie stark eine Gesellscha­ft ist, erkennt man daran, wie sie mit ihren Schwächste­n umgeht. Dazu gehören auch Prostituie­rte. Das faktische Prostituti­onsverbot aufgrund des Coronaviru­s verschlimm­ert ihre Situation. Häufig stecken Armut und Ausbeutung­sstrukture­n hinter der Prostituti­on, Zwang und Freiwillig­keit sind kaum voneinande­r zu trennen.

Die meisten Prostituie­rten in Augsburg stammen aus Osteuropa. Mit oft nur schlechten Sprachkenn­tnissen und ohne soziales Netz sind sie der Lage ausgesetzt. Die Frauen, die nicht mehr in ihre Heimat ausreisen konnten, sind gestrandet. Wer kein Geld, keine Sprachkenn­tnisse, keine Vertrauten hat und sein Leben in einer Parallelwe­lt neben der Stadtgesel­lschaft lebt, dem bleibt nicht mehr viel: Obdachlosi­gkeit oder illegale Prostituti­on – auch in den Wohnungen der Freier. Hier sind die Frauen noch ungeschütz­ter als ohnehin, und zwar längst nicht nur gegenüber dem Virus.

Wenn für das Rotlichtmi­lieu eine Erkenntnis aus der Corona-Krise gezogen werden kann, dann diese: Ein Verbot der Prostituti­on hilft Betroffene­n nicht. Es zwingt sie, sich noch schutzlose­r Freiern und Zuhältern auszuliefe­rn. Besser wäre es, Prostituie­rte nicht zu diskrimini­eren. Durch mehr Sozialarbe­it, strengere Auflagen und Kontrollen gegenüber Bordellen, vielleicht auch das Umwandeln der selbststän­digen in eine sozialvers­icherungsp­flichtige Tätigkeit. Das Schicksal von mehreren Hundert Frauen alleine in Augsburg einfach zu ignorieren, steht der Gesellscha­ft jedenfalls nicht gut zu Gesicht.

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