Augsburgerin erforscht in Schottland die Meereswelt
Wissenschaft Nadja Hohenadl studiert an der schottischen Westküste. Für ihr Engagement wurde sie ausgezeichnet
Nadja Hohenadl verlässt ihre Wohnung nur selten ohne Regenjacke. Die dabeizuhaben sei hier immer eine gute Idee, erklärt die 23-Jährige lachend. „Hier“ist in ihrem Fall Oban, an der Westküste Schottlands, ein „kleines behütetes Städtchen inmitten von Nirgendwo“. Beinahe vor Nadjas Wohnung breitet sich der Atlantik aus – mal tintenblau, mal schwarz.
Vor Oban befindet sich die Isle of Kerrera, eine Insel der Inneren Hebriden. Und hinter Oban liegen die Highlands, das Hochland schützt den Ort vor starkem Schneefall. Eingebettet zwischen Bergen und Ozean, am Rande Europas, studiert die 23-Jährige – Meereswissenschaften, genauer Maritime Robotik. Zwei Tage, so erzählt sie es während des Telefonats, seien sie und ihr Vater zum Studienbeginn im
September 2018 mit dem vollgepackten Auto von Augsburg über den Fährhafen in Amsterdam nach Oban gefahren.
Alles für ihr Traumstudium: Bereits als Kind, so erzählt sie, hätte sie die „Unterwasserwelt eingefangen“.
Seit sie 14 Jahre alt ist, taucht sie. In Schottland ist sie seit diesem Jahr Vorsitzende des Tauchklubs, sooft es geht, versinkt sie in den Fluten des Atlantiks. „In der Tiefe kann man sich auch nicht mit Corona anstecken.“Das Virus macht auch vor Schottland nicht halt – zwar ist die Lage in Oban laut der 23-Jährigen relativ entspannt, aber landesweit gelten seit Kurzem wieder strengere Beschränkungen, und ihre Uniseminare finden seit März nur online statt.
Meereswissenschaften mit dieser Spezialisierung bieten nicht viele Universitäten oder Hochschulen an – nach Oban hat die Augsburgerin mehr oder weniger der Zufall geführt. Über das Internetportal von Inverness, einer Partnerstadt Augsburgs, ist sie auf Oban und den Hochschulverbund Sams Uhi gestoßen – das steht für „Scottish Association for Marine Science“, Oban ist eine „University of the Highlands and Islands“. Mehr als 30000 Studenten gehören zu diesem Verbund, etwa 150 von ihnen studieren in Oban. Die 23-Jährige ist in der Beratung für Studienanfänger engagiert und wirbt auf Messen und Veranstaltungen für die Meereswissenschaften. Aufgrund ihres Engagements sowie ihren hervorragenden Prüfungsleistungen hat sie nun die Auszeichnung „Student of the Year“erhalten. Nun ist Nadja Hohenadl im Rennen um die Auszeichnung für den gesamten Hochschulverband.
Klar mache sie das stolz, sagt die Studentin. Im Kopf hat sie aber anderes, etwa das Tauchen. Vor der Küste Schottlands trifft sie auf Tintenfische, Katzenhaie und glühwürmchenartige Kleinstlebewesen. Die lösten das Meeresleuchten aus, erzählt sie: Ein Flossenschlag kann die Tiefe um einen herum in Grünund
Blautönen aufleuchten lassen. Dabei ist Nadja Hohenadl nie alleine unterwegs, denn ohne einen „Tauchbuddy“solle man sich nie in die Tiefe wagen. Gegenseitig kontrolliere man vor jedem Tauchgang den Luftdruck und Inhalt der Sauerstoffflaschen, das Atemgerät und ob der Anzug richtig sitzt.
Die Studentin erlebt in der See auch die zunehmende Umweltzerstörung. „In die Region kommen sehr viele Touristen, viele von ihnen fahren mit der Fähre zu den Inseln. Den Lärm der Schiffe spürst du unter Wasser im ganzen Körper.“Regelmäßig befreien sie und ihre Kommilitonen die Küste von dem Plastikmüll, der überall angeschwemmt werde. Nach ihrem Studium wird Nadja Hohenadl vielleicht an Meeresrobotern forschen und sie mit entwickeln. Diese sollen helfen, die Weltmeere besser zu verstehen – und zu schützen.