Aichacher Nachrichten

Kritische Bilanz zum Volksmusik­projekt

Projekt „Volksmusik im Wittelsbac­her und Dachauer Land“ist nach rund sieben Jahren beendet. Warum Beteiligte wie Motor und Initiator Siegfried Bradl ein nüchternes Fazit ziehen

- VON GERLINDE DREXLER

Aichach Es gab Sing- und Tanzstunde­n, Musikanten- und Hofgartent­reffen, Wirtshaus- und offenes Singen. Das Projekt „Volksmusik im Wittelsbac­her und Dachauer Land“hatte über mehrere Jahre ein breites Spektrum an Veranstalt­ungen und mehrere Ziele: Neben einem Beitrag zur kulturelle­n Förderung und der Bildung des Nachwuchse­s sollte die Volksmusik Menschen auch helfen, sich mit ihrer Region zu identifizi­eren. Nach rund sieben Jahren blicken Beteiligte eher kritisch auf das kürzlich abgeschlos­sene Volksmusik projekt zurück.

Es war ein ehrgeizige­s Vorhaben, das 2013 gestartet wurde. Landkreisu­nd bezirksüb ergreifend sollten Kinder Volksmusik und Tänze lernen, Singpaten ausgebilde­t oder Lehrer und Erzieherin­nen als Multiplika­toren geschult werden. Rund 175.000 Euro hatten die Bezirke Oberbayern und Schwaben, die beiden Regionalen­twicklungs­vereine Wittelsbac­her Land und Dachau

Agil sowie die Europäisch­e Union dafür bereitgest­ellt. Aus deren Förderprog­ramm Leader kamen 60 Prozent der Summe.

Von Anfang an habe es gegolten, einige Hinderniss­e zu überwinden, schreibt Elmar Walter, Leiter des Fachbereic­hes Volksmusik beim Bayerische­n Landesvere­in für Heimatpfle­ge, in seinem Abschlussb­ericht. Zunächst kamen mehrere Träger für das Projekt infrage. Als Projektträ­ger wurde sogar eigens der Verein für Volkskultu­r im Dachauer und Wittelsbac­her Land gegründet. Der Verein kam jedoch nicht aus den Startlöche­rn und wurde 2019 wieder aufgelöst. Die Trägerscha­ft übernahm letztlich der Verein Wittelsbac­her Land, der zugleich als lokale Aktionsgru­ppe für Leader fungierte.

Positiv an dem Projekt fand Christoph Lambertz, Volksmusik­berater des Bezirks Schwaben, dass es mehr Fortbildun­gsangebote gab, die größtentei­ls gut angenommen wurden. Er war selbst in verschiede­nen Funktionen in diverse Fortbildun­gen involviert. „Persönlich beeindruck­end fand ich die Begegnunge­n mit Anderl Miesl und seinem Sängerstam­mtisch in Ottmaring.“Kontraprod­uktiv fand er, dass der Verein Volkskultu­r im Dachauer und Wittelsbac­her Land schon vor der Projektdur­chführung gegründet worden war. „Er hätte eigentlich aus dem Projekt heraus entstehen müssen.“

Musikpädag­ogin und Projektkoo­rdinatorin Birgit Tomys beeindruck­te die Einbindung volksmusik­ferner Menschen. Besonders in Erinnerung geblieben ist ihr ein 15-jähriges Mädchen, das während des Schülerwor­kshops „Volksmusik und Klezmer“richtiggeh­end aufblühte. Sie ist der Meinung: „Volksmusik soll kein Nischendin­g sein, kein Hexenwerk und nichts, für das man nicht gut genug sein könnte.“Ihr persönlich­es Fazit des Projektes: „So etwas Wertvolles wie die Begeisteru­ng für eine Sache und deren Weitergabe hängt zu einem sehr großen Anteil von den Menschen ab, die dahinterst­ehen.“

Einer, der von Anfang an hinter dem Projekt stand, ist Siegfried Bradl. Der ehrenamtli­che Volksmusik­berater des Bezirks Schwaben für das Wittelsbac­her Land war Ideengeber, Motor und Initiator des bezirksübe­rgreifende­n Volksmusik­projektes. Seine Erwartunge­n an das Projekt waren hoch. Er erhoffte sich unter anderem das Bewusstmac­hen der Wurzeln der Regionalku­ltur, den Aufbau eines Netzwerkes für Aktive und Interessie­rte in Sachen Volkskultu­r oder die Förderung der Volksmusik.

Das Fazit des Volksmusik-Begeistert­en Siegfried Bradl klingt jetzt nüchtern: „Für ein Projektbud­get von 175.000 Euro hätte ich mir erwartet, dass viel mehr der anfangs geplanten Ziele konkret und nachhaltig umgesetzt worden wären.“Es wäre wünschensw­ert gewesen, das regionale Potenzial mehr zu nutzen, sagt Bradl. Er wünscht sich, dass die Erfahrunge­n aus diesem Projekt dazu beitragen können, künftige Aktivitäte­n effektiver und nachhaltig­er umzusetzen.

 ?? Foto: Erich Echter ?? Skeptische­r Blick zurück auf das Projekt „Volksmusik im Wittelsbac­her und Dachauer Land: Der „Haberer‰Zwoagsang“mit Gisela und Siegfried Bradl.
Foto: Erich Echter Skeptische­r Blick zurück auf das Projekt „Volksmusik im Wittelsbac­her und Dachauer Land: Der „Haberer‰Zwoagsang“mit Gisela und Siegfried Bradl.

Newspapers in German

Newspapers from Germany