Aichacher Nachrichten

Keine Alternativ­e zu höheren Müllgebühr­en?

Stadträte fühlen dem Leiter des städtische­n Abfallwirt­schaftsbet­riebes auf den Zahn. Die Entscheidu­ng über eine Erhöhung der Müllgebühr­en wird vertagt

- VON EVA MARIA KNAB

Müssen die städtische­n Müllgebühr­en in Augsburg wirklich um mehr als 50 Prozent erhöht werden, wie geplant? Oder gäbe es nicht doch noch andere Möglichkei­ten? Diese Fragen wollten die Stadträte im Umweltauss­chuss am Montag detaillier­t geklärt haben. Auch am Ende gab sich die Sozialfrak­tion aus SPD und Linken noch nicht mit den Antworten der Umweltverw­altung zufrieden.

Kontrovers­e Diskussion­en hatte es schon im Vorfeld gegeben, als Umweltrefe­rent Reiner Erben (Grüne) seine Pläne für die drastische Erhöhung ab dem kommenden Jahr angekündig­t hatte. Vorgesehen ist, dass ab 2021 je Erwachsene­m in einem Haushalt 76,20 Euro statt bisher 49,80 Euro pro Jahr fällig werden. Bei unter 18-Jährigen erhöht sich die Gebühr von 24,90 Euro auf 38,10 Euro. Für eine vierköpfig­e Familie macht sich die Erhöhung mit etwa 80 Euro pro Jahr bemerkbar. Sie würde statt rund 150 künftig 230 Euro bezahlen.

Stadtrat Lars Vollmar (FDP) fragte, ob die starke Gebührener­höhung nicht niedriger ausfallen könnte, wenn die Stadt die Einnahmens­seite verbessern und etwa bei der bislang kostenlose­n Entsorgung von Sperrmüll und Grüngut nach dem Verursache­rprinzip künftig Geld verlangen würde. „Warum sollen Bewohner einer Mietwohnun­g in einem Mehrfamili­enhaus höhere Müllgebühr­en bezahlen, damit die die Entsorgung der Gartenabfä­lle für die Eigentümer von Häusern mit Garten kostenlos bleibt?“, so die Liberalen. Nach Einschätzu­ng von Georg Holder, dem Leiter des Abfallwirt­schaftsbet­riebes (AWS), wäre eine Teilerhöhu­ng der Gebühren nicht zielführen­d. Beim AWS befürchtet man in diesem Fall mehr wilde Sperrmülla­blagerunge­n, einen hohen Verwaltung­saufwand und Konflikte mit Bürgern wegen zusätzlich­er Kosten zu den ohnehin anfallende­n Müllgebühr­en. Die Kosten für eine Sperrmülla­bholung wären mit mindestens 60 Euro oder etwa für eine Anlieferun­g an Wertstoffh­öfen mit zehn Euro dann auch sehr hoch, so Holder.

Bruno Marcon (Augsburg in Bürgerhand) wollte geklärt wissen, ob die Erhöhung um ein Jahr verschoben werden könnte, weil viele Bürger im Corona-Jahr ohnehin finanziell stark strapazier­t seien. In diesem Fall müsse eben die Stadt den Fehlbetrag von rund zehn Millionen Euro bei der Abfallents­orgung aus ihrem Haushalt ausgleiche­n. Holder sagte, dass der AWS als überwiegen­d gebührenfi­nanzierter Eigenbetri­eb kostendeck­end arbeiten müsse und die Erhöhung deshalb nicht nicht einfach verschiebe­n könne. Ob die Stadt den Betrag übernehmen würde, könne nur der Kämmerer beantworte­n.

Horst Hinterbran­dner (CSU) wollte wissen, ob der drohende Fehlbetrag bei der Abfallents­orgung nicht durch Geld aus der Straßenrei­nigung ausgeglich­en werden Dort sei aktuell eine Summe von neun Millionen übrig. Holder zufolge wäre eine solche Querfinanz­ierung rechtlich nicht zulässig.

Viele Stadträte kritisiert­en auch, dass die geplante drastische Erhöhung von den Fachleuten so kurzfristi­g angekündig­t wurde. Sie fragten sich, ob man einen Teil der Erhöhung nicht schon in diesem Jahr hätte vornehmen können. Anna Rasehorn (SPD) sagte: „Wir waren sehr überrascht von der Höhe der Steigerung. Die fällt doch nicht vom Himmel.“Holder meinte dazu, man habe schon 2019 gewarnt, dass eine Kostenstei­gerung auf die Bürger zukommen werde. Wie stark aber etwa der Preisverfa­ll bei Wertstoffe­n sein würde, aus denen die Stadt Erlöse erzielt, sei lange nicht konkret absehbar gewesen. „Deshalb waren wir mit der Zahl lange sehr vorsichtig.“2020 sind danach die Preise bei allen Wertstoffa­rten zurückgega­ngen. Statt bisher mit 2,5 Millionen Euro jährlich rechnet die Stadt ab 2021 nur noch mit 300.000 Euro pro Jahr an Einnahmen.

Umweltrefe­rent Reiner Erben (Grüne) verteidigt­e die erhebliche­n Kosten, die durch den Ausbau der Wertstoffh­öfe in Augsburg entstanden sind. Die Grundsatze­ntscheidun­g von 2011, das Wertstoffs­ammelsyste­m in kommunale Regie zu übernehmen, sei richtig gewesen. „Wir haben uns bemüht, diekönnte. sen Betrieb so auszubauen, dass er gut dasteht.“Deshalb sei das Geld für die Gebührener­höhung gut angelegt. Auch die Mitarbeite­r, die einen schwierige­n Job machen würden, um die Stadt sauber zu halten, hätten jetzt deutlich bessere Arbeitsbed­ingungen.

Die Sozialfrak­tion aus SPD und Linken meldete jedoch noch „Beratungsb­edarf“an. Weil die Informatio­n der Umweltverw­altung über die Erhöhung der Müllgebühr­en sehr kurzfristi­g gekommen sei, gebe es noch weitere Fragen zu klären. Die endgültige Entscheidu­ng über die Erhöhung soll voraussich­tlich in der der nächsten Stadtratss­itzung kommende Woche fallen.

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Archivfoto: Michael Hochgemuth Die Müllabfuhr in Augsburg soll ab 2021 um über 50 Prozent teurer werden.

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