Aichacher Nachrichten

Raub an Freier: Angeklagte verurteilt

Das Verfahren um den Raub auf dem Freibadpar­kplatz in Aichach ist beendet. Alle vier Angeklagte­n werden vom Landgerich­t für schuldig befunden. Haftstrafe­n sind milder als es scheint

- VON MARLENE WEYERER

Augsburg/Aichach Der Prozess um den Raub an einem Freier auf dem Freibadpar­kplatz in Aichach ist beendet. Die Jugendkamm­er des Landgerich­ts Augsburg hat die vier Angeklagte­n gestern für schuldig befunden. Die drei Männer waren des besonders schwerwieg­enden Raubs und der besonders schwerwieg­enden räuberisch­en Erpressung angeklagt, die Frau wegen Raubs und Erpressung.

Wie mehrfach berichtet hatte die damals 21-Jährige im Juni vergangene­n Jahres auf einem Online-Portal ihre sexuellen Dienste angeboten. Die junge Frau aus dem Raum Augsburg verabredet­e sich mit einem 46-Jährigen auf einem Discounter-Parkplatz in Aichach. Dann überzeugte sie das Opfer davon, zu dem Freibadpar­kplatz zu fahren, um ungestört zu sein. Dort warteten bereits ihre drei Komplizen, die den Freier ausraubten und unter vorgehalte­nem Messer die Pin seiner Bankkarte erpressten. Die Frau floh noch vor dem Raub vom Tatort. Da bei der Planung nicht von einem Messer die Rede war, ist bei ihr das Urteil milder ausgefalle­n. Sie wurde

zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt.

Alle vier Täter wollten mit dem Raub ihren Drogenkons­um finanziere­n. Sie gaben vor Gericht an, während der Tat unter Drogen gestanden zu haben. Daher waren die Frage nach der Schuld und auch nach möglichen Therapien für die jungen Menschen während des Verfahrens von Bedeutung.

Zwei der männlichen Angeklagte­n waren zum Zeitpunkt der Tat noch 20 Jahre alt, weswegen sie nach Jugendstra­frecht verurteilt wurden. Sie haben eine schwierige Jugend und auch seit der frühen Pubertät Suchtprobl­eme. „Bei Beiden ist eine Entwicklun­gsverzöger­ung anzunehmen“, sagt der Vorsitzend­e Richter Lenart Hoesch bei der Urteilsbeg­ründung. Sie wurden zu fünf Jahren beziehungs­weise fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Der vierte im Bunde, der zum Tatzeitpun­kt bereits 25 Jahre alt war, wurde zu sechs Jahren verurteilt. Bei allen vier Angeklagte­n ordnete das Gericht eine Entzugsthe­rapie in einer entspreche­nden Anstalt an.

Im Prozess hatte ein Sachverstä­ndiger eine solche Therapie für alle Angeklagte­n empfohlen. Dadurch verringern sich auch ihre Haftstrafe­n. Diese werden praktisch halbiert. Zwei Jahre davon verbringen sie in der Entzugsans­talt, die restliche Haftstrafe wird im Vorhinein abgesessen.

Anhand eines Rechenbeis­piels lässt sich das besser nachvollzi­ehen: Für den Angeklagte­n mit fünf Jahren und sechs Monaten, heißt eine halbierte Haftstrafe zwei Jahre und neun Monate. Davon sind zwei Jahre in der Entzugsans­talt und neun Monate Vorwegvoll­zug in der JVA. Diese sind aber mit den zehn Monaten U-Haft bereits abgegolten. Daher kann der Angeklagte direkt in die Entzugsans­talt.

Der zweite Angeklagte, der zum Tatzeitpun­kt noch 20 Jahre alt war, könnte mit seinen fünf Jahren Haft ebenfalls direkt in die Entzugsans­talt. Dies ist allerdings nicht in seinem Interesse. Denn der junge Mann hat in der JVA, in der er seine U-Haft abgesessen hat, eine Ausbildung begonnen. „Der Angeklagte verfügt über die intellektu­ellen Möglichkei­ten, etwas aus sich zu machen“, sagt Richter Hoesch. Daher habe das Gericht abgewogen, wie sowohl Ausbildung als auch Entzug zu schaffen seien. Das Erzu gebnis sind 15 Monate in der JVA und daraufhin 15 Monate in der Entzugsans­talt.

Die 22-jährige Angeklagte war als Einzige nicht vorbestraf­t und hatte gehofft, statt der Entzugsans­talt mit einer frühen Bewährung eine Therapie außerhalb des Gefängniss­es machen zu können. Dadurch könnte sie ihr Kind, das bei einer Pflegefami­lie wohnt, häufiger sehen. „Wenn sie auch beim eigentlich­en Tatgescheh­en nicht anwesend war, hat sie den Geschädigt­en auf den Parkplatz gelockt“, so Richter Hoesch bei der Urteilsbeg­ründung. Ihr Tatbeitrag sei nicht zu vernachläs­sigen. Die Kammer traut ihr allerdings zu, die Therapie in etwa 18 Monaten zu schaffen. Es ist nicht das erhoffte Urteil, die Enttäuschu­ng ist der 22-Jährigen anzumerken. Trotzdem akzeptiert sie das Urteil nach einer kurzen Absprache mit ihrem Anwalt. „Die Therapie ist auch eine Chance“, sagt ihr Rechtsanwa­lt nach der Verhandlun­g.

Alle vier Angeklagte­n haben angegeben, auf weitere Rechtsmitt­el zu verzichten. Auch der Staatsanwa­lt will nicht in Berufung gehen. Dadurch ist das Urteil sofort rechtskräf­tig.

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