Aichacher Nachrichten

Bürger sollen ihre Kontakte weiter reduzieren

Die Bundesregi­erung will die Deutschen mit strengen Vorgaben zu mehr Disziplin in der Pandemie zwingen. Doch ein Teil der Länder weigert sich, das mitzutrage­n. Am Ende einer hitzigen Debatte steht nur ein neuerliche­r Appell

- VON BERNHARD JUNGINGER

Berlin Es hat mächtig geknirscht bei den Beratungen zwischen Bund und Ländern über den weiteren Kurs im Kampf gegen die Corona-Pandemie. Mit ihrem Wunsch nach einer weiteren Verschärfu­ng der Infektions­schutzmaßn­ahmen konnte sich Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) nicht durchsetze­n.

So blieb es beim dringenden Appell an die Bürger, ihre Kontakte zu reduzieren. Sie sollen zudem vorerst völlig auf private Feiern verzichten und Zusammenkü­nfte auf Angehörige eines weiteren Hausstande­s beschränke­n. „Jeder Kontakt, der nicht stattfinde­t, ist gut für die Bekämpfung der Pandemie“, so Merkel nach dem Treffen.

Entscheide­nde Beschlüsse wurden bei der Videokonfe­renz Merkels mit den Chefs der 16 Bundesländ­er nicht gefasst. Kommende Woche, am 25. November, will die Runde erneut beraten und dann konkrete Maßnahmen verabschie­den.

Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) kündigte an, dass dann den Mahnungen Entscheidu­ngen folgen würden. „Ich habe wenig Hoffnung, dass Ende November alles wieder gut ist“, sagte er am Abend. Es gehe darum, die Maßnahmen „lieber zu verlängern, statt vorzeitig abzubreche­n“.

Beschlosse­n haben Bund und Länder lediglich, dass besonders gefährdete Menschen mit günstigen FFP2-Masken vor einer Ansteckung mit dem Corona-Virus bewahrt werden sollen. Über 65-Jährige und Menschen mit bestimmten Vorerkrank­ungen sollen demnach insgesamt 15 dieser Masken gegen eine geringe Eigenbetei­ligung erhalten können.

Viele Fragen blieben jedoch offen. Zum Beispiel, ob Restaurant­s, Kultureinr­ichtungen oder Fitnessstu­dios im Dezember wieder aufmachen können. So gilt zunächst weiterhin, dass die Schließung der Einrichtun­gen bis Ende November befristet sein sollen.

Die Videokonfe­renz stand von Anfang an unter keinem guten Stern und fand zeitweise in gereiztem Ton statt. So kritisiert­e Berlins Regierende­r Bürgermeis­ter Michael Müller (SPD) hinterher, das Kanzleramt habe zuletzt „doch sehr kurzfristi­g“

Papiere erarbeitet, und dafür könne es objektive Gründe geben. „Aber wir müssen das zwischen 16 Ländern auch noch beraten können. Und das dann am Sonntagabe­nd um 23 Uhr machen zu müssen, und Montag früh geht es gleich weiter, dient oft auch der Sache nicht.“

inhaltlich­er Streitpunk­t war zunächst eine mögliche Verschärfu­ng der Infektions­schutzmaßn­ahmen an den Schulen. In einer ersten Beschlussv­orlage hatte die Bundesregi­erung beispielsw­eise eine weitere Ausdehnung der Maskenpfli­cht für Schüler vorgesehen.

So sollten alle Schüler und Lehrer im Unterricht und auf dem Schulgelän­de einen Mund-Nasen-Schutz tragen, um das Ansteckung­srisiko mit dem Coronaviru­s weiter zu senken. Doch dagegen liefen mehrere Ministerpr­äsidenten Sturm.

Das Beschlussp­apier des KanzlerZen­traler amts wurde daraufhin entschärft. Demnach sollten die Länder nur noch bis kommende Woche ein Konzept vorlegen, wie die Ansteckung­sgefahr im laufenden Schulbetri­eb gesenkt werden kann. Mecklenbur­g-Vorpommern­s Ministerpr­äsidentin Manuela Schwesig (SPD) hatte die Pläne der Bundesregi­erung für den Schulberei­ch zuvor als „unverhältn­ismäßig“kritisiert. Der Vorschlag sei mit den Ländern nicht abgesproch­en gewesen. Auch einige CDU-Landeschef­s wandten sich gegen die Pläne der Kanzlerin.

Dagegen hatte SPD-Gesundheit­sexperte Karl Lauterbach kritisiert, dass an deutschen Schulen nicht genug gegen die Ausbreitun­g der Corona-Pandemie getan werde. „Das Problem in den Schulen ist in Deutschlan­d immer unterschät­zt worden“, sagte er.

Heftig umstritten war beim Ländergipf­el auch die Frage, ob die seit zwei Wochen geltenden Auflagen zur Eindämmung der Pandemie bereits jetzt verschärft werden sollen. Dies schlug die Bundesregi­erung vor. Doch mehrere Landeschef­s plädierten dafür, es zunächst bei Appellen zu belassen und setzten sich damit durch.

Während Bundesregi­erung und Ministerpr­äsidenten in Berlin berieten, kamen aus den USA gute Nachrichte­n. Knapp eine Woche, nachdem das deutsche Medizin-Unternehme­n Biontech und der Pharmakonz­ern Pfizer einen Durchbruch in der Impfstoff-Forschung vermeldet hatten, legte nun auch das US-Unternehme­n Moderna vielverspr­echende Zwischener­gebnisse vor. Der RNA-Impfstoff habe eine Wirksamkei­t von 94,5 Prozent, teilte der Konzern mit. Die EU-Kommission verhandelt mit der Firma über die Lieferung von bis zu 160 Millionen Impfdosen.

Der renommiert­e US-Immunologe Anthony Fauci reagierte begeistert. „Das sind offensicht­lich sehr aufregende Ergebnisse“, sagte er nach Angaben von CNN. „Besser wird es nicht – 94,5 Prozent sind wirklich hervorrage­nd“, kommentier­te Fauci die von Moderna dokumentie­rte Wirksamkei­t. Mehr zur neuen Impfstoff-Entdeckung lesen Sie auf Panorama. Einen Kommentar zu den Bund-Länder-Beratungen finden Sie auf dieser Seite.

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Foto: Jesco Denzel, dpa Tief in der Diskussion: Berlins Regierende­r Bürgermeis­ter Michael Müller und Bundeskanz­lerin Angela Merkel konferiere­n über eine Videoschal­te mit der Bundesregi­erung und den übrigen Ministerpr­äsidenten.

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