Stefanie lebt in ihren Bildern weiter
Schicksal Eine Künstlerin verwirklicht trotz eines schweren Herzfehlers ihren Traum. Ihre Eltern stehen immer an ihrer Seite. Sechs Jahre nach dem Tod ihrer Tochter machen sie ihr und anderen Kranken ein Geschenk
„Unsere Tochter kam mit einem zweifachen Herzfehler und Lungenhochdruck auf die Welt. Nach mehreren Operationen teilten uns die Ärzte mit, dass sie nur noch drei Monate zu leben hätte.“Renate und Martin Hubner aus Merching sind Eltern eines 1985 geborenen Mädchens namens Stefanie. Stefanie sollte weitaus länger leben, als der Arzt das vermutete. Dennoch kam ihr Tod am Silvestertag 2014 zu früh. Er riss eine lebensstarke Frau wenige Tage vor ihrem 30. Geburtstag aus dem Leben. Ihre Eltern wollen ihr nun posthum einen großen Traum erfüllen.
Heute sind Stefanies Eltern im Ruhestand und blicken auf ein Leben voller Höhen und Tiefen zurück. Sie leben mit ihrer Tochter im Herzen und können nach einer langen Zeit der Trauerbewältigung mit ihrem Schicksal offen umgehen. Zu Hause hängen überall großflächige Gemälde von Stefanie Hubner. „Schon als Kind ist Stefanie bei Kunst aufgeblüht. Dafür hat sie gelebt“, erzählt ihre Mutter. „Obwohl sie viel Kopfweh hatte, oft nicht nach draußen gehen konnte, hat sie ihr Leben angenommen und das Beste daraus gemacht. Sie hat alles geschafft, was sie schaffen wollte.“
Das tröstet die Eltern heute. „Sie hat ihr Leben gelebt und wir sind dankbar, dass wir drei Jahrzehnte gelebt haben, um für sie da zu sein und sie in all ihrem Tun zu unterstützen.“Vor der Geburt war Renate Hubner in einer Bank tätig. Sie hatte zwei Fehlgeburten und ein Sternenkind. Für Stefanie hörte sie schließlich auf zu arbeiten. „Wir haben alles, was in unserer Kraft steht, gegeben“, sagt ihr Mann Martin Hubner. Als die Schulmedizin Stefanie nicht weiterhelfen konnte, stießen die Eltern unter anderem auf die tausende Jahre alte japanische Lebenskunst Jin Shin Jyutsu. „Nach der niederschmetternden Diagnose damals stiegen wir in völlig fremde Heilmethoden ein, die uns und Stefanie enorm viel Disziplin und Durchhaltevermögen abverlangten“, weiß der Vater, der beruflich als Dolmetscher und Übersetzer zuerst in Bonn und dann jahrein der ungarischen Botschaft war. Deshalb wurde Stefanie auch in Bonn geboren und in Budapest eingeschult.
Ihre Eltern glauben, dass alles so vorgesehen war und dass es einen Lebensplan gibt, den es zu erfüllen gilt. Auf dem Wohnzimmertisch steht ein Foto ihrer Tochter. Daneben ein Strauß gelber Rosen und eine brennende Kerze. „Es gibt uns sehr viel Kraft, dass Stefanie da ist.“Denn ja, für Renate Hubner ist ihre Tochter immer noch da, nur in einer anderen Form: „Alles, was in der Welt ist, ist Energie. Der Tod ist nur eine andere Energieform. Wir bekommen den Körper, um uns auszudrücken.“Spiritualität ist ein großer Bestandteil ihres Lebens. Das Paar ist sicher, dass Schicksalsschläge Tore öffnen und dass ihre Tochter eine sehr alte Seele ist. „Stefanie war eine wunderbare Person. Ihr ganzer Fokus lag von Kindheit an auf der Malerei.“
Getöpfert hatte sie als Mädchen auch gerne, konnte es gesundheitlich jedoch nicht weiterführen.
Die junge Frau studierte an der Akademie der Bildenden Künste in München bei Professorin Anke Doberauer und stellte als deren Meisterschülerin deutschlandweit und in Österreich aus. Stefanie Hubner erhielt Kunst- und Förderpreise und 2014 ihr Diplom. „Im gleichen Jahr initiierte sie noch ihre Beteiligung an einer Ausstellung in Salzburg Ende Januar 2015. Diese konnte sie selbst nicht mehr wahrnehmen und so sind wir hingefahren. Das war Balsam für unsere Seele“, erinnern sich die Eltern wehmütig.
Im November 2015 organisierten sie eine Gedenkausstellung in der KHG München, der katholischen Hochschulgemeinde der TU München. „Hier fanden etliche Bilder ihre Liebhaber. Auch diese Ausstellung war als Trost für uns vom Geislang te Stefanies regelrecht beflügelt.“Schon damals war für die Hubners klar, dass sämtliche Verkaufserlöse wohltätigen Zwecken dienen. Doch für eine weitere Ausstellung fehlte den verwaisten Eltern die Kraft. Jahrelang passierte nichts. Einige Kunstwerke sind jedoch noch vorhanden. „Stefanies Krankheitsgeschichte, die sie in einigen Bildern dargestellt und verarbeitet hat, war der Aufhänger dafür, dass ihr Kinder mit ähnlichem Schicksal sehr am Herzen lagen. Ihr Fokus war auf den Bunten Kreis gerichtet, der sich um diese Kinder und deren Familien kümmert.“
Als Astrid Grotz vom Vorstand des Bunten Kreises anrief, war schnell die Idee einer Benefiz- Ausstellung geboren. Bis Jahresende sollten die Gemälde im Restaurant Kappeneck in Augsburg zu sehen sein, doch nun ist wegen der Corona-Krise erst einmal geschlossen.
Das Kappeneck hat nun eine Internetseiteangelegt, unter der man die Bilder online anschauen und kaufen kann. Der Erlös geht an den Bunten Kreis zur Unterstützung von Familien mit chronisch-, krebs- und schwerstkranken Kindern in der Region. Zu sehen sind 18 Gemälde, klein- bis großformatig, die Preise liegen zwischen 60 und 800 Euro.
Nicht nur Stefanie half gerne. Ihr Vater engagiert sich ebenfalls ehrenamtlich beim Bürgernetz Mering. Er ist Lesepate für ein syrisches Kind und übernimmt Besuchsdienste im Seniorenheim. Hubner hat Gesang studiert und gibt Konzerte. „Helfen ist für mich ein Bedürfnis und Befriedigung zugleich.“Die Eltern der toten Künstlerin freuen sich, dass diese Ausstellung möglich gemacht werden konnte. Im kommenden Jahr werden Werke ihrer Tochter in der Galerie Bodenseekreis zu sehen sein.