Prostitution: Was besser wäre als ein Verbot
Wie stark eine Gesellschaft ist, erkennt man daran, wie sie mit ihren Schwächsten umgeht. Dazu gehören auch Prostituierte. Das faktische Prostitutionsverbot aufgrund des Coronavirus verschlimmert ihre Situation. Häufig stecken Armut und Ausbeutungsstrukturen hinter der Prostitution, Zwang und Freiwilligkeit sind kaum voneinander zu trennen.
Die meisten Prostituierten in Augsburg stammen aus Osteuropa. Mit oft nur schlechten Sprachkenntnissen und ohne soziales Netz sind sie der Lage ausgesetzt. Die Frauen, die nicht mehr in ihre Heimat ausreisen konnten, sind gestrandet. Wer kein Geld, keine Sprachkenntnisse, keine Vertrauten hat und sein Leben in einer Parallelwelt neben der Stadtgesellschaft lebt, dem bleibt nicht mehr viel: Obdachlosigkeit oder illegale Prostitution – auch in den Wohnungen der Freier. Hier sind die Frauen noch ungeschützter als ohnehin, und zwar längst nicht nur gegenüber dem Virus.
Wenn für das Rotlichtmilieu eine Erkenntnis aus der Corona-Krise gezogen werden kann, dann diese: Ein Verbot der Prostitution hilft Betroffenen nicht. Es zwingt sie, sich noch schutzloser Freiern und Zuhältern auszuliefern. Besser wäre es, Prostituierte nicht zu diskriminieren. Durch mehr Sozialarbeit, strengere Auflagen und Kontrollen gegenüber Bordellen, vielleicht auch das Umwandeln der selbstständigen in eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit. Das Schicksal von mehreren Hundert Frauen alleine in Augsburg einfach zu ignorieren, steht der Gesellschaft jedenfalls nicht gut zu Gesicht.