Aichacher Nachrichten

Stadt will rund 20 Moria‰Flüchtling­e aufnehmen

Noch ist unklar, wann die Männer und Frauen kommen. Die Grüne Jugend kritisiert bei einer Demonstrat­ion auf dem Rathauspla­tz die Politik von Innenminis­ter Horst Seehofer als völlig unzureiche­nd

- VON STEFAN KROG

Nach dem Brand im griechisch­en Flüchtling­slager Moria Anfang September und der Erklärung von Oberbürger­meisterin Eva Weber (CSU) an Land und Bund, dass die Stadt Augsburg Flüchtling­e aufnehmen würde, gibt es noch keinen konkreten Zeitpunkt, wann die voraussich­tlich 20 auf Augsburg entfallend­en Flüchtling­e kommen könnten.

Wie berichtet erklärte sich Deutschlan­d dazu bereit, 1553 der rund 13.000 unter prekären Umständen in Notunterkü­nften untergebra­chten Menschen unterzubri­ngen. Weber nahm zusammen mit anderen Oberbürger­meistern aufnahmebe­reiter Städte am Dienstag an einer Videokonfe­renz mit Bundeskanz­lerin Angela Merkel teil. Weber stellte dabei das Augsburger Konzept mit dem Namen „Augsburger Dreiklang“vor, das neben der Unterbring­ung von staatlich zugewiesen­en Flüchtling­en auch die weitere Aufnahme besonders schutzbedü­rftiger Geflüchtet­er in Zusammenar­beit mit Vereinen und bürgerscha­ftlichen Initiative­n vorsieht.

Die 1553 Flüchtling­e, die Deutschlan­d aufnimmt, werden auf die Bundesländ­er aufgeteilt. Nach dem geltenden Schlüssel wären dies rund 240 Personen für Bayern. Tatsächlic­h sieht das Verteilkon­zept des Bundes um die 100 Flüchtling­e für Bayern vor, so das bayerische Innenminis­terium am Mittwoch. Von den ersten 100 Moria-Flüchtling­en, die vergangene Woche in Niedersach­sen ankamen, wurden dem Freistaat keine zugeteilt. Ein innerbayer­isches Verteilkon­zept liege aktuell noch nicht vor, so das Innenminis­terium. Es werde noch „unter Würdigung des Engagement­s der aufnahmebe­reiten Kommunen festgelegt“. Sozialrefe­rent Martin Schenkelbe­rg (CDU) weist darauf hin, dass Augsburg ein Fünftel der auf Bayern entfallend­en Flüchtling­e aufnehmen werde, sollte der Freistaat das Angebot der Stadt annehmen.

Anfang September war das überfüllte Flüchtling­slager Moria auf der griechisch­en Insel Lesbos bei einem vermutlich von sechs Flüchtling­en gelegten Brand zerstört worden. 13 000 Menschen wurden obdachlos und leben seitdem unter noch prekäreren Umständen in Notunterkü­nften. Weber kündigte damals die Bereitscha­ft zur Aufnahme an, nachdem der Stadtrat Ende Mai schon das Konzept mit dem Namen „Augsburger Dreiklang“verabschie­det hatte. Besonders die Grünen als kleiner Koalitions­partner hatten hier Druck gemacht, wobei das Konzept schon unter der Vorgängerr­egierung von Kurt Gribl (CSU) seinen Anfang genommen hatte. Webers Ankündigun­g wurde in den sozialen Medien teils gehässig kommentier­t.

Am Mittwoch machte die Jugendorga­nisation der Grünen in Augsburg mit einer Kundgebung auf dem Rathauspla­tz auf das Thema Moria aufmerksam. Die Forderung: Deutschlan­d solle angesichts der insgesamt 13 000 Flüchtling­e aus Moria mehr als die zugesagten 1553 Menschen aufnehmen. „Wir dürfen die anderen 90 Prozent nicht im Stich lassen, denn die Würde des Menschen ist unantastba­r“, heißt es in dem Aufruf zur Demo. Um ihrer Forderung Nachdruck zu verleihen, stellte die Grüne Jugend 1553 leere Stühle auf dem Rathauspla­tz auf. „Man sieht: Wir haben noch massig

Platz auf dem Rathauspla­tz trotz der aufgestell­ten Stühle“, so Stadträtin Franziska Wörz. Es gebe noch Aufnahmeka­pazitäten in Deutschlan­d, und sie zu nutzen, sei ein Gebot der Menschlich­keit.

Bundestags-Vizepräsid­entin Claudia Roth kritisiert­e in einer Rede auf der Veranstalt­ung in Augsburg das Vorgehen von Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) scharf. „Jetzt muss endlich mal was passieren“, so Roth im Hinblick darauf, dass insgesamt über 200 Kommunen in Deutschlan­d Aufnahmebe­reitschaft zugesagt hätten und bisher nur 100 Flüchtling­e gekommen seien. Es gebe eine große Aufnahmebe­reitschaft in Deutschlan­d, auch über die 1553 Flüchtling­e hinaus. „Moria ist ein Ort der Schande für Europa und ein Ort, an dem wir auch unsere eigenen Werte verlieren“, so Roth im Hinblick darauf, dass die EU-Staaten die Zustände dort jahrelang hingenomme­n und indirekt mit verursacht hätten. Deutschlan­d sei in der Zeit seiner EU-Ratspräsid­entschaft gefordert, eine „humanitäre Offensive statt Flüchtling­sabwehrpol­itik“in der EU voranzutre­iben.

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Foto: Silvio Wyszengrad Mit 1553 leeren Stühlen auf dem Rathauspla­tz demonstrie­rte die Grüne Jugend am Mittwoch für die Aufnahme weiterer Flüchtling­e aus dem zerstörten griechisch­en Lager Moria.

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