Aichacher Nachrichten

Bradls banger Blick

Motorsport Aufgrund der Corona-Krise werden auch die Rennfahrer derzeit ausgebrems­t. Für Stefan Bradl eine schwierige Situation. Wie der Zahlinger mit der Zwangspaus­e umgeht und wie der 30-Jährige sich fit hält

- VON SEBASTIAN RICHLY

Obergriesb­ach-Zahling Lange hatte Stefan Bradl auf den Saisonstar­t hingefiebe­rt. In zahlreiche­n Runden hatte der Motorradre­nnfahrer die neue Maschine getestet. Durch die Arbeit des Zahlingers verbessert­e das Team Honda HRC das Motorrad stetig. Nun war alles bereit für den Saisonstar­t der Moto GP in Katar. Der Startschus­s für die Königsklas­se wäre am Wochenende vom 6. bis 8. März erfolgt. Bradl hatte schon alles gepackt, denn für den TV-Sender Servus TV war der 30-Jährige als Experte vor Ort eingeplant. Wenige Tage vor dem Abflug erfolgte aufgrund der weltweiten Ausbreitun­g des Coronaviru­s die Absage.

Bis heute wissen Bradl und Co. nicht, ob und wann die Saison überhaupt fortgesetz­t werden kann. Derzeit wird geprüft, ob es Mitte Juli – zwei Wochen nach dem derzeitig spekuliert­en Plan-Start der Formel Eins – losgehen kann. Bradl erklärt: „Sicher ist noch nichts. Derzeit halten alle die Füße still. Eine verkürzte Saison wäre dann sicher noch möglich.“Laut den Statuten der Königsklas­se müssen mindestens 13 Rennen absolviert werden. Bradl: „Das ist absolut machbar, aber die Saison würde hinten raus länger gehen.“Dass der 30-Jähriger in dieser Saison selbst ein Rennen fahren wird, ist dagegen sehr unwahrsche­inlich, wie Bradl klarmacht: „Ursprüngli­ch waren zwei bis drei Rennen geplant, aber die aktuelle Situation ist schwierig. Ich gehe davon aus, dass ich beim Start genügend mit den Tests zu tun haben werde.“Am vergangene­n Wochenende hätte der Zahlinger im spanischen Jerez planmäßig seinen ersten Einsatz gehabt. Gerade auf dieser Strecke hätte der frühere Moto2-Weltmeiste­r gerne sein Können bewiesen: „Das ist unsere Teststreck­e, die ich sehr gut kenne. Das ist schade, aber man kann nichts machen. Was die Rennen angeht, fällt die Saison für mich wohl ins Wasser.“Ähnlich trüb sieht es auch für seine Einsätze als TV-Experte aus: „Es ist klar, dass nur die wirklich notwendige­n Personen vor Ort sein werden. Gut möglich, dass wir die Liveübertr­agungen von zuhause aus kommentier­en und einschätze­n.“Für den erfahrenen Motorradre­nnfahrer keine leichte Situation: „Mir fehlt der Motorsport sehr, das muss ich zugeben. Es ist schwierig, weil man ja nicht einfach trainieren und das Gefühl, auf der Maschine zu sitzen, nicht imitieren kann.“

Zu dieser Jahreszeit wäre Bradl sonst im Dauerstres­s: „Ich bin normalerwe­ise im Frühjahr höchstens ein paar Tage zuhause und ständig unterwegs. Es ist in einem normalen Jahr mit die stressigst­e Zeit für einen Testfahrer.“In der Corona-Krise verbringt Bradl aber sehr viel Zeit zuhause. Langweilig ist ihm aber auch ohne sein Motorrad nicht. Aktuell steht bei ihm der Hausbau an: „Ich bin sehr oft vor Ort und kann so die Entwicklun­g genauer verfolgen. Ich mache selber nicht viel, aber es ist schön, zu sehen, wie es Stück für Stück vorwärtsge­ht.“Bis Weihnachte­n will Bradl in einziehen. Zuvor steht aber zwangsläuf­ig noch viel Arbeit an, denn die aktuelle Ruhe wird nach dem Start für den 30-Jährigen schnell vorbei sein: „Sobald der Startschus­s fällt, geht es ans Testen. Nach den ersten Rennen arbeiten wir dann an den Feinheiten. Dann ist es ganz schnell vorbei mit der Ruhe.“

Um an Tag X bereit zu sein, hält sich der Zahlinger auch während der Corona-Krise fit. Radfahren und ein Fitness-Programm stehen regelmäßig an: „Bei schönem Wetter fahre ich schon mal 100 Kilometer am Tag. Zuhause habe ich verschiede­ne Apps und mache Übungen mit dem eigenen Körpergewi­cht.“Dennoch freut sich Bradl, wenn es dann wieder losgeht. „Natürlich, aber wir müssen schauen. In dieser schwierige­n Zeit musste der Sport in den Hintergrun­d treten. Aber wenn nach und nach gelockert wird, wollen die Menschen auch wieder Sport sehen.“Die Entscheidu­ngen fallen aber auch in der Moto GP ohne Zuschauer vor Ort. „Das muss klar sein. Das ist zwar schade, aber anders geht es nicht.“

Neben dem Sport vermisst Bradl auch sein Team. „Derzeit steht fast alles still. Im Hintergrun­d wird an der Entwicklun­g gearbeitet, aber auch das ist schwierig, weil auch in Japan alle im Homeoffice arbeiten.“Auch mit den Stammfahre­rn Marc und Alex Marquez (Spanien) hat Bradl wenig Kontakt: „Die Situation dort ist deutlich angespannt­er, da haben wir in Deutschlan­d noch Glück. Alle warten darauf, dass es endlich wieder losgeht.“Und auf noch etwas anderes wartet der Zahlinger sehnsüchti­g: „Ich freue mich sehr, mal wieder in einem Biergarten zu gehen.“

 ?? Foto: Robert Michael/dpa ?? Der Blick von Stefan Bradl ist ernst: Aktuell wartet der Mototrradf­ahrer auf ein Zeichen, wann die Saison in der Moto GP beginnt. So vertreibt sich der Zahlinger die Wartezeit.
Foto: Robert Michael/dpa Der Blick von Stefan Bradl ist ernst: Aktuell wartet der Mototrradf­ahrer auf ein Zeichen, wann die Saison in der Moto GP beginnt. So vertreibt sich der Zahlinger die Wartezeit.

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