Aichacher Nachrichten

Schülerinn­en überschrei­ten Grenzen

Cybermobbi­ng An Maria-Ward-Realschule in Schrobenha­usen werden Lehrer in sozialen Medien lächerlich gemacht. Eine Lehrerin hat deshalb Anzeige erstattet. Welche Konsequenz­en das hat

- VON UTE DE PASCALE UND CLAUDIA STEGMANN

Schrobenha­usen Es geht um Instagram, Snapchat, TikTok oder Sticker-Apps; um Fotos von Schülern wie Lehrern, die bearbeitet, kommentier­t und online hochgelade­n werden, nicht selten verhöhnend oder mit beleidigen­dem Inhalt. Die Schrobenha­usener Maria-WardRealsc­hule zieht nun die Reißleine. Dort werden auch Mädchen aus dem nördlichen Teil des Wittelsbac­her Landes, vor allem aus den Gemeinden Pöttmes, Kühbach und Schiltberg, unterricht­et. „Wir als Schule lassen uns das nicht gefallen“, erklärt Direktorin Petra Schiele die klare Kante, die ihre Einrichtun­g gegen Cybermobbi­ng fährt. Und sie bestätigt gegenüber unserer Redaktion in der Region kursierend­e Gerüchte, wonach in einem Fall sogar die Polizei eingeschal­tet wurde.

Konkret geht es um ein Foto einer Lehrerin, das mit einem Kommentar „deutlich unter der Gürtellini­e“versehen von einer Schülerin in die sozialen Medien eingestell­t wurde. Um welches Foto es sich handelt und welchen Kommentar das Mädchen dazu abgegeben hat, möchte Petra Schiele aus Rücksicht auf die Lehrerin nicht sagen. Es war jedoch unflätig genug, dass die Lehrerin daraufhin Anzeige bei der Polizei erstattet hat. „Die Schülerin soll wissen: Ein Foto von jemandem zu verunstalt­en und in den Netzwerken hochzulade­n, ist eine Straftat – und die hat Konsequenz­en“, so Schiele. Und die gehen sogar so weit, dass das Mädchen eine Androhung auf Entlassung bekommen könnte. Will heißen: Beim nächsten Vorfall fliegt sie von der Schule.

Die Urheberin des Fotos ist nicht bekannt. Der Lehrerin wurde lediglich ein Post zugespielt, der bereits von anderen Nutzern geteilt worden war. Deshalb ist jetzt die Polizei aktiv geworden und war nach Aussage der Schulrekto­rin bereits bei einigen Schülerinn­en zuhause. Der Vorfall hat sich bereits Mitte Juli ereignet. Weil sie die Übeltäteri­n in einem hochpubert­ären Alter in der 7. oder 8. Klasse vermuten, waren Petra Schiele und ihr Stellvertr­eter daraufhin in allen fraglichen Klassen und haben die Schülerinn­en zur Rede gestellt. Die Schulleite­r wollten dem Mädchen die Chance geben, sich zu melden sich zu entschuldi­gen. Außerdem hat Petra Schiele alle Eltern angeschrie­ben. Bis heute kam allerdings keine Reaktion.

Die betroffene Lehrerin ist nicht die einzige, die Opfer dieses seltsamen Vergnügens geworden ist. Mehrere Kollegen, auch Petra Schiele selbst, haben sich in den sozialen Medien mehr oder weniger verunstalt­et wiedergefu­nden – entweder mit Fotos oder Videos vom Unterricht. Als das Thema seitens der Lehrer offensiv angesproch­en wurde, hätten sich manche Schülerinn­en gemeldet und sich entschuldi­gt, andere hätten Verweise bekommen. Nur die Schülerin, die mit ihrem Beitrag eindeutig übers Ziel hinausgesc­hossen ist, konnte noch nicht ermittelt werden.

Dass einigen Schülerinn­en das Bewusstsei­n für einen verantwort­ungsvollen Umgang mit dem Internet fehlt, ärgert die Direktorin enorm: „Ich bin mittlerwei­le so sauer“, echauffier­t sie sich. Gerade in den Online-Unterricht­s-Phasen „sind wir an unsere Kraftgrenz­e gegangen, um täglich für unsere Mädels da zu sein.“Auch deshalb müsse sie nicht nur ihre Schülerinn­en, sondern auch ihre Lehrer schützen: Unternehme sie nichts, riskiere sie Lehrkräfte, die sich dem OnlineUnte­rricht verweigern. Denn: „Das macht etwas mit einem Lehrer, wenn er befürchten muss, in einer Videokonfe­renz gefilmt, entzerrt, lächerlich gemacht zu werden.“

Ertappt sie cybermobbe­nde Schülerinn­en, reichen die Reaktionen von „Mir war bloß langweilig“über „Ich fand das einfach witzig“bis „Ich wollte halt auch mal cool sein und anerkannt werden“. Und dann gebe es auch Mädchen, „die schauen mir in die Augen und lügen mich an“, ärgert sich Schiele. Auch sei ihr bereits zu Ohren gekommen, dass so manche offenbar der Meinung ist: „Mir kann gar nichts pasund sieren. Ich bin rein rechtlich noch gar nicht verantwort­lich für meine Taten.“

Dennoch möchte die Direktorin nicht sämtliche Mädchen über einen Kamm scheren. Die Rede sei von „vielleicht zwei, drei Schülerinn­en pro Klasse – deswegen dürfen wir unsere anderen Mädels nicht bestrafen. Die haben das Recht, online beschult zu werden.“Generell ist die Maria-Ward-Realschule auch selbst online ziemlich aktiv. „Ich bin kein Verteufler moderner Medien“, versichert Schiele. Es müsse nur einfach verantwort­ungsvoll damit umgegangen werden. Dass die Lehrerin die Polizei eingeschal­tet habe, sei „mit meiner Zustimmung“geschehen“, betont Petra Schiele. Mitunter stehe man Cybermobbi­ng ohnmächtig gegenüber. „Wenn ich dem jedoch nie Einhalt gebiete, nie meine eigene Würde als Erwachsene­r verteidige, wird weiterhin darauf herumgetra­mpelt.“

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Foto: Dominik Berchtold (Symbolfoto) An der Mädchenrea­lschule haben sich Schülerinn­en einen Spaß daraus gemacht, Fotos ihrer Lehrer zu verunstalt­en und ins Internet zu stellen.

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