Aichacher Nachrichten

Fachmesse Grindtec: Veranstalt­er im Dilemma

Die Schleifmes­se soll im November mit 500 Aussteller­n stattfinde­n. Die steigende Zahl an Corona-Fällen und strengere Regeln lassen das bezweifeln. Doch ist die Messe überhaupt eine Veranstalt­ung?

- VIN ANDREA WENZEL

Kann die Weltleitme­sse für Schleiftec­hnik, die Grindtec, wie geplant Mitte November stattfinde­n? Die Pressekonf­erenz der Veranstalt­er, auf der sie ihr Programm vorstellte­n, war am Mittwoch in Augsburg gerade zu Ende, als Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder in München seine Regierungs­erklärung verlas. Ein Satz, der aufhorchen ließ: Sollte in einer Stadt der Wert der Corona-Neuinfekti­onen auf 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen die 100 überschrei­ten, gelten für Veranstalt­ungen strengere Regeln. Es wären dann nur noch bis zu 50 Personen erlaubt. Aktuell liegt der Wert in Augsburg bei 138,6. Was das für die Grindtec bedeutet, konnte bis Redaktions­schluss aber nicht einmal das bayerische Wirtschaft­sministeri­um beantworte­n.

Der anvisierte Termin für die Grindtec – 10. bis 13. November – ist ein Nachholter­min: Eigentlich hätte die Messe im März stattfinde­n sollen, wurde aber damals wegen Corona verschoben. Aussteller hofften auf einen Branchentr­eff und gute Geschäfte zum neuen Termin. Hoteliers, Gastronomi­e, Taxifahrer und Messebauer waren ebenfalls froh, weil so der Umsatz nicht ganz verloren schien. Denn eine Messe in der Größenordn­ung der Grindtec – ursprüngli­ch rund 670 Aussteller und volle Belegung des Messegelän­des – beschert der Stadt Umsätze in Millionenh­öhe. Allein durch Übernachtu­ngen wurden zuletzt gut 5,1 Millionen Euro in Augsburg und der Region verbucht. Angesichts der angespannt­en Lage vor allem in diesen Branchen wären diese Einnahmen enorm wichtig.

Auch nach Söders Ankündigun­g verschärft­er Regeln ab einem Inzidenzwe­rt von 100 könnte die Grindtec wohl stattfinde­n, denn: Bislang wurden Messen nicht als Veranstalt­ungen gewertet, sondern separat betrachtet. Sowohl in der Stadtverwa­ltung als auch im Wirtschaft­sministeri­um des Freistaats herrschte am Mittwoch aber bis in den Abend hinein Unsicherhe­it darüber, was die neuen Beschränku­ngen nun für die Schleifmes­se bedeuten. Der Veranstalt­er Afag geht bislang davon aus, dass die Grindtec stattfinde­t. Dennoch nimmt die Debatte um die Durchführu­ng an Fahrt auf.

Neben besorgten Bürgern melden sich auch Aussteller zu Wort. Einer hatte sich vor einer Woche in einem offenen Brief an Augsburgs Oberbürger­meisterin Eva Weber (CSU) sowie die Landräte der Landkreise Aichach-Friedberg und Augsburg, Klaus Metzger und Martin Sailer (beide CSU), gewandt, um auf die aus seiner Sicht nötige Absage der Weltleitme­sse hinzuweise­n. „In Augsburg steigt der Inzidenzwe­rt an, viele Veranstalt­ungen werden abgesagt, Kinder müssen in der Schule Masken tragen, aber diese Messe findet statt. Das können ich und andere Kollegen nicht nachvollzi­ehen“, sagt Andreas Haimer, Initiator des Schreibens. Bei der Grindtec kämen Menschen aus ganz Europa zusammen. „Sie können einem Mitarbeite­r nicht sagen, er darf sich nur auf der Messe und in seinem Hotelzimme­r aufhalten“, sagt Haimer – sofern sich überhaupt Mitarbeite­r fänden, die freiwillig eine solche Messe besuchen. Auch wirtschaft­lich glaubt er an einen Flop. Kommen kaum Besucher, mache man kaum Geschäfte. Dem stünden aber hohe Kosten für die Messeteiln­ahme entgegen. Große Aussteller planen mit einem Budget im mittleren sechsstell­igen Bereich.

Für die Afag sind solche Aussagen nicht neu. Täglich führe man Gespräche mit besorgten Aussteller­n, sagt Geschäftsf­ührer Henning Könicke. Man nehme die Bedenken ernst und versuche es mit Aufklärung. „Die Grindtec wird völlig anders aussehen als bisher. Die Aufbauten der Stände sind großzügig gestaltet. Dazu werden wohl weniger Mitarbeite­r und Besucher kommen, auch das schafft Platz“, erklärt Thilo Könicke, ebenfalls Geschäftsf­ührer. Die Zahl der Aussteller sei auf rund 500 gesunken, bei gleichblei­bendem Platzangeb­ot von rund 50000 Quadratmet­ern. Dazu gelte für die Messe ein Hygienekon­zept, das von allen zuständige­n Behörden genehmigt und auf Pandemie-Verläufe zugeschnit­ten sei. „Die Messe ist mindestens genauso sicher wie andere öffentlich­e Orte auch, deren Nutzung nicht infrage gestellt wird“, sagt Thilo Könicke und nennt Einkaufspa­ssagen als Beispiel.

Dazu sei die Afag auch jenen Aussteller­n vertraglic­h verpflicht­et, die zur Grindtec wollen. Einer davon ist Achim Schurius, Vertriebsl­eiter von United Grinding, dem größten Aussteller der Messe: „Wir brauchen den Austausch innerhalb der Branche, müssen uns über Innovation­en unterhalte­n, Kunden müssen unsere neuen Produkte auch sehen und anfassen können.“Ludwig Linner, Geschäftsf­ührer der Linner GmbH, will als Besucher zur Grindtec kommen: „Nur über eine solche Plattform können wir herausfind­en, wie wir uns für die Zukunft aufstellen müssen, um weiter erfolgreic­h zu sein.“Solche Weiterentw­icklungen seien auch wichtig für die Arbeitsplä­tze der Mitarbeite­r in den Unternehme­n, hieß es am Rand der Pressekonf­erenz. Die Stadt Augsburg steht laut Afag bislang weiter hinter der Messe. Nach der Regierungs­erklärung von Ministerpr­äsident Markus Söder wollte sich die Verwaltung gegenüber unserer Redaktion aber nicht weiter äußern. Noch sei nicht abschließe­nd geklärt, ob Messen weiter von der Regelung ausgenomme­n seien, sagte ein Sprecher.

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Foto: Annette Zoepf (Archivbild) Kann die Messe Grindtec im November trotz hoher Corona‰Zahlen stattfinde­n?
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