Schülerinnen überschreiten Grenzen
Cybermobbing An Maria-Ward-Realschule in Schrobenhausen werden Lehrer in sozialen Medien lächerlich gemacht. Eine Lehrerin hat deshalb Anzeige erstattet. Welche Konsequenzen das hat
Schrobenhausen Es geht um Instagram, Snapchat, TikTok oder Sticker-Apps; um Fotos von Schülern wie Lehrern, die bearbeitet, kommentiert und online hochgeladen werden, nicht selten verhöhnend oder mit beleidigendem Inhalt. Die Schrobenhausener Maria-WardRealschule zieht nun die Reißleine. Dort werden auch Mädchen aus dem nördlichen Teil des Wittelsbacher Landes, vor allem aus den Gemeinden Pöttmes, Kühbach und Schiltberg, unterrichtet. „Wir als Schule lassen uns das nicht gefallen“, erklärt Direktorin Petra Schiele die klare Kante, die ihre Einrichtung gegen Cybermobbing fährt. Und sie bestätigt gegenüber unserer Redaktion in der Region kursierende Gerüchte, wonach in einem Fall sogar die Polizei eingeschaltet wurde.
Konkret geht es um ein Foto einer Lehrerin, das mit einem Kommentar „deutlich unter der Gürtellinie“versehen von einer Schülerin in die sozialen Medien eingestellt wurde. Um welches Foto es sich handelt und welchen Kommentar das Mädchen dazu abgegeben hat, möchte Petra Schiele aus Rücksicht auf die Lehrerin nicht sagen. Es war jedoch unflätig genug, dass die Lehrerin daraufhin Anzeige bei der Polizei erstattet hat. „Die Schülerin soll wissen: Ein Foto von jemandem zu verunstalten und in den Netzwerken hochzuladen, ist eine Straftat – und die hat Konsequenzen“, so Schiele. Und die gehen sogar so weit, dass das Mädchen eine Androhung auf Entlassung bekommen könnte. Will heißen: Beim nächsten Vorfall fliegt sie von der Schule.
Die Urheberin des Fotos ist nicht bekannt. Der Lehrerin wurde lediglich ein Post zugespielt, der bereits von anderen Nutzern geteilt worden war. Deshalb ist jetzt die Polizei aktiv geworden und war nach Aussage der Schulrektorin bereits bei einigen Schülerinnen zuhause. Der Vorfall hat sich bereits Mitte Juli ereignet. Weil sie die Übeltäterin in einem hochpubertären Alter in der 7. oder 8. Klasse vermuten, waren Petra Schiele und ihr Stellvertreter daraufhin in allen fraglichen Klassen und haben die Schülerinnen zur Rede gestellt. Die Schulleiter wollten dem Mädchen die Chance geben, sich zu melden sich zu entschuldigen. Außerdem hat Petra Schiele alle Eltern angeschrieben. Bis heute kam allerdings keine Reaktion.
Die betroffene Lehrerin ist nicht die einzige, die Opfer dieses seltsamen Vergnügens geworden ist. Mehrere Kollegen, auch Petra Schiele selbst, haben sich in den sozialen Medien mehr oder weniger verunstaltet wiedergefunden – entweder mit Fotos oder Videos vom Unterricht. Als das Thema seitens der Lehrer offensiv angesprochen wurde, hätten sich manche Schülerinnen gemeldet und sich entschuldigt, andere hätten Verweise bekommen. Nur die Schülerin, die mit ihrem Beitrag eindeutig übers Ziel hinausgeschossen ist, konnte noch nicht ermittelt werden.
Dass einigen Schülerinnen das Bewusstsein für einen verantwortungsvollen Umgang mit dem Internet fehlt, ärgert die Direktorin enorm: „Ich bin mittlerweile so sauer“, echauffiert sie sich. Gerade in den Online-Unterrichts-Phasen „sind wir an unsere Kraftgrenze gegangen, um täglich für unsere Mädels da zu sein.“Auch deshalb müsse sie nicht nur ihre Schülerinnen, sondern auch ihre Lehrer schützen: Unternehme sie nichts, riskiere sie Lehrkräfte, die sich dem OnlineUnterricht verweigern. Denn: „Das macht etwas mit einem Lehrer, wenn er befürchten muss, in einer Videokonferenz gefilmt, entzerrt, lächerlich gemacht zu werden.“
Ertappt sie cybermobbende Schülerinnen, reichen die Reaktionen von „Mir war bloß langweilig“über „Ich fand das einfach witzig“bis „Ich wollte halt auch mal cool sein und anerkannt werden“. Und dann gebe es auch Mädchen, „die schauen mir in die Augen und lügen mich an“, ärgert sich Schiele. Auch sei ihr bereits zu Ohren gekommen, dass so manche offenbar der Meinung ist: „Mir kann gar nichts pasund sieren. Ich bin rein rechtlich noch gar nicht verantwortlich für meine Taten.“
Dennoch möchte die Direktorin nicht sämtliche Mädchen über einen Kamm scheren. Die Rede sei von „vielleicht zwei, drei Schülerinnen pro Klasse – deswegen dürfen wir unsere anderen Mädels nicht bestrafen. Die haben das Recht, online beschult zu werden.“Generell ist die Maria-Ward-Realschule auch selbst online ziemlich aktiv. „Ich bin kein Verteufler moderner Medien“, versichert Schiele. Es müsse nur einfach verantwortungsvoll damit umgegangen werden. Dass die Lehrerin die Polizei eingeschaltet habe, sei „mit meiner Zustimmung“geschehen“, betont Petra Schiele. Mitunter stehe man Cybermobbing ohnmächtig gegenüber. „Wenn ich dem jedoch nie Einhalt gebiete, nie meine eigene Würde als Erwachsener verteidige, wird weiterhin darauf herumgetrampelt.“