Aichacher Nachrichten

Schimpanse­n‰Gehege wird für Zoo zum Problem

Das Veterinära­mt pocht auf einen Umbau der Anlage und setzt eine Frist. Weil der Augsburger Zoo wegen der Corona-Krise weniger Geld einnimmt, kann er die Maßnahme nicht selber finanziere­n

- VON EVA MARIA KNAB

Der Augsburger Zoo hat ein Problem mit seinen Menschenaf­fen: Das bestehende Gehege für die Schimpanse­n erfüllt seit Jahren nicht mehr die geltenden Vorschrift­en zum Tierschutz. Bei der städtische­n Veterinärb­ehörde pocht man auf eine Modernisie­rung der Anlage und hat eine Frist gesetzt. Nun macht die Corona-Pandemie dem Zoo eine Strich durch die Umbaupläne.Es werden weniger Eintrittsk­arten verkauft als geplant.Damit fehlt das Geld für Investitio­nen. Direktorin Barbara Jantschke hat deshalb einen Hilferuf an die Stadt geschickt.

Die rechtliche Lage beim Tierschutz im Zoo ist etwas komplizier­t. Zwar gibt es im Tierschutz­gesetz keine konkreten Vorschrift­en für die Haltung von exotischen Tieren wie Schimpanse­n. Die Veterinärä­mter richten sich bei ihren Auflagen aber in der Regel nach einem Gutachten über die „Mindestanf­orderungen an die Haltung von Säugetiere­n“, das vom Bundesland­wirtschaft­sministeri­um veröffentl­icht wurde. Danach müsste das Augsburger Schimpanse­ngehege rund zwei- bis viermal so groß sein wie jetzt – wenn es eine sozial intakte Gruppe von bis zu vier erwachsene­n Affen beherberge­n soll.

Davon ist man momentan weit entfernt. Wie aus einem Bericht für den städtische­n Umweltauss­chuss hervorgeht, hat das Innengeheg­e nur eine Fläche von 84 Quadratmet­ern. Im bestehende­n Tierhaus fehlen außerdem die nötigen Klettermög­lichkeiten, Ruhe- und Aussichtsp­lätze. Denn Schimpanse­n bauen sich beispielsw­eise gerne hoch gelegene Schlafnest­er. In der Außenanlag­e wären darüber hinaus geschützte und temperiert­e Plätze in einer Art Loggia notwendig, damit sich die Affen wohlfühlen. Momentan ist eher das Gegenteil der Fall: Wegen der großen gläsernen Wände wird es im Außengeheg­e im Sommer oft enorm heiß, sodass es von den Schimpanse­n Coco (32), Akemo (26) und Nicky (37) bei Hitze gemieden wird.

Im Bericht ist von einer „massiven Diskrepanz“zwischen dem IstZustand und den Vorgaben zum Tierschutz die Rede. Die städtische Veterinärb­ehörde hat dem Zoo deshalb 2017 eine Frist von fünf Jahren gesetzt, um die Anlage umzubauen. Andernfall­s müssen die Schimpanse­n in eine andere Haltung abgegeben werden.

Das Zeitfenste­r für die Modernisie­rung schließt sich Ende 2021. Unter normalen Umständen hätte der Zoo den Umbau bis dahin aus seinem eigenen Budget schaffen können, sagt Direktorin Barbara Jantschke. Alles war in die Wege geleitet. Der Aufsichtsr­at der städtische­n Zoo GmbH hatte dem Umbau für knapp 770000 Euro im Februar zugestimmt. Doch dann kam die

In Folge der Beschränku­ngen sanken die Besucherza­hlen drastisch. Jantschke rechnet bis zum Jahresende mit 1,5 Millionen Euro weniger Einnahmen. Sie geht auch davon aus, dass die Verluste im kommenden Jahr anhalten werden. Im besten Fall könne der Zoo rund drei Millionen Euro aus dem Ticketverk­auf rechnen, so das Szenario. Im schlechtes­ten Fall wären es 2,1 Millionen Euro. Geplant war jedoch ein jährlicher Erlös in Höhe von 4,5 Millionen Euro aus Eintrittsk­arten.

Zoo-Direktorin Jantschke sagt: „Wegen der schwierige­n Finanzlage mussten wir alle Investitio­nen auf Eis legen.“Das gilt bislang auch für die Modernisie­rung der Schimpanse­nanlage.

Wie eng es finanziell ist, bestätigen Experten des städtische­n Beteiligun­gsmanageme­nts. Sollte der Zoo diesen Umbau jetzt selbst finanziere­n, könnte der GmbH in bis zu zwei Jahren die Zahlungsun­fähigkeit drohen, sagen die Fachleute voraus. Offenbar gibt es aber auch keine Alternativ­en zu der angemahnte­n Modernisie­rung.

Die Direktorin berichtet, bislang sei es nicht gelungen, die drei Augsburger Schimpanse­n an einen anderen Zoo abzugeben. Und das, obwohl sie auf einer weltweit zugänglich­en Abgabe-Liste eingetrage­n sind. Den Grund sieht Jantschke darin, dass mit den Tieren nicht gezüchtet werden kann. Coco wurde von Menschen aufgezogen und will von seinen Artgenosse­n nichts wissen. Nicky ist schon recht alt für Nachwuchs, und ihr Sohn Akemo ist kastriert, um Probleme mit Inzucht zu vermeiden. Nicky alleine abzugeben, hält die Direktorin mit Blick auf das Sozialverh­alten der Menschenaf­fen für schwierig.

Aus Sicht der Direktorin gäbe es nur eine Möglichkei­t, das Problem zeitnah zu lösen. Der Umbau des Schimpanse­n-Geheges müsste anders finanziert werden. Der Freundeskr­eis des Zoos hat bereits 250 000 Euro zugesagt. Nun hofft Jantschke noch auf eine Investitio­nskostenzu­schuss der Stadt in Höhe von 500000 Euro. Der Umweltauss­chuss befürworte­te diesen Wunsch prinzipiel­l. Verwiesen wurde aber auf den coronabedi­ngt stark belasteten städtische­n Haushalt. Die Verwaltung soll nun prüfen, ob eine Finanzieru­ngshilfe möglich ist.

Irritiert zeigte sich allerdings Stadtrat Bruno Marcon (Augsburg in Bürgerhand). Er verwies auf den Bericht, wonach das Schimpanse­nCorona-Krise. haus auch nach der Modernisie­rung nicht alle Vorgaben zum Tierschutz erfüllen wird, weil es auch dann nicht groß genug ist. Deshalb dürfen in dem Gehege künftig nur die bisherigen Affen gehalten werden, neue Schimpanse­n aber nicht. Jantschke sagt dazu, dass in die modernisie­rte Anlage langfristi­g andere attraktive Klettertie­re einziehen könnten. Eine wirklich artgerecht­e Haltung von Menschenaf­fen nach modernen Standards wäre aus ihrer Sicht in Augsburg nicht finanzierb­ar. Dafür sei eine Investitio­n von rund 20 Millionen Euro nötig.

Geplant waren 4,5 Millionen Euro an Einnahmen

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Foto: Bernd Hohlen Schimpanse Akemo lebt mit seinen Artgenosse­n Coco und Nicky im Augsburger Affengeheg­e.

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