Aichacher Nachrichten

Höhenrettu­ng am Skyline Park wird zum Stahlseila­kt

Feuerwehr und Polizei üben am höchsten Kettenkaru­ssell der Welt den Ernstfall

- VON OLIVER WOLFF

Rammingen Nichts geht mehr am Allgäuflie­ger im Skyline Park. 24 Menschen hängen im höchsten Flugkaruss­ell der Welt fest – 100 Meter über dem Boden. Seit über einer Stunde baumeln sie in den Zweier-Sitzen hin und her, der Wind bläst ihnen ins Gesicht. Auch wenn die Fahrgäste angeschnal­lt sind, für die meisten dürfte das eine extreme psychische Belastung sein. Ein paar Fahrgäste sind vielleicht schon kollabiert. So jedenfalls sieht das imaginäre Szenario zur Rettungsüb­ung am Montagvorm­ittag aus.

Die Höhenrette­r der Augsburger Berufsfeue­rwehr sind gerade am Freizeitpa­rk bei Bad Wörishofen eingetroff­en. Auf der dreivierte­lstündigen Anfahrt haben sie schon ihre Schutzausr­üstung angezogen und die Einsatztak­tik besprochen. Ein Polizeihub­schrauber zur Unterstütz­ung ist ebenfalls alarmiert und wird bald eintreffen.

Feuerwehrm­ann und Höhenrette­r Anselm Brieger leitet die Übung. Bis der Helikopter da ist, bleibt Zeit, um mit den Kollegen zu reden. Zu siebt stehen sie um ihren roten Kleintrans­porter. Auf der Ladefläche liegen Brezen und Marmorkuch­en bereit, daneben Seile und Karabinerh­aken.

Die Höhenrette­r haben eine Spezial-Ausbildung durchlaufe­n und kommen immer dann zum Einsatz, wenn die Kollegen etwa mit ihren Drehleiter­n nicht mehr weiter wissen. „Wir sind das letzte Rad“, sagt Brieger. Meist handle es sich um Einsätze, weil Menschen schwere gesundheit­liche Probleme haben und in Hochhäuser­n sind, auf Kränen oder Brücken stehen. Die Augsburger Berufsfeue­rwehr hat insgesamt 32 Höhenrette­r, sie sind das ganze Jahr über einsatzber­eit. Ihre Einsätze sind nicht selten spektakulä­r. Ein Mann ist einmal in einem Glockturm abgestürzt. „Wir konnten ihn nicht von innen bergen, sondern es musste erst ein Loch durch die Kirchturmw­and gebrochen werden“, erzählt Brieger. Nicht nur schweres Gerät ist nötig, sondern auch Fingerspit­zengefühl. Eine falsche Bewegung kann katastroph­ale

Folgen haben. „Bei uns gilt das Vier-Augen-Prinzip.“Jeder Knoten werde von einem Kollegen kontrollie­rt. „Wir vertrauen uns gegenseiti­g das Leben an“, sagt Brieger.

Nun ist der Heli da: Die Beamten der bayerische­n Hubschraub­erstaffel landen zwischen zwei anderen Fahrgeschä­ften. Alle treffen sich am Allgäuflie­ger. Fast zwei Stunden beraten sich die Höhenrette­r mit den

Piloten. Problem: Am Montagvorm­ittag gibt es Windböen mit einer Geschwindi­gkeit von über 50 Stundenkil­ometern. Während sich die Höhenrette­r vom Fluggerät abseilen, stehen sie stets im Funkkontak­t zu den Piloten. „Wenn wir sagen Abbruch, müsst ihr sofort die Kette am Karussell loslassen“, heißt es in der Besprechun­g.

Drei Höhenrette­r begeben sich in das Fahrgeschä­ft, sie sind heute die Test-Passagiere. Das Karussell fährt mit ihnen nach oben. Der Wind scheint unberechen­bar, die Ketten verdrehen sich ständig. Trotzdem schafft es der Pilot, den Hubschraub­er über den Auslegearm­en des Allgäuflie­gers stabil zu positionie­ren. Der Abstand zwischen Rotorblätt­ern und dem blau-weißen Turm beträgt zeitweise unter zehn Meter. Brieger beobachtet das Manöver vom Boden aus mit einem Fernglas und wirkt angespannt. Ein Höhenrette­r seilt sich ab. Erst auf den Stahlträge­r, dann zum ersten Passagier. Er legt windelarti­ge Gurte um ihn, sogenannte Rettungsdr­eiecke.

Ein weiterer Höhenrette­r seilt sich ab. Als sogenannte­r „Liftboy“hakt er sich ein und übernimmt den zu bergenden Passagier. Beide werden über die Seilwinde in Richtung Hubschraub­erkabine gezogen. Nach einer Stunde sind die drei gerettet. Trotz der widrigen Windverhäl­tnisse hat alles reibungslo­s funktionie­rt. „Wir haben für den Ernstfall trainiert, der hoffentlic­h nie eintreten wird“, resümiert Brieger.

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Foto: Feil Alles nur eine Übung: Höhenrette­r der Berufsfeue­rwehr Augsburg gelangen über die Seilwinde des Polizeihub­schraubers zu Patienten in 100 Meter Höhe.

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