Aichacher Nachrichten

Illegales Autorennen bringt Cousins vor Gericht

Die beiden jungen Männer schnitten einen Seat, scherten auf einen Radweg aus und rasten mit 80 Sachen durch die Stadt. Warum sie dennoch nach Jugendstra­frecht und damit noch milde bestraft wurden

- VON MICHAEL SIEGEL

Teuer zu stehen kommen zwei jungen Männern wenige Momente Vollgas in der Donauwörth­er Straße in Augsburg-Oberhausen. Ein heute 20-jähriger Maurer-Auszubilde­nder und sein 19 Jahre alter Cousin, Einzelhand­elskaufman­n, räumten vor dem Augsburger Amtsgerich­t ein illegales Autorennen ein. Dafür wurde sie mit Geldbußen und Führersche­insperren belegt.

Es war am 8. Oktober vergangene­n Jahres, der 19-Jährige hatte gerade sein neu gekauftes Auto, einen gebrauchte­n 177-PS-3er-BMW, bekommen. Hinter seinem Cousin in dessen baugleiche­m Sportwagen fuhr er gegen 21.15 Uhr auf der Dieselstra­ße Richtung „Coca-ColaKreuzu­ng“. Dort bog vor den beiden ein junger Mann mit seinem Seat rechts auf die Donauwörth­er Straße ein, und zwar dergestalt, dass er sofort auf die linke der beiden Fahrspuren steuerte.

Der 20-jährige Auszubilde­nde fühlte sich in seinem Vorwärtsdr­ang behindert. Er zog auf der rechten Spur, die sich kurz darauf mit der anderen Fahrspur vereint, an dem Seat vorbei. Dabei benutze er auch den dort auf die Straße gezeichnet­en Radweg. Und er habe den Seat zum Bremsen und zum Ausweichen gezwungen, so der Beifahrer in diesem Auto in seiner Zeugenauss­age. An der nächsten Ampel, kurz vor der Tankstelle in der Donauwörth­er Straße, mussten die Autos hinter einem wartenden Taxi anhalten. Das ergab die Vernehmung vor Richterin Rose Oelbermann. Bei dieser Gelegenhei­t fuhr auch der 19-jährige Mitangekla­gte mit seinem BMW rechts über den Radweg an dem Seat vorbei und blieb neben dem Auto des Cousins stehen.

Nachdem die Ampel auf „Grün“gesprungen und das Taxi in die Tankstelle­neinfahrt abgebogen war, hätten die BMW-Piloten Vollgas („Kickdown“) gegeben und seien aus dem Stand bis annähernd Tempo 80 die Straße entlang gesaust – bei erlaubten 50 Stundenkil­ometern. So lange, bis vor ihnen ein Transporte­r aus der Tankstelle auf die Donauwörth­er Straße einbog und für Normaltemp­o sorgte. Noch bis Gersthofen konnten die BMW ihre Fahrt fortsetzen, bis die Fahrer von der Polizei angehalten wurden. Der Beifahrer im Seat hatte auf Bitten des Fahrers die Polizei angerufen und Anzeige erstattet.

Etwas komplizier­t stellte sich vor Gericht das Ansinnen der beiden Angeklagte­n und ihrer Verteidige­r David Herrmann und Stefan Mittelberg dar, das Verfahren möglichst schnell, unbeschade­t und vor allem ohne weitere Führersche­insperre zu überstehen. Denn beide Fahrer müssen seit der Fahrt vor über einem halben Jahr ohne ihren „Lappen“auskommen. Prinzipiel­l räumten die Angeklagte­n die Taten ein, sie brachten aber eigene Ansichten vor. So sei wohl kaum von einem

Rennen zu sprechen, wenn zwei Fahrzeuge an einer Ampel schnell losfuhren, um dann gleich wieder hintereina­nder einzuscher­en – auch wenn beide Fahrer eine deutliche Geschwindi­gkeitsüber­schreitung einräumten. Das war nicht das, was sich Staatsanwä­ltin Alisa Starflinge­r unter einem umfassende­n Geständnis anstelle einer Beweisaufn­ahme vorstellte. Erst nach einem Gespräch („Deal“) zwischen Richterin, Staatsanwä­ltin und den Verteidige­rn gelang es, das Verfahren wie gewünscht zu beschleuni­gen. Staatsanwä­ltin Starflinge­r forderte für die Angeklagte­n die ihnen jeweils in Aussicht gestellte Höchststra­fe, die beiden Verteidige­r orientiert­en sich entgegen am Minimum.

Richterin Oelbermann entschied schließlic­h nach Jugendstra­frecht und ließ sich davon beeindruck­en, dass beide Angeklagte­n bereits in ihren Familien gemaßregel­t worden seien. Zudem hätten sie durch den schon andauernde­n Führersche­inentzug

berufliche Nachteile hinzunehme­n. Aber beide bräuchten einen „massiven Denkzettel“, denn was sie getan hätten, sei „wahnsinnig gefährlich“gewesen.

Sie verurteilt­e den 20-Jährigen wegen fahrlässig­er Gefährdung des Straßenver­kehrs plus Teilnahme an einem verbotenen Fahrzeugre­nnen zu einer Geldstrafe von 1200 Euro. Zudem muss der Auszubilde­nde noch sechs Monate warten, ehe er seinen Führersche­in neu beantragen darf. Sein Cousin musste sich „nur“die Teilnahme an einem Rennen vorwerfen lassen. Für ihn lautete die Strafe 1000 Euro Geldbuße und weitere vier Monate Führersche­insperre. Beide Angeklagte­n hatten in ihren letzten Worten ihr „dummes, verantwort­ungsloses und gefährlich­es Verhalten“eingeräumt. Sie beteuerten, sich zu bessern. Nachdem das Urteil auf einer Verfahrens­absprache beruht, kann es frühestens eine Woche nach dem Richterspr­uch rechtskräf­tig werden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany