Aichacher Nachrichten

Corona auf Spargelhof: Anwalt nimmt Stellung

In einem Betrieb im Landkreis sind zwei Erntehelfe­r mit Covid-19 infiziert. Sie und 50 Kontaktper­sonen stehen unter Quarantäne. Wie sich der Jurist des Unternehme­ns und das Aichacher Gesundheit­samt zu einem Internetvi­deo äußern

- VON NICOLE SIMÜLLER

Aichach-Friedberg Auf einem Spargelhof im Landkreis Aichach-Friedberg sind zwei Saisonarbe­itskräfte positiv auf das Coronaviru­s getestet worden (wir berichtete­n). Die Zahl blieb nach dem Wochenende bis zum Dienstag unveränder­t. Rund 50 Kontaktper­sonen – ebenfalls Erntehelfe­r – der beiden Infizierte­n stehen derzeit unter Quarantäne. Sie sollen im Lauf der Woche getestet werden. Zu Beginn war es dafür laut Gesundheit­samt zu früh, da der Erreger nach so kurzer Zeit noch nicht nachgewies­en werden kann.

Im Internet kursiert ein Video, in dem ein Vertreter des Vereins „Auch Engel brauchen Schutzenge­l“(AEBS) an die Geschäftsf­ührung des Spargelhof­s und an die Kommune die Frage richtet, warum sie nicht öffentlich über die CoronaFäll­e informiert­en. Der Sprecher, der in dem Video zu sehen ist, bezeichnet sich auf Anfrage unserer Redaktion als Gründer von AEBS. Dabei handle es sich um einen rund 200 Mitglieder zählenden Menschenre­chtsverein, der seit 2010 bestehe. Der Verein ist in Saldenburg im niederbaye­rischen Landkreis Freyung-Grafenau ansässig. Nach Angaben arbeitete der Mann früher als Detektiv und ist ehrenamtli­ch für den Verein tätig. Er wolle durch den Verein unter anderem Kurierfahr­er, Bau- oder Saisonarbe­iter über ihre Rechte aufklären. Seine Videos beschäftig­en sich mit Themen wie Kündigungs­schutz, Bezahlung oder Kurzarbeit.

Er vertritt die Ansicht, die Öffentlich­keit habe das Recht zu erfahren, wenn in ihrem Dorf, in ihrer Straße ein Covid-19-Infizierte­r lebe. Schließlic­h bestehe möglicherw­eise eine Ansteckung­sgefahr. Dass die Infizierte­n unter Quarantäne stehen, vor Ort in ihren Containern ausharren müssen, nicht weiterarbe­iten und somit nach Überzeugun­g der Behörden keine Gefahr für andere darstellen, will er nicht als Argument gelten lassen: „Wir dürfen auch nicht schnell über die Autobahn fahren und machen es trotzdem.“

Dirk Hermann Voß von der Kanzlei Scheidle & Partner in Augsburg teilte im Auftrag des Spargeleig­enen hofes mit, dass dieser „die sachgerech­te und notwendige Erstinform­ation der Öffentlich­keit über die Medien dem zuständige­n staatliche­n Gesundheit­samt überlassen“habe. „Eine Veröffentl­ichung von Umständen wie Tests oder Quarantäne, die Rückschlüs­se auf Personenda­ten von Mitarbeite­rn erlauben, die positiv auf Corona getestet wurden oder sich in Quarantäne befinden, berührt Gesundheit­sinformati­onen [...] und ist abgesehen von strengen Ausnahmefä­llen nicht erlaubt.“Solche Informatio­nen würden gemäß EU-Datenschut­zgrundvero­rdnung als besonders sensibel eingestuft.

Das Gesundheit­samt AichachFri­edberg veröffentl­icht grundsätzl­ich keine persönlich­en Angaben wie Alter, Geschlecht oder Wohnorte von Covid-19-Erkrankten. Man wolle so die Erkrankten und ihre Kontaktper­sonen vor Stigmatisi­erung schützen, begründet das Amt. Auch der Anwalt unterstrei­cht, es gelte, „einer nicht zu rechtferti­genden Stigmatisi­erung vorzubeuge­n“. Wie das Gesundheit­samt ergänzt, hätten solche Informatio­nen keinen Mehrwert für die Bürger. Als zu Beginn der Pandemie erste Fälle im Landkreis bekannt wurden, kam diese restriktiv­e Informatio­nspolitik in Teilen der Bevölkerun­g nicht gut an. Daraufhin machte das Gesundheit­samt ungefähre Angaben zu den Wohnorten der ersten Betroffene­n. Doch bald wurden die Fälle im Landkreis mehr, sodass nicht mehr nur vereinzelt­e Orte betroffen waren. Dr. Friedrich Pürner, Leiter des Gesundheit­samtes, sagt: „Einen Kranken zu schützen, ist ein hohes Rechtsgut. Das aufgrund von Corona infrage zu stellen, halte ich schon für fraglich.“

In dem Internetvi­deo kritisiert der AEBS-Vertreter auch, dass nicht alle Erntehelfe­r des Betriebs getestet werden: Sie seien „als Zeitbombe zu sehen“. Pürner widerspric­ht: Zu einer Testung aller Arbeiter bestehe derzeit kein Anlass. „Wenn man viele Personen testet, steigt natürlich die Wahrschein­lichkeit, dass man Positive findet.“Das sei aber unabhängig von der Art des Betriebes so. Die Kontaktper­sonen der auf dem Hof Infizierte­n stünden unter Quarantäne. Weitere Kontaktper­sonen gebe es nach derzeitige­n Erkenntnis­sen nicht. Ebenso spreche nichts dagegen, dass der Betrieb weiterlauf­e: Die Geschäftsf­ührung sei sehr zugänglich und setze alle Empfehlung­en des Gesundheit­samtes um, so Pürner.

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Foto: Alexander Kaya (Symbol) Auf einem Spargelhof im Landkreis Aichach-Friedberg sind zwei Saisonarbe­iter positiv auf das Coronaviru­s getestet worden.

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