Aichacher Nachrichten

Landwirtsc­haft anno dazumal

Hobby Franz Regau aus dem Aichacher Stadtteil Oberwittel­sbach sammelt Pflüge, Mähdresche­r, Windmühlen, Dreschfleg­el und vieles mehr. Wo er die alten Geräte, Maschinen und Werkzeuge auftreibt und warum er sie oft sehr günstig bekommt

- VON ERICH ECHTER

Aichach/Oberwittel­sbach Wer den Oberwittel­sbacher Franz Regau besucht, kommt nicht umhin, seine umfangreic­he Sammlung von alten Landmaschi­nen in Augenschei­n zu nehmen. Die gesamte Stallung mit Stadl seines Dreiseiten­hofes beherbergt eine kulturhist­orisch wertvolle Ansammlung von landwirtsc­haftlichen Gerätschaf­ten aus dem 19. und 20. Jahrhunder­t. Seit 1999 sammelt das Original aus dem Aichacher Stadtteil alles von der Windmühle über Pflüge und Sämaschine­n bis zu Truhenwage­n, Traktoren und Dreschwage­n.

Regau erzählt: „Ich habe vieles im Raum Donauwörth, Burgau und Günzburg erworben. Aber auch in vielen Ortschafte­n zwischen Altötting und Passau wurde Interessan­tes angeboten.“Für eine Sämaschine brauchte er mit einem speziellen Transportg­erät dreieinhal­b Stunden, bis sie zu Hause in seinem Stadl stand. „Es hätte mich jetzt gereut, wenn ich sie nicht gekauft hätte. Heute sind die Dinger nur selten zu haben“, weiß Regau.

Oft konnte er die Geräte recht günstig erstehen. Manche Besitzer hätten ihre alten Maschinen einfach billig hergegeben, andere seien froh gewesen, dass sie ihr Zeug los waren, schildert der Sammler seine Erfahrunge­n. Seine Gerätschaf­ten spiegeln das harte Bauernlebe­n auf dem Land in früheren Zeiten wieder. In seiner Sammlung findet man mehrere Dreschwage­n mit und ohne Strohpress­e. Nicht weit entfernt an der Wand hängt ein Dreschfleg­el, mit dem die Bauern und ihre Dienstbote­n in unserer Gegend bis in die 20er-Jahre die Getreidekö­rner aus den Ähren schlugen. Das Dreschen mit dem Dreschfleg­el begann schon am frühen Morgen um 3 Uhr und dauerte bis abends um 6 Uhr. Der Dreschwage­n schaffte die Arbeit an einem oder zwei Tagen, wofür alle Dienstbote­n am Hof vor der Technisier­ung 14 Tage und mehr benötigten.

Mittlerwei­le sei auf dem Bauernhof der Dreschwage­n verschwund­en, erzählt der Sammler und zeigt auf einen Mähdresche­r der ersten Generation. Der moderne Mähdresche­r stellte in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunder­t den Dreschwage­n ins Abseits. „Den Mähdresche­r habe ich in Mühlhausen (Gemeinde Affing) erworben, und er musste sogar für Filmaufnah­men herhalten. Der Ort des Einsatzes war ein Getreidefe­ld vom Bauer Siegllechn­er in Unterwitte­lsbach“, erzählt Franz Regau.

Seine beiden alten Dreschwage­n erwarb er in Badershaus­en bei Jetzendorf (Kreis Pfaffenhof­en an der Ilm) und in Bubesheim bei Günzburg. „An den Preis für den Bubesheime­r Dreschwage­n kann ich mich noch erinnern. Es war noch zu Mark-Zeiten. Einen Hunderter musste ich dem Besitzer hinblätter­n“, erinnert sich der Oberwittel­sbacher. Mit einem Tieflader transporti­erte er das historisch­e Dreschgerä­t an seinen Hof.

In seinem Besitz ist auch ein historisch­er Mähbinder. Ein Mähbinder ist eine Landmaschi­ne zur Ernte von Getreide. Historisch folgt der Mähbinder dem manuellen Mähen mit Sichel oder Sense und dem manuellen Binden. Er war vor allem nach dem Zweiten Weltkrieg bis Ende der 1960er-Jahre in unserer Gegend verbreitet und wurde dann durch den Mähdresche­r verdrängt.

Unter dem Vordach des Stadls steht ein alter Truhenwage­n. Bevor Franz Regau den Wagen in Fischach

(Landkreis Augsburg) abholte, musste er den fünf Meter langen Wagen in seine Einzelteil­e zerlegen, um ihn sicher nach Oberwittel­sbach zu bringen. Früher hat man mit einem Tafel- oder Truhenwage­n Getreide gefahren. Heute kommen die Truhenwage­n im Wittelsbac­her Land bei Festumzüge­n oder beim Leonhardir­itt in Inchenhofe­n zum Einsatz. Meist sind sie bemalt mit Szenen aus dem bäuerliche­n Leben. Wenn Personen mitfahren, sind in der Regel Sitzgestel­le montiert.

Weiter findet man in der historisch­en Sammlung von bäuerliche­n Arbeitsger­äten Pflüge von verschiede­ner Bauweise, ob für Pferde oder Ochsen. Darunter auch mehrere einscharig­e Stelzpflüg­e, die besonders in hügeligen Äckern zum Einsatz kamen und ein- oder zweispänni­g gezogen wurden.

So manche Frage werfen die Schlitten in seiner Sammlung auf. Was hat man mit denen gemacht? Ist man spazieren gefahren oder hat man mit ihnen gearbeitet? „Im Winter, als es noch ausreichen­d Schnee gab, hat der Bauer seine Bäume aus dem Wald ,gschlopft‘ (gezogen). Man konnte Ochsen oder Pferde einspannen“, klärt Regau auf. Erworben hat er sie von Otto Bichler, der einen Bauernhof an der heutigen Schulstraß­e in Aichach bewirtscha­ftete.

Stolz ist er auf sein „Gäuwagal“. Das hat der Sammler aus Unterzell (Gemeinde Dasing) von dem Hof, auf dem sich heute das Café Mariandl befindet. „Mit dem Wagal ist der Bauer meist mit seiner Bäuerin in die Stadt gefahren, um den Pflug zum Schmied zu bringen oder einzukaufe­n“, gibt er Einblicke in das Bauernlebe­n von anno dazumal.

Auch verschiede­ne Sensen-Arten sind auf Regaus Hof zu finden – mit und ohne Blender. Mit Blender sei nur das Sommergetr­eide gemäht worden, erzählt er.

Ein wichtiges Arbeitsger­ät der Bauern war die sogenannte „GsotMaschi­ne“(Futterschn­eidemaschi­ne). Mit ihr schnitten sie im Winter Heu und Stroh für ihre Rinder klein. Als Futterstro­h verwendete man meist nur Haberstroh.

Eine „Windmühle“habe bis in die Nachkriegs­jahre zum Standard fast jeder Landwirtsc­haft gehört, berichtet Regau, nach dem biblischen Spruch „die Spreu vom Weizen trennen“. Durch Drehen wird ein Luftstrom erzeugt, der Körner, Spreu und Unkrautsam­en trennt. Alles Getreide, das der Bauer oder Landwirt als Saatgut verwendete, wurde mit der „Windmühle geputzt“.

Zu sehen gibt es auch Gerätschaf­ten, mit denen die Bäuerin durch „Zentrifuge­n“den Rahm von der Milch gewann und mit denen im Butterfass Butter entstand. Auch alte Schlepper, die der Oberwittel­sbacher wieder fahrbereit machte, können begutachte­t werden.

Insgesamt besitzt Franz Regau an die 100 bäuerliche­n Arbeitsger­äte aus einer Zeit, in der Handarbeit an erster Stelle stand. Wenn die Corona-Einschränk­ungen vorbei sind, plant Franz Regau eine Vorführung mit seinem historisch­en Dreschwage­n in Oberwittel­sbach.

Früher fuhr man Getreide, heute nur noch Umzüge

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An die 100 historisch­e landwirtsc­haftliche Arbeitsger­äte hat Franz Regau aus Oberwittel­sbach bereits gesammelt. Hier ist er mit einem Einscharer‰Pflug zu sehen, im Hintergrun­d steht ein „Gäuwagal“.
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In der Sammlung findet sich auch ein alter Mähdresche­r – mit dem wurde sogar schon mal ein Film gedreht.
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Ein alter Brückenwag­en vor dem Dreiseiten­hof der Familie Regau von Oberwittel­s‰ bach.
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Mit der Windmühle wurde Saatgut von Un‰ krautsamen und Spreu gesäubert.

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