Künstlerin Rose Maier Haid ist 80
Friedberg Der Raum ist weitläufig, hohe Wände, unzählige Regale, sich stapelnde Zeitungen und Bilder. Rose Maier Haid sitzt auf ihrem Holzstuhl in ihrer Friedberger Kunstschule. Den Stuhl hat die Künstlerin, wie die anderen Sitzgelegenheiten auch, vom Sperrmüll. Der „Boss-Stuhl“, wie die Künstlerin ihn mit einem Augenzwinkern nennt, ist nur für sie selbst bestimmt. „Ein Spaß, den die Kinder auch gerne mitmachen“, sagt sie.
Rose Maier Haid ist Künstlerin, Pädagogin, unterrichtet in ihrer Kunstschule achtmal die Woche Kinder und Erwachsene, schreibt Gedichte, bekam vor zwei Jahren wegen ihrer Verdienste für Friedberg die Silberdistel unserer Zeitung überreicht und weist immer wieder auf die fehlende Kunst im Leben der Menschen hin. Ihr Ziel sei es, diese den Menschen näherzubringen. „Dafür würde ich aber Hunderte Jahre brauchen“, sagt Maier Haid lachend. Sie ist gestern „erst“80 geworden. An der Wand hinter ihr hängen zehn Uhren, keine von ihnen geht richtig. Die Kunstlehrerin findet, dass im „Uhrwald“, wie sie ihn nennt, Zeit keine Bedeutung hat. Das gilt für ihr ganzes Leben.
Denn „eigentlich“, sagt die Künstlerin, „eigentlich bin ich ja 800 Jahre alt.“Die Entwicklung sei eben so langsam, dass „ich in den vergangenen Jahren viel schneller gealtert bin“, sagt sie. Schneller als die Zeit selbst. „Das ist kaum auszuhalten.“Rose Maier Haid sieht nicht aus wie 80 und wirkt auch nicht so. Jeden Tag gebe es etwas zu tun, sie steht in der Früh auf und geht schnurstracks „die paar Meter“von ihrem Zuhause in die Kunstschule in der Bauernbräustraße.
Die gebürtige Schwäbin will die Kunst an die Menschen bringen, sie damit berühren und dafür sorgen, dass Menschen Kunst gemeinsam produzieren. „Es müsste in jedem Dorf eine Kunstschule geben“, sagt sie, dann könne genug für die Kunst gemacht werden. Ein Limit gebe es nicht, „man kann nicht zu viel für die Kunst machen. Mein Anliegen war es schon immer, mit Kunst zu berühren“. Dafür plant sie schon ihr nächstes Projekt. Wie der Kartoffelverkäufer, der seine Ware anpreist, möchte Rose Maier Haid durch Friedbergs Straßen fahren und Gedichte verteilen. „Dann rufe ich eben nicht, Kartoffel!, Kartoffel!, sondern Gedichte! Gedichte!“Denn Kunst sei auch Nahrung, nur müsse neben einem vollen Magen auch der Kopf angestrengt werden.