Das Vertrauen im Stadtrat ist zerstört
Kommunalpolitik CSU und Grüne werfen dem Friedberger Bürgermeister Überheblichkeit und mangelnde Information der Räte vor. Deshalb beschneiden sie sein Budget. Roland Eichmann prangert im Gegenzug „Privatfehden“gegen ihn an
Friedberg Vertrauensbruch, Misstrauen, fehlende Transparenz, Privatfehden: Das waren einige Schlagworte, die in der Stadtratssitzung zwischen Bürgermeister Roland Eichmann (SPD) auf der einen sowie CSU, Grünen und Freien Wählern auf der anderen Seite ausgetauscht wurden. Die drei Fraktionen setzten mit 20 zu 10 Stimmen durch, die Bewirtschaftungskosten des Bürgermeisters von 90000 auf 80 000 Euro zu senken. Damit wollten sie Eichmann offensichtlich einen Denkzettel für die vergangenen sechs Jahre verpassen, die aus ihrer Sicht schlecht gelaufen sind.
Die Beratung der Geschäftsordnung ist in der Regel ein Routinepunkt zu Beginn der Sitzungsperiode eines Gemeinderates – nicht so in Friedberg. Bereits im Vorfeld war klar, dass von Grünen und CSU zahlreiche Änderungsanträge kommen würden. Letztlich konnte in der Sitzung am Donnerstag nicht einmal die gesamte Geschäftsordnung verabschiedet werden, zumal sich am Punkt „Aufgabenverteilung zwischen Stadtrat, Finanz-Personalund Organisationsausschuss und Erstem Bürgermeister“ein grundsätzlicher Streit entzündete. CSU/FDP-Fraktionsvorsitzender Thomas Kleist, allgemein für sehr vorsichtige Formulierungen bekannt, wählte dieses Mal deutliche Worte. Eichmann habe vor sechs Jahren einen großen Vertrauensvorschuss und damit ein höheres Budget als sein Vorgänger erhalten, diesen Vorschuss jedoch bei vielen Stadträten verspielt. „Wir mussten uns in Sitzungen als Schüler betrachten und wurden belehrt“, kritisierte Kleist. Mittlerweile sei die Situation von Misstrauen beherrscht.
Ursprünglich hatte die CSU das Budget des Bürgermeisters, über das er ohne Abstimmung im Stadtrat Ausschuss verfügen darf, auf 60000 Euro verringern wollen, die Grünen sogar auf 50000. Die Verwaltung hatte dagegen 120 000 Euro vorgeschlagen, unterstützt von der SPD.
Das ist die Summe, die der Bayerische Gemeindetag als Minimum für eine 30000-Einwohner-Stadt empfiehlt. „Nehmen Sie doch hier mal die Emotionen raus und sehen Sie, dass die Verwaltung dahinter steht, die damit arbeiten muss“, forderte SPD-Rätin Simone Hörmann von und zu Guttenberg.
Nach Diskussionen im Ältestenrat und mit den Referenten war die CSU als Kompromiss ohnehin von ihrem Ursprungsgedanken wieder ein wenig abgerückt. „Wir wollen die Verwaltung nicht unnötig mit Problemen behaften“, so Kleist. Zum Hintergrund: Anhand des Bürgermeister-Budgets errechnen sich die Summen, über welche die Mitarbeiter der verwaltungsinteroder nen Hierarchiestufen eigenständig bestimmen dürfen. Kommunalreferent Wolfgang Basch bat daher in der Sitzung, es bei 90000 Euro zu belassen. Finanzreferent Wolfgang Schuß sagte: „Ich glaube nicht, dass Sie den Bürgermeister über Grenzen regulieren können.“
In einem Treffen von CSU/FDP, Grünen und FW waren die neuen Beträge – außer den Bewirtschaftungskosten des Bürgermeisters ging es noch um andere Summen – festgeklopft worden. Diese Vorgehensweise stieß bei SPD und Parteifreien Bürgern/ÖDP nicht auf Begeisterung. Ulrike Sasse-Feile forderte namens der SPD eine Projektgruppe, um über die neue Geschäftsordnung und die lange Liste der Änderungsvorschläge zu beraten. Siegbert Mersdorf (Parteifreie) merkte dazu ironisch an: „Die Projektgruppe fand statt, sie bestand aus CSU, Grünen und FW. Wir können hier nichts mehr ändern.“
Claudia Eser-Schuberth (Grüne) betonte dagegen, dass man letztlich von der ursprünglichen Forderung schon abgewichen sei. Ihrer Partei gehe es nicht um Beschneidung oder Bestrafung, sondern um mehr Transparenz. Stadträte monieren immer wieder, dass diese fehlt. Als Beispiel dafür nennen sie den Umbau der südlichen Bahnhofstraße, bei dem die Rechtsaufsicht bestätigte, das Eichmann seine Kompetenz überschritten hatte. Doch auch über Bauprojekte, Straßenbau, der Einsatz des Bauhofes oder Verträge möchten sie besser informiert sein.
Bürgermeister Roland Eichmann ließ die Vorwürfe von CSU und Grünen nicht auf sich sitzen. „Vertrauen muss auf Gegenseitigkeit beruhen“, sagte er. Auch er sei enttäuscht. „Es ist viel kaputtgegangen.“Er warf Stadträten vor, Privatfehden gegen ihn zu führen. „Und wenn es heißt, der Bürgermeister macht, was er will, so macht auch die Stadtratsmehrheit, was sie will.“
Roland Eichmann, der inzwischen unter anderem mit Manfred Losinger als einem der führenden CSU-Politiker völlig über Kreuz ist, sagte offen: „Mir gefällt der eine oder andere mit seinem Charakter nicht.“Das dürfe aber nicht die Grundlage für Politik sein. „Der Bürger erwartet von uns, dass wir gemeinsam eine Lösung finden. Wir werden zusammenfinden müssen.“
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