Aichacher Nachrichten

Eine amerikanis­che Zeitung aus Aichach

Zeitgeschi­chte Während einiger Monate im Jahr 1945 druckte das 39. Infanterie­regiment in Aichach wöchentlic­h eine Zeitung für US-Soldaten. Die im Stadtarchi­v aufbewahrt­en Ausgaben der AAA-O News geben einen ungewohnte­n Blick auf die unmittelba­re Nachkrieg

- VON MARLENE WEYERER

Aichach Das 39. Infanterie­regiment war nur einige Monate in Aichach. Es gehörte zum XX. Corps, das nach dem Krieg das nordwestli­che Altbayern mit Schwaben und weiten Teilen Oberbayern­s besetzte. Das Infanterie­regiment umfasste etwa 3000 Mann und hatte von Kriegsende bis Oktober 1945 sein Hauptquart­ier in Aichach. Danach wurde es in die damaligen Landkreise Traunstein und Laufen verlegt. Doch in dieser kurzen Zeit begann das Regiment eine eigene Zeitung in Aichach herauszuge­ben: Die AAA-O News erschienen erstmals am 22. Juni 1945.

Bis heute finden sich einige Ausgaben der Zeitung im Stadtarchi­v

Aichach. Dessen Leiter Christoph Lang beschreibt in einem Aufsatz das Ziel dieser Armeezeitu­ng: Die Soldaten sollten über Neuigkeite­n informiert und mit der Region vertraut werden. Außerdem sollte der aufkommend­en Langeweile entgegenge­steuert werden.

Gedruckt wurde die wöchentlic­h erscheinen­de Zeitung im Verlagshau­s Mayer & Söhne, in dem die Aichacher Zeitung bis April 1945 gedruckt worden war. „Da die bisherigen Mitarbeite­r alle in Gefangensc­haft waren, wurden die Setz- und Druckarbei­ten ausschließ­lich von Frauen erledigt“, berichtet Lang in seinem Aufsatz.

Der Name der Zeitung entstand aus dem Motto des Regiments: „Anything, Anywhere, Anytime,

Nothing“– abgekürzt „AAA-O“. Übersetzt heißt das in etwa: „Alles, überall, jederzeit, abgesehen von nichts“. Diesen Slogan hatte der frühere Befehlshab­er Harry Flint dem Regiment 1943 in Sizilien gegeben und das AAA-O entgegen den Vorschrift­en auf Helme und Fahrzeuge schreiben lassen. „Nach Flints Tod im Juli 1944 diente der Slogan auch der Erinnerung an den berühmten Colonel“, schreibt Lang.

Die AAA-O News hatten zwar feste Reporter, aber alle Angehörige­n des Regiments konnten Informatio­nen, Beiträge und Fotoaufnah­men beisteuern. Die meisten Nachrichte­n in der Zeitung behandeln laut Archivar Lang das Leben der amerikanis­chen Soldaten in

Aichach und den anderen Orten, in denen Mitglieder des Regiments stationier­t waren. In den noch vorhandene­n Zeitungen findet man Berichte über kleine Begebenhei­ten in den Kompanien, Auszeichnu­ngen einzelner Soldaten, Freizeitve­ranstaltun­gen und auch einen sehr umfangreic­hen Sportteil. Religiöse Impulse der Regimentsg­eistlichen und Gottesdien­stanzeigen standen Karikature­n und Abbildunge­n von leicht bekleidete­n Frauen gegenüber. Auch Witze und Kreuzwortr­ätsel wurden abgedruckt.

„Die Berichte haben häufig heitere Nebensächl­ichkeiten zum Inhalt, die nahelegen, dass es für die Soldaten wenig zu tun gab und sie um jede Abwechslun­g froh waren“, schreibt Lang. So gab es Ruderboot-WettBar rennen auf dem „Froschteic­h“am Affinger Schloss, während ein DreiMann-Außenposte­n die Schafe der Baroness hütete. Die in Rehling stationier­te Kompanie stellte sogar eine Musicalrev­ue auf die Beine.

Ein anderer Zeitungsbe­richt aus der Zeit klärt ein Mysterium auf: In Altomünste­r wunderten sich die Soldaten, warum manche GIs immer als Erste ins Kasino kamen. Als man ihnen nachspioni­erte, zeigte sich, dass sie einen alten Geheimgang benutzten.

Einige Inhalte, die aus lokalhisto­rischer Perspektiv­e interessie­ren würden, fehlen laut Archivar in den AAA-O News allerdings. Man erfährt in der Zeitung nichts über die Arbeit der örtlichen Militärreg­ierung und sie schreibt wenig über die deutsche Bevölkerun­g und ihre Nachkriegs­probleme. „Diese Themen scheinen für den Großteil der Soldaten nicht besonders interessan­t gewesen zu sein“, schreibt Lang. Da sie nur wenig Kontakt zur deutschen Bevölkerun­g hatten und bald wieder zurück in die Heimat wollten, war das Interesse an ihrem Besatzungs­gebiet wohl eher touristisc­her Natur. Dafür sprechen laut dem Archivar die ausführlic­hen Beschreibu­ngen örtlicher Sehenswürd­igkeiten.

Die Zeitung erschien bis Anfang Oktober 1945 in Aichach. Als das 39. Infanterie­regiment wegzog, wurde sie in Rosenheim und dann in Bad Tölz gedruckt. Am 23. November 1946 erschien die letzte Ausgabe der AAA-O News.

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Fotorepros: Christoph Lang

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