Gegner im eigenen Haus
Es ist ein Tag, an dem die Europäische Union schwer beschädigt wurde. Wenn Ungarn und Polen ihr gestriges Veto gegen das gewaltigste Finanzpaket der Gemeinschaft und den Aufbaufonds zur Beseitigung der Folgen durch das Coronavirus weiter durchziehen, steht die EU vor einer Frage, die sich seit langem angebahnt hat: Wie soll man mit Mitgliedern umgehen, die jede Gelegenheit nutzen, um der Gemeinschaft zu schaden?
Dabei hat dieser europäische Familienkreis nichts anderes versucht, als sich einen Mechanismus zu geben, um Rechtsstaatlichkeit und Demokratie zu schützen. Dass die politischen Spitzen in Warschau und Budapest dieses Instrument
fürchten, war absehbar. Sie haben die Demontage der europäischen Grundwerte seit Jahren fortgesetzt. Ihr Veto ist zwar nicht überraschend, aber es ist blamabel, es ist entlarvend. Jahrzehntelang litten die Menschen in diesen Ländern unter der sowjetischen Staatsdiktatur, die ihnen verweigerte, was die EU brachte: Meinungs- und Pressefreiheit, Minderheitenschutz und Abschaffung von Diskriminierung, egal aus welchem Grund. Die Nationalkonservativen haben diese Errungenschaften wieder zurückgedreht. Zynisch gesagt hat der Rechtsstaatsmechanismus schon demaskierend gewirkt, bevor er überhaupt in Kraft tritt. Weil er diejenigen, gegen die er erfunden wurde, zum Bekenntnis zwang. Noch geht das perfide Spiel weiter – bis zum Gipfel am Donnerstag.