Neue Todesfälle im Spital
Sechs Bewohner des Aichacher Senioren- und Pflegeheims sind inzwischen an oder mit Corona gestorben. Allein am Wochenende kamen vier hinzu. Die Beunruhigung ist groß. Welche Maßnahmen nun getroffen werden
Vier weitere Menschen in Aichach sind über das Wochenende an oder mit Corona gestorben. Sie alle waren Bewohner des Heilig-Geist-Spitals.
AichachFriedberg Es ist eine Tragödie, die sich angekündigt hatte: Bei einem Reihentest im Aichacher Heilig-Geist-Spital in der vergangenen Woche wurde beinahe die Hälfte der Bewohner des Seniorenheims positiv auf Corona getestet. Eine Person war zu diesem Zeitpunkt bereits mit coronatypischen Symptomen gestorben. Eine weitere starb kurz darauf mit Corona. Trotzdem blieb die Hoffnung, dass damit das Schlimmste durchgestanden war. Dem war aber nicht so: Über das Wochenende starben vier weitere Bewohner an oder mit Corona.
Um den Ausbruch einzudämmen, hat Gesundheitsamtsleiterin Dr. Kirsten Höper verschiedene Maßnahmen getroffen. Bereits am Anfang des Ausbruchs gab sie die Anweisung, die acht Flügel des Seniorenund Pflegeheims zu jeweils voneinander getrennten Isolierstationen umzufunktionieren. In einer Pressekonferenz vergangene Woche kritisierte sie, dass das mehrere Tage nicht geschehen sei. Höper kritisierte ebenfalls, dass die Heimleitung die Meldepflicht verletzt und nicht bereits nach dem zweiten positiven Testergebnis eines Mitarbeiters das Gesundheitsamt, wie vorgeschrieben, informiert habe. Die Heimleitung war für eine Stellungnahme nicht erreichbar.
Höper hat jetzt wöchentliche Reihentests verfügt. Der nächste ist bereits an diesem Dienstag geplant. Die Gesundheitsamtsleiterin plant, so lange wöchentliche Reihentestungen vorzunehmen, bis zweimal hintereinander kein positiver Fall vorkommt. Sie betont, man verhindere eine Übertragung dann, wenn man sinnvoll isoliere.
Außerdem ist die Gesundheitsamtsleiterin dabei, einen Heimarzt zu installieren. „Für das Heim ist es wesentlich einfacher, wenn es einen Ansprechpartner gibt“, erklärt sie. Die Bewohner dürften weiterhin mit ihren Hausärzten telefonieren, aber so hätten auch alle Hausärzte und Angehörige einen festen Ansprechpartner. Die Kommunikation könne dadurch verbessert werden und weniger Personen müssten das Heim betreten. „Nachdem das ein
viel Arbeit für einen Arzt ist, wird ein Team die Aufgabe übernehmen“, so Höper.
Eine Prognose für die nächste Zeit kann die Gesundheitsamtsleiterin nicht geben. Der Ausbruch scheint noch nicht ausgestanden. „Letztendlich ist es so, dass wir das, was jetzt kommt, erstmal aushalten müssen.“Manche der positiv getesteten Bewohner hätten Symptome, die meisten nicht. „Aber man muss jetzt abwarten.“Seit den jüngsten Fällen sind keine 14 Tage vergangen. Somit ist noch nicht klar, ob die Ausbreitung des Virus gestoppt ist.
Bürgermeister Klaus Habermann (SPD) zeigte sich am Montag über die Todesnachrichten im städtischen Spital sichtlich betroffen: „Es ist einfach furchtbar, grausam.“Man habe gehofft, dass es nach den ersten Infektionen nicht zu so einem Ausbruch kommen würde. „Wenn das Virus aber einmal im Haus ist, kann man nie ausschließen, dass es sich schnell verbreitet. Und dann muss man leider mit dem Schlimmsten rechnen.“
Einige Angestellte des Spitals verbrachten die vergangenen Tage in und kehren nach Habermanns Auskunft nun „nach und nach“zurück. Ihr Ausfall wurde unter anderem durch externe Unterstützung kompensiert. So halfen in den vergangenen Tagen laut Habermann mehrere ehemalige SpitalMitarbeiter im Seniorenheim mit. „Mit dem bestehenden Personal konnten wir die Situation schultern“, sagt der Bürgermeister. Er warnt vor Hysterie, schließlich werde die Pandemie noch länger andauern. Jedoch: „Diese Todesfälle sollen allen eine Warnung sein, die Corona verharmlosen. Dieses Virus ist kein Spaß.“
Ähnlich äußerte sich Zweiter Bürgermeister Josef Dußmann (CSU) gegenüber unserer Redaktion. Die Todesfälle seien „sehr tragisch“, jedoch könne er nach derzeitigem Stand niemandem einen Vorwurf machen: „Nach allem, was wir wissen, haben alle nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt.“Die nun verstorbenen Heimbewohner des Heilig-Geist-Spitals haben nach Auskunft von Dußmann lange keinerlei Symptome gezeigt. Zum Wochenende hin habe sich ihr Gesundbisschen heitszustand dann rapide verschlechtert. „Das hängt wohl mit dem Alter und den Vorerkrankungen zusammen“, sagt Dußmann.
Wie das Virus in die Einrichtung gekommen ist, ist nach Dußmanns Auskunft noch nicht geklärt. „Da helfen auch Schuldzuweisungen nicht weiter. Das Risiko ist momentan einfach da. Das hat man im Frühjahr im AWO-Seniorenheim gesehen, und das sieht man jetzt im Spital oder im Haus an der Paar.“Auch dort, im Haus an der Paar in Aichach, waren nach ersten Infektionsfällen Reihentests veranlasst worden. Insgesamt wurden dabei acht Personen positiv getestet, dabei handelt es sich allesamt um Bewohner.
Die Sieben-Tage-Inzidenz im Wittelsbacher Land bleibt auf hohem Niveau, ist bis Montag aber leicht gesunken. Sie liegt laut Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) bei 153,73. Am Vortag war der Wert noch bei 165,61. In den vergangenen sieben Tagen wurden laut Landratsamt 259 Menschen positiv auf Corona getestet. Dem Landratsamt zufolge lieQuarantäne gen aktuell 32 Covid-19-Patienten im Aichacher Krankenhaus. Sechs werden auf der Intensivstation behandelt, vier davon müssen beatmet werden.