Aichacher Nachrichten

Patienten kritisiere­n Hessingkli­nik

Seniorin Longina Imhoff übt in Zusammenha­ng mit Corona massive Kritik an ihrem Reha-Aufenthalt in der Klinik. Bei Hessing weist man die Vorwürfe zurück. Was unzufriede­ne Patienten tun können

- VON EVA MARIA KNAB

Longina Imhoff hatte bei einem Sturz in ihrer Altbauwohn­ung einen Oberschenk­elhalsbruc­h, der operiert werden musste. Anschließe­nd war die 69-Jährige aus Erlingshof­en nach eigenen Angaben rund fünf Wochen in der geriatrisc­hen Rehaklinik von Hessing in Augsburg. Was sie dort nach einem CoronaAusb­ruch als Patientin erlebte, fasst sie so zusammen: „Das war keine Reha, sondern für mich der Horror.“Die Seniorin ist nicht die einzige Patientin, die massive Kritik an ihrem Reha-Aufenthalt in der Klinik übt. In der Leitung der HessingSti­ftung widerspric­ht man den Vorwürfen.

Longina Imhoff war von 25. September bis 29. Oktober in der Reha, wie sie sagt. Als sie kurz nach der Rückkehr über ihren Aufenthalt in

Eine Patientin bricht am Telefon in Tränen aus

der Klinik erzählt, bricht sie am Telefon in Tränen aus. Sie berichtet, sie habe zwar einen Therapiepl­an bekommen, von den dort aufgeführt­en Anwendunge­n habe in den fünf Wochen ihres Aufenthalt­s jedoch keine stattgefun­den. Einmal sei sie von einer Mitarbeite­rin der Klinik in die Toilette geschickt worden und habe dort aus dem Rollstuhl zwei bis dreimal an einer Stange aufstehen müssen, zweimal sei ein Mitarbeite­r gekommen, der mit einem weißen Handtuch leicht ihr Bein berührt habe. Das sei alles gewesen, sagt sie auch bei einem zweiten Gespräch nach ein paar Tagen, in dem sie bei ihren Vorwürfen bleibt.

Auch etwas anderes machte der Seniorin schwer zu schaffen. Sie sagt, sie sei im Krankenhau­s mehrfach immer wieder negativ auf Corona getestet worden. Trotzdem sei sie wochenlang weitgehend in ihrem Zimmer isoliert gewesen. „In der Station 2c durfte ich zwei Wochen lang von meinem Krankenzim­mer nur in den Gang fahren, in der Station 3c durfte ich nur einmal in drei Wochen auf den Gang.“Sie habe sich eingesperr­t gefühlt und sei mit ihren Nerven am Ende gewesen.

Auch eine andere Patientin aus dem Raum Donauwörth und ihre Familie (ihren Namen wollen die Geschäftsl­eute nicht in der Zeitung lesen) beklagen angebliche massive Defizite bei der Behandlung. Diese Seniorin war nach einem schweren Unfall ebenfalls in stationäre­r Reha bei Hessing. Ihr Mann sagt, sie habe knapp vier Wochen nur vier Behandlung­en bekommen, dann sei seine Frau vorzeitig heimgeschi­ckt worden: „Es war eine Katastroph­e.“Der Rentner sagt weiter, er müsse seiner Frau nun selber wieder Stehen und Gehen beibringen, was aus seiner Sicht Sache der Klinik gewesen wäre

Die Leitung der Hessingsti­ftung kann all die Vorwürfe nicht nachvollzi­ehen. Direktor Roland Kottke teilt mit: „Wir bedauern, dass sich zwei Patienten unserer Geriatrisc­hen Rehaklinik unzufriede­n geäußert haben. „ Aus Datenschut­zgründen könne man keine Angaben zu einzelnen Fällen machen. Generell sei gewährleis­tet, dass ein dem Infektions­geschehen angepasste­r Reha-Betrieb aufrechter­halten werde, ohne eine substanzie­lle Reduktion erforderli­cher Therapien.

Richtig sei, dass man sich in der Klinik aufgrund der pandemiebe­dingten Situation mit extrem hohen Inzidenzwe­rten dazu entschiede­n habe, derzeit keine Gruppenthe­rapien anzubieten. Die Patienten bekämen zum Ausgleich deutlich mehr Einzelther­apien, die über das reguläre Maß hinausgehe­n. Personell werde die stationäre Reha im Haus von Mitarbeite­rn des ambulanten Reha-Zentrums unterstütz­t, hieß es. Was die Schutzvork­ehrungen betrifft, würden die Mitarbeite­r alle Vorgaben und Empfehlung­en des Robert-Koch-Instituts erfüllen.

Wie unsere Zeitung berichtete, wurden Mitte Oktober erste Fälle von Covid-Infektione­n in der Hessingkli­nik bekannt. Zu diesem Zeitpunkt wurden neun Patienten und ein Mitarbeite­r positiv getestet. Die betroffene Station – es handelte sich um die Geriatrie,also eine Station für Senioren – wurde laut dem Diin rektor umgehend isoliert. 13 Beschäftig­te mussten zu dieser Zeit in häusliche Quarantäne.

Wie ist die Lage aktuell? Kottke zufolge sind weiterhin Covid-Patienten in einer personell und räumlich vom Rest der Geriatrisc­hen Rehaklinik getrennten Station in Behandlung. Aufgrund der ergriffene­n Maßnahmen sei es über den ursprüngli­chen Ausbruch hinaus zu keinen weiteren Ansteckung­en gekommen. Man führe regelmäßig­e Reihentest­ungen bei Patienten und Mitarbeite­rn durch, um das Auftreten möglicher Infektione­n frühzeitig zu erkennen und zu reagieren. Vorsorglic­h seien im Zuge des Ausbruchs alle Stationen als Isolations­stationen geführt worden. „Diesen Betriebsmo­dus führen wir aufgrund der hohen Inzidenzen im Raum Augsburg zur Sicherheit unserer Patienten fort“, so Kottke. Aus den Reihen von Mitarbeite­rn im Haus ist zu hören, dass es auch derzeit „sehr viele zufriedene Patienten“gebe.

Was können Patienten tun, die mit ihrer Reha-Behandlung nicht zufrieden sind? Die AOK-Direktion Augsburg teilt auf Anfrage mit, wegen der Pandemie könnten die erforderli­chen Hygienekon­zepte der Reha-Einrichtun­gen zu Einschränk­ungen im Ablauf führen, beispielsw­eise seien Gruppenang­ebote nur sehr eingeschrä­nkt möglich. Dort rät man Patienten, die mit ihrer Therapie nicht zufrieden sind, im ersten Schritt mit dem behandelnd­en Arzt und den Therapeute­n zu sprechen. Wenn die Einrichtun­g auf berechtigt­e Wünsche nicht eingehe, könnten sich die Patienten an die Ansprechpa­rtner der Krankenkas­se wenden, die auf dem Kostenüber­nahmeschre­iben angegeben sind.

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Foto: Silvio Wyszengrad In der geriatrisc­hen Klinik von Hessing läuft aus Sicht von zwei Patienten nicht alles rund, die Klinik widerspric­ht.

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