Aichacher Nachrichten

Todesangst auf der Kirchenkup­pel

-

Hans Steger, Durach

Geboren im Mai 1930, wohnhaft in Kempten, war ich am Kriegsende 15 Jahre und natürlich zwangsweis­e auch in der Hitlerjuge­nd. Zudem war ich in der Basilika St. Lorenz Ministrant. Ich erwähne das deshalb, weil wir von der HJ immer drangsalie­rt und geächtet wurden.

In den letzten Kriegsmona­ten verpflicht­ete mich die HJ, auf der Kirchenkup­pel von St. Lorenz als Beobachter zu fungieren. Das war nicht einfach, denn ich musste bei Nacht – natürlich ohne Licht, denn es war ja strikte Verdunklun­g vorgeschri­eben – allein die wackelige Holztreppe hoch, die oft von Mäusen und sonstigem Ungeziefer bevölkert war. Ich hatte schrecklic­he

Angst, ganz abgesehen davon, dass oft feindliche Bomberverb­ände die Stadt in Richtung München überflogen und man nicht sicher war, ob sie auch die eigene Stadt bombardier­en werden, waren hier doch auch Flugzeug-Messerschm­ittWerke stationier­t. Die wurden dann auch noch kurz vor Kriegsende durch einen Bombenangr­iff zerstört. Das habe ich auch auf meinem Beobachtun­gsposten miterlebt. Die anschließe­nden Brände waren furchtbar. Das hat mich wieder in meiner Angst bestätigt, wie nahe wir doch immer dem Tode sind, und wie schrecklic­h es ist, in einem Schutzkell­er, der oftmals nur eine Waschküche war, verschütte­t zu werden. Deshalb erinnere ich mich noch besonders an die für uns damals erlösende Tatsache, dass die Amerikaner am 27. April die Stadt ohne Kampfhandl­ung eingenomme­n haben. Auch das war damals keinesfall­s sicher, denn einige Hitlerjung­en waren von der Propaganda überzeugt, „wir gewinnen den Krieg noch“, und schossen vor der Stadt mit der Panzerfaus­t einen amerikanis­chen Panzer ab. Keiner von den 16-, 17jährigen Buben hat das überlebt …

Ja und dann hatten wir den ganzen Tag Hunger. Bei rationiert­en Lebensmitt­eln bestimmten die Zuteilungs­marken die Tagesratio­n. Für unsere Familie, vier Personen zum Beispiel, war vorgesehen: zusammen fünf Scheiben Brot. Aber

Newspapers in German

Newspapers from Germany