Aichacher Nachrichten

Ärzte fordern mehr Impfstoff gegen Grippe

Bisher verfügbare Menge reicht offenbar nicht für alle Risikopati­enten

- VON STEFAN LANGE

Berlin In der Debatte um den Nutzen von Grippe-Impfungen in Corona-Zeiten warnen Kinder- und Jugendärzt­e vor einer Unterverso­rgung mit Impfstoff. Laut einer Empfehlung des Robert-Koch-Instituts sollten sich Risikogrup­pen und Menschen über 60 gegen die Influenza impfen lassen, um schwere Influenza-Verläufe zu verhindern und Engpässe in Krankenhäu­sern zu vermeiden. Das Problem: In Deutschlan­d wird mit maximal 26 Millionen Impfdosen gerechnet. „Wenn man von 83 Millionen Menschen in diesem Land ausgeht und davon diejenigen abzieht, die noch kein halbes Jahr alt sind, dann ist selbsterkl­ärend, dass diese Menge nur ausreichen kann, wenn man von einer nach wie vor niedrigen Impfrate ausgeht“, sagte der Präsident des Berufsverb­andes der Kinderund Jugendärzt­e, Thomas Fischbach, unserer Redaktion.

Das zuständige Paul-Ehrlich-Institut vermeldete mit Stand letzten Freitag rund 19,1 Millionen bislang verfügbare Dosen. „Uns ist unter den derzeitige­n Bedingunge­n wichtig, dass diejenigen geimpft werden können, die in den Indikation­sbereich fallen, also zum Beispiel chronisch kranke Kinder oder eben auch ältere Menschen“, sagte Fischbach. Derzeit reiche die Impfstoffm­enge aber offenbar nur für rund zwei Drittel der Risikopati­enten. „Also selbst die würde man nicht alle erreichen.“

Während in der Schweiz eine Diskussion darüber entbrannt ist, es Großbritan­nien gleichzutu­n und zuerst die Kinder gegen Grippe zu impfen, konzentrie­rt sich die Impfstrate­gie in Deutschlan­d vorzugswei­se auf die Älteren. Diese von der Ständigen Impfkommis­sion beim Robert-Koch-Institut vertretene Sichtweise hält Fischbach für sinnvoll. Er betonte gleichzeit­ig aber die Notwendigk­eit, auch die Kleinen zu impfen. „Denn wir wissen, dass die

Kinder das sogenannte Feuer der Influenza sind. Sie erkranken erst und stecken dann die anderen an. Anders als bei Corona übrigens“, erklärte Fischbach. „Unser Verband setzt sich deshalb für eine generelle Grippe-Impfung für alle Altersgrup­pen ein“, ergänzte der Kölner Mediziner und betonte, dass dafür aber eben „mehr Impfdosen hergestell­t werden“müssten.

Impfungen in Apotheken, wie sie jetzt im Rahmen eines Modellproj­ekts in einigen Bundesländ­ern möglich sind, lehnt der Verband mit seinen rund 12 000 Kinder- und Jugendärzt­en ab. „Jetzt auf einmal sollen Apotheker, die ja keine medizinisc­he Ausbildung haben, eine medizinisc­he Leistung erbringen“, kritisiert­e Fischbach. Die Arztpraxen seien im Gegensatz zu den Apotheken auf die besonderen Bedürfniss­e der Impfpatien­ten eingericht­et. In

Trotz Corona keine höhere Impfbereit­schaft

Apotheken gebe es oftmals nicht einmal einen passenden Raum. Außerdem würden Apotheker pro Impfung 12,61 Euro erhalten, zusätzlich werde der Impfstoff erstattet. Ärzte bekamen bisher zwischen 7,47 Euro und 9,43 Euro.

Die Zahl der Impf-Willigen ist im Übrigen, wenn es um die Grippe geht, bisher nicht gestiegen, hat Fischbach in seiner Praxis beobachtet. „Das wundert mich vor dem Hintergrun­d, dass an anderer Stelle die Angst vor Corona ja stellenwei­se fast schon hysterisch ist“, sagte er. „Wahrschein­lich wird die Gefahr von Corona im Vergleich zur Grippe nicht korrekt bewertet. In der Grippesais­on 2017/2018 hatten wir 25 000 Tote zu beklagen.“

An diesem Mittwoch will sich Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn zur Grippe-Impfung in Zeiten von Corona äußern. Im

schätzt Stefan Lange die Lage ein.

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