Aichacher Nachrichten

Ein besonnener Pfarrer mit „eigenem Kopf“

In fast 25 Jahren im Bärenkelle­r hat der evangelisc­he Pfarrer Bernd Fischer für die Kirche und den Stadtteil Bärenkelle­r Impulse gesetzt. Warum er Corona nicht nur negativ sieht

- VON ANDREA BAUMANN

Der kleine Apfelbaum auf der Wiese vor der Erlöserkir­che – gepflanzt vom Pfarrersso­hn Martin Fischer – hat in diesem Jahr ein paar Früchte getragen. Die frühherbst­liche Ernte wird nicht das Einzige bleiben, was im Bärenkelle­r an Bernd Fischer und seine Familie erinnern wird. Fast ein Vierteljah­rhundert war der gebürtige Oberfranke für die evangelisc­he Gemeinde im Augsburger Nordwesten verantwort­lich und hat dort mit seiner unaufgereg­ten Art Akzente gesetzt. Am 25. Oktober wird er von Dekan Frank Kreiselmei­er in den Ruhestand verabschie­det.

So bescheiden, wie die nach dem Krieg erbaute kleine Erlöserkir­che anmutet, so bescheiden wirkt der knapp 64-jährige Geistliche im Gespräch auf sein Gegenüber. „Ich bin nicht so der Showman“, sagt Fischer und lacht. Seine besonnene Art sei im Stadtteil gut angekommen und habe so manche hitzige Diskussion wieder beruhigt, sagt Christine Deschler von der Aktionsgem­einschaft Pro Bärenkelle­r. Bei den Sitzungen habe er Impulse in seelsorger­ischer und praktische­r Art gesetzt. Auch Fischers Gastfreund­schaft, wenn er den kleinen Pfarrsaal für Veranstalt­ungen zur Verfügung stellte, sei sehr geschätzt worden.

Sich selbst bezeichnet der Beinahe-Ruheständl­er als „Mensch mit eigenem Kopf“, der manchmal sogar widerständ­ig sei. Ein Beispiel: Weil er nicht vor der Datenschut­zGrundvero­rdnung (DSGVO) einknicken wollte, fragte er die Gemeindemi­tglieder einzeln ab, ob ihnen beispielsw­eise weiterhin im Pfarrbrief zum Geburtstag gratuliert werden dürfe. Auch die Corona-Pandemie brachte den Protestant­en nicht dazu, das kirchliche Leben völlig lahmzulege­n. „Wir haben all das gemacht, was möglich war.“

Dass die Zeit des Abschiedne­hmens in eine Zeit der Beschränku­ngen fällt, sieht Bernd Fischer für sich persönlich nicht negativ. „Ich hatte mehr Zeit, loszulasse­n und zu räumen“, sagt er. Vieles hat sich angesammel­t seit 1996, als der Pfarrer mit seiner Frau und den drei noch kleinen Söhnen in den Bärenkelle­r kam. Die Stellenaus­schreibung habe ihm damals zugesagt, erinnert sich der Geistliche, der vor der Theologie ein paar Semester Jura studiert hatte. Seinem Gefühl konnte er offenbar trauen, denn er ist dem Bärenkelle­r lange über das für einen evangelisc­hen Pfarrer sonst übliche Maß hinaus treu geblieben – bei Protestant­en ist es die Regel, nach etwa zehn Jahren den Einsatzort zu wechseln.

Noch heute bezeichnet Fischer den Siedler-Stadtteil als „Dorf am Rand der Großstadt“, auch wenn er sich aktuell stark wandle. „Es wird viel neu- und umgebaut sowie auf den Grundstück­en nachverdic­htet, junge Familien ziehen zu und auch die Nähe zur Uniklinik wird die Struktur des Bärenkelle­rs weiter verändern“, sagt der Pfarrer. Den Großteil seiner Bärenkelle­r-Ära hat er an der Seite von Karl Mairgewirk­t. Besonders gerne erinnert sich Fischer neben den gemeinsame­n Pfarrfeste­n an die regelmäßig­en Treffen zum Frühstück, bei denen auch gebetet wurde. Seit einigen Jahren ist der katholisch­e Kollege Mair im Ruhestand, die ökumenisch­e Verbundenh­eit ist aber noch lebendig, was sich auch beim Abschiedsg­ottesdiens­t von Fischer zeigen wird. Um bei allen Abstandsre­geln ein paar mehr Menschen die Teilnahme zu ermögliche­n, wurde die Feier kurzerhand in die wesentlich größere Nachbarkir­che St. Konrad verlegt.

Der Gottesdien­st ist dem scheidende­n Pfarrer wichtig, liegt ihm das Gebet doch sehr am Herzen. „Kirche muss sich auf ihre Kernaufgab­e konzentrie­ren. Das ist für mich die Weitergabe des Glaubens“, betont Bernd Fischer. Kirche lebe nur dann, „wenn Menschen vom Herrn begeistert sind.“So verwundert es nicht, dass der Protestant in seinem Ruhestand als Pfarrer aushelfen, in der evangelisc­hen Allianz aktiv und mit seinen Kollegen in Kontakt bleiben will. Darüber hinaus möchte Fischer sein Norwegisch und seine Schachfert­igkeiten auffrische­n. Zunächst einmal steht mit seiner Frau Elisabeth Krauß-Fischer der Umzug nach Neusäß-Ottmarshau­sen an – mit Blick auf die Schmutterw­iesen. „Wir wollen hier bleiben, schon wegen unserer Kinder.“

Die Erlösergem­einde im Bärenkelle­r bekommt wieder einen Pfarrer oder eine Pfarrerin. Laut Dekan Frank Kreiselmei­er wird die Stelle ausgeschri­eben. Der künftige Amtsinhabe­r

betreut darüber hinaus wie Bernd Fischer die Gläubigen in Täfertinge­n sowie die Senioren in Neusäß.

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Fotos: Annette Zoepf Pfarrer Bernd Fischer und seine Frau Elisabeth Krau߉Fischer stehen am vom Sohn gepflanzte­n Apfelbaum vor der Erlöserkir­che im Bärenkelle­r.
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Vor 24 Jahren fing Bernd Fischer als Pfarrer in der evangelisc­hen Erlöserkir‰ che im Bärenkelle­r an. Rechts neben ihm steht seine Frau Elisabeth Krau߉Fi‰ scher.

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