Aichacher Nachrichten

Grünbeck will Werk verdoppeln

Industrie Der Spezialist für Wasseraufb­ereitung will in Höchstädt 80 bis 100 Millionen Euro investiere­n, mit einem ersten Bauabschni­tt soll es bald losgehen. Das bringt auch hunderte Jobs

- VON MICHAEL KERLER

Höchstädt Eigenheimb­esitzer bauen häufig einen Wasserfilt­er von Grünbeck im Keller ein. Der Filter hilft, dass feine Partikel, die sich auf dem Weg vom Wasserwerk zum Haus von den Leitungen ablösen, nicht bis zum Wasserhahn kommen. Aber das ist nicht der einzige Tätigkeits­bereich des Unternehme­ns aus Höchstädt im Kreis Dillingen. Grünbeck-Anlagen bereiten auch Wasser in Kliniken, Bäckereien oder Brauereien auf. Kürzlich hat das Unternehme­n die kassenärzt­liche Zulassung für ein System bekommen, das die Wasser- und Lichtverhä­ltnisse des Toten Meeres nachahmt und mit dem sich Neurodermi­tis behandeln lässt. Die Patienten liegen in heilsamem Salzwasser wie am Toten Meer, während UV-Lampen die Sonneneins­trahlung imitieren. Mit Produkten wie diesen ist Grünbeck in den vergangene­n Jahren stetig größer geworden. Jetzt holt das Unternehme­n zu einem weiten Wurf aus: Geplant sind Investitio­nen am Standort von 80 bis 100 Millionen Euro bis zum Jahr 2040. Dies kommt einer Verdoppelu­ng des Werks gleich.

„Wir sind dank des Engagement­s unserer Mitarbeite­r in den letzten Jahren kräftig gewachsen“, sagt Geschäftsf­ührer Günter Stoll. „Auch in schwierige­r Zeit sind wir gut über die Runden gekommen“, fügt er an. Die Corona-Krise brachte Grünbeck bisher nicht in Bedrängnis. Die Nachfrage blieb so hoch, dass das Unternehme­n zum ersten Mal in der Firmengesc­hichte eine Nachtschic­ht einführte. Seit zwei Wochen wird am Standort auch nachts gefertigt. „Angesichts des Wachstums haben wir uns Gedanken gemacht, wie wir das Unternehme­n für die nächsten 20 bis 30 Jahre aufstellen müssen“, sagt Stoll. Derzeit verbuche Grünbeck einen Umsatz von rund 135 Millionen Euro im Jahr. Für die Pläne habe man angenommen, dass der Umsatz 2040 bei einer halben Milliarde Euro liegen könnte. Dafür muss das Werk Schritt halten können.

„Wir wollen eine deutliche Steigerung der Produktion und des Umsatzes ermögliche­n“, sagt Stoll. Deshalb habe man sich zusammen mit Planern gefragt, welche neuen Gebäude nötig sind – angefangen von der Logistik über Produktion­sstätten und Büros bis hin zum Kasino, damit die Mitarbeite­r am Standort essen können.

Das Ergebnis der Planung sind eine Vielzahl neuer Gebäude. Optisch würde sich das Werk deutlich vergrößern – auf das Doppelte. Neue Grundstück­e bräuchte Grünbeck nicht: Gleich in der Nachbarsch­aft war vor einiger Zeit ein Gelände mit älteren Hallen erworben worden. Diese werden derzeit als Lager genutzt, teilweise aber auch zur Produktion. Dort gibt es auch noch freie Fläche. Umgesetzt werden soll der Plan für den Standort der Zukunft nicht auf einem Schlag. „Der Ausbau wird in mehreren Phasen erfolgen“, sagt Stoll. „Wir werden einen neuen Bauabschni­tt nur dann angehen, wenn tatsächlic­h Bedarf besteht und es die finanziell­en Möglichkei­ten zulassen.“

Der erste Ausbau soll aber rasch kommen: Zeitnah will das Unternehme­n ein neues Logistikze­ntrum für die Warenannah­me, eine Erweiterun­g des Hochregall­agers für die Fertigware und eine neue Abfüllstat­ion für Chemikalie­n zur Wasseraufb­ereitung errichten. Diese Projekte sollen bereits in den nächsten drei Jahren entstehen – bisher geplante Investitio­nssumme: 30 Millionen Euro. Der Aufsichtsr­at des Unternehme­ns hat bereits Mitte Oktober für den ersten Bauabschni­tt grünes Licht gegeben. Grünbeck will bald zusammen mit Architekte­n mit der Planung beginnen und die Bauanträge stellen. „Unser Ziel ist es, nächstes Jahr loszulegen.“

Die Werkserwei­terung brächte einen Schub für die Beschäftig­ung. Derzeit arbeiten rund 660 Mitarbeite­r für die Grünbeck Wasseraufb­ereitung GmbH. In der letzten Ausbaustuf­e des Werks könnten es am Ende einmal 1000 bis 1500 werden. Das hängt auch davon ab, welchen Automatisi­erungsgrad es in Zukunft geben wird.

Dass sein Unternehme­n künftig eher mehr als weniger Aufträge haben kann, davon ist Stoll überzeugt: „Das Thema Wasseraufb­ereitung gewinnt an Bedeutung“, sagt er. Ein Indiz ist bereits, dass die Bundesregi­erung Produkte der Wasseraufb­ereitung als systemrele­vant einstufe.

Sie zählen in den Sektoren Wasser, Gesundheit, Lebensmitt­el und Energie zur „kritischen Infrastruk­tur“des Landes. Stoll nennt ein Beispiel: „Falls in einem Klinikum die Wasseraufb­ereitung eines Dampfsteri­lisators stillsteht, kann auch nicht operiert werden.“

Mehrere Triebfeder­n sind es, mit denen Grünbeck den Umsatz steigern will. Zum einen gibt es noch mehr Chancen im Export. Dazu setzt man darauf, gegenüber Konkurrent­en punkten zu können. Und schließlic­h will Grünbeck mit neuen Produkten überzeugen. Dazu zählen leitungsge­bundene Wasserspen­der, an denen man Trinkwasse­r zapfen kann. Auch Enthärtung­sanlagen, Filter und Dosieranla­gen für Privathaus­halte, Industrie und Gewerbe hat die Firma weiterentw­ickelt. Grünbeck-Systeme sorgen in Großküchen, Berghütten und auf Campingplä­tzen für eine hygienisch­e Wasservers­orgung. Im Jahr 2013 hatte Grünbeck mit einem neuen Produktdes­ign einen massiven Modernisie­rungsproze­ss angestoßen. Das Wachstum der letzten Jahre sieht man als Bestätigun­g.

Mit den Investitio­nsplänen bekennt sich Grünbeck zum Standort Höchstädt. Hieran hatten noch der Gründer Josef Grünbeck und Ehefrau Loni ihren Anteil: Da die Eheleute kinderlos verstarben, legten sie das Unternehme­n in die Hand einer Stiftung. „Eine Maßgabe ist es auch, den Standort Höchstädt zu sichern“, berichtet Stoll. Das Unternehme­n zeichnet aus, dass sich die Mitarbeite­r an der Firma beteiligen können und mit einer Ausschüttu­ng am Erfolg teilhaben. Günter Stoll schätzt es, Produktent­wicklung und Produktion an einem Standort zu bündeln: „Dies ist hoch effizient, eine Abstimmung ist schnell möglich“, sagt er. „Es hat keinen Sinn, die Produktion in Billiglohn­länder zu verlagern, weil die Begleiters­cheinungen nicht unerheblic­h sind.“Die Lohnkosten mögen hierzuland­e höher sein, es liege aber an Grünbeck und seinen Ingenieure­n, Produkte mit entspreche­nder Qualität und rentablem Preis zu entwickeln, sodass sie in Höchstädt produziert werden können.

Für die künftige Produktion am Standort hat Grünbeck jetzt die Weichen gestellt. Jetzt musste der Stadtrat in Höchstädt noch „Ja“zu den Plänen sagen.

 ?? Foto: Marcus Merk ?? „Wir sind – dank des Engagement­s unserer Mitarbeite­r – in den letzten Jahren kräf‰ tig, kräftig gewachsen“, sagt Grünbeck‰Chef Günter Stoll. Jetzt will er das Werk prak‰ tisch verdoppeln.
Foto: Marcus Merk „Wir sind – dank des Engagement­s unserer Mitarbeite­r – in den letzten Jahren kräf‰ tig, kräftig gewachsen“, sagt Grünbeck‰Chef Günter Stoll. Jetzt will er das Werk prak‰ tisch verdoppeln.

Newspapers in German

Newspapers from Germany