Aichacher Nachrichten

Wahlkampf im Schullandh­eim

In dem Roman „Rot oder Blau – Du hast die Wahl“sorgen Intrigen und Fake News dafür, dass ein Projekt außer Kontrolle gerät

- VON ANNIKA THÖLE

Aichach‰Friedberg Schlechtes Essen, erste Lieben und natürlich die obligatori­sche Nachtwande­rung. Normalerwe­ise drehen sich die Gedanken von Schülern auf Klassenfah­rt vor allem um die geplanten Aktivitäte­n und die kleinen Dramen, die untereinan­der entstehen. In Manfred Theisens Buch ,,Rot oder Blau – Du hast die Wahl“geht es allerdings um eine ganz andere Art der Klassenfah­rt: Die Heranwachs­enden müssen am eigenen Leib erfahren, wie leicht man sie beeinfluss­en kann. Sie müssen lernen ihr eigenes Denken und Tun kritisch zu hinterfrag­en und zu reflektier­en.

Die Geschichte handelt von einem Schullandh­eimaufenth­alt zweier neunten Klassen. Zu Beginn des Romans wissen die 15-Jährigen nicht, dass ihre Lehrerin ein besonderes Experiment geplant hat. Die Jugendlich­en sollen innerhalb einer Woche zwei Parteien gründen. Sie müssen ein eigenes Konzept für die Parteien ausarbeite­n und einen Vorsitzend­en bestimmen. Die Lehrerin will den Schülern mit diesem Projekt Politik etwas näherbring­en. Außerdem sollen sie am Ende einen geeigneten Schülerspr­echer finden.

Was erst spannend klingt, entgleitet der Lehrerin irgendwann. Das Experiment läuft aus dem Ruder,

als plötzlich eigene Interessen und Machtspiel­chen über das Wohl der Allgemeinh­eit gestellt werden.

Das 2019 erschienen­e Buch behandelt viele aktuelle Themen. Denn den Schülern begegnen in ihrem Wahlkampf Fake News, Intrigen und Machtgehab­e. Die Jugendlich­en müssen sich fragen, was es bedeutet, wenn sie gewählt werden können. Irgendwann bleiben dabei Freundscha­ften auf der Strecke. Auch die Auswirkung­en von sozialen Medien auf die Gesellscha­ft sind in „Rot oder Blau“Thema.

Trotz teils schwierige­r Themen ist das Buch sehr einfach zu lesen. Der Autor setzt durchgängi­g auf eine jugendlich­e und moderne Sprache, weshalb es auch schon für Leser ab zwölf Jahren geeignet ist. Und natürlich fehlt auf einer Klassenfah­rt auch mitten im Wahlkampf die erste Liebe nicht. Die Charaktere konnten leider nicht so überzeugen wie das Buch an sich, da diese im Gegensatz zur Handlung oberflächl­ich und klischeeha­ft waren. Es gab nur sehr wenige Nuancen zwischen Schwarz und Weiß – oder vielleicht eher zwischen Rot und Blau.

Wer „Die Welle“von Morton Rhue gelesen oder den gleichnami­gen Film gesehen hat, kann einige Parallelen finden. Auch da versucht ein Lehrer mit einem Projekt den Schülern etwas über Diktatur und

Manipulati­on beizubring­en und auch da gerät das Experiment schnell aus dem Ruder. Allerdings ist ,,Rot oder Blau – Du hast die Wahl“ein besseres Einsteiger­buch. Denn es schafft nicht durchgehen­d eine bedrückend­e Stimmung und vermittelt ein hoffnungsv­olleres Weltbild.

„Rot oder Blau – Du hast die Wahl“von Manfred Theisen, erschienen bei cbt; 384 Seiten; 9,99 Euro

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Foto: cbt In dem Roman gerät ein Wahlkampf au‰ ßer Kontrolle.

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