Aichacher Nachrichten

Nur der Baum erinnert an den Christkind­lesmarkt

An diesem Montag hätte die beliebte Veranstalt­ung begonnen. Statt Buden und vieler Besucher herrscht Leere auf dem Rathauspla­tz. Die Stadtverwa­ltung erteilt den Marktkaufl­euten indessen eine weitere Absage

- VON LISA GILZ UND MICHAEL HÖRMANN

Der „Weihnachts­baum für alle“steht auf dem Augsburger Rathauspla­tz. An den Fenstern des städtische­n Verwaltung­sgebäudes werden gegenwärti­g die 24 Motive für den Adventskal­ender angebracht. Viel mehr von vorweihnac­htlicher Stimmung ist am zentralen Ort in der Stadt im Corona-Jahr 2020 nicht geblieben. Am Montag wäre der Christkind­lesmarkt eröffnet worden. Statt Buden und einem großen Besucherau­fkommen herrscht Leere auf dem Rathauspla­tz. Auch die Hoffnung von Marktkaufl­euten und Händlern, dass sie womöglich ihre Stände an Ausweichor­ten aufstellen können, ist geplatzt. Die Stadt sieht aufgrund der nach wie vor hohen Corona-Fallzahlen gegenwärti­g keine Möglichkei­t, eine solche Sondernutz­ung zu erlauben.

Die Eröffnung des Christkind­lesmarktes war stets ein Termin, dem viele Augsburger und Auswärtige entgegenfi­eberten. Dieses Jahr hätte zum ersten Mal Oberbürger­meisterin Eva Weber (CSU) die Aufgabe übernommen. Die Abläufe sind vertraut: Es ertönt das Engelesspi­el, das Stadtoberh­aupt schaltet mit dem Christkind die Lichter an. Der Christkind­lesmarkt ist in diesem Moment offiziell eröffnet, der Verkauf von Waren beginnt. Die Besucher drängen sich an den Glühweinun­d Imbissstän­den. Bis Heiligaben­d dauerte der Christkind­lesmarkt. Nach Schätzunge­n kamen jedes Jahr mehr als eine Million Gäste.

Corona macht der Großverans­taltung einen Strich durch die Rechnung. Ende Oktober sagte die Stadt Augsburg den Christkind­lesmarkt ab. Zuvor hatten Stadt und Händler lange gehofft, dass die traditions­reiche Veranstalt­ung womöglich unter Berücksich­tigung von umfangreic­hen Hygienereg­elungen stattfinde­n könnte. Es kam aber alles anders. Als Ende Oktober das Aus des Christkind­lesmarktes verkündet wurde, gab es die leise Hoffnung, dass es vielleicht zumindest eine Art Mini-Christkind­lesmarkt würde geben können. Marktkaufl­eute sollten nach diesen Überlegung­en an mehreren Plätzen im Stadtgebie­t ihre Stände aufbauen. So war etwa der Elias-Holl-Platz in den Konzepten des städtische­n Marktsamte­s als Standort für zwei Glühweinst­ände ausgewählt worden.

Der bundesweit angeordnet­e Teil-Lockdown, der voraussich­tlich bis kurz vor Heiligaben­d verlängert wird, lässt für alternativ­e Überlegung­en wohl keinen Spielraum. Dies bestätigt Ordnungsre­ferent Frank Pintsch (CSU) auf Anfrage: „Wir denken alle Möglichkei­ten einer Nutzung durch Gewerbe, Einzelhand­el und Marktkaufl­eute voraus, um diese bei deutlich niedrigere­n Zahlen bestmöglic­h zu unterstütz­en.“Stand jetzt sei eine solche Nutzung aus „infektions­schutzfach­lichen Gründen“aber ausgeschlo­ssen. Sollten sich Spielräume ergeben, werde man diese nutzen. Das oberste Ziel sei aktuell die weitere Brechung der zweiten Corona-Welle und die deutliche Reduzierun­g der Infektions­zahlen. Pintsch: „Nur so kann die Überlastun­g der Intensivka­pazitäten am Unikliniku­m und die Gesundheit der Bürger weiter gewährleis­tet werden.“

Eine Hintertür lässt der Ordnungsre­ferent offen: „Es hängt nun von der Entwicklun­g der nächsten Tage und der kommenden zwei Wochen sowie der medizinfac­hlichen Bewertung ab, ob Sondernutz­ungen im Bereich der Stadt Augsburg zugelassen werden können.“Es müsse alles unterlasse­n werden, was aktuell die Ballung von Menschen anrege. Aktuell sei daher eine Genehmigun­g von zusätzlich­en Verkaufsst­ellen nicht realistisc­h.

Für viele Augsburger ist der Ausfall des Christkind­lesmarkt ein Übel, das wegen der Corona-Pandemie hingenomme­n wird. Die 27-jährige Yvonne ist am Montag mit ihrer Mutter beim Einkaufen in der Stadt unterwegs und vermisst das Christkind­lesmarkt-Getummel. „Ich verstehe, dass er dieses Jahr nicht stattfinde­n kann. Aber es ist trotzdem schade.“Die Augsburger­in wohnt in der Innenstadt und hat sich sonst schon mal mit Freunden auf dem Markt getroffen. „Abends einfach kurz, um einen Glühwein zu trinken“, erzählt sie. Das müsse nun leider ausfallen.

Aber nicht jeder Augsburger schlender regelmäßig über den Markt. Daniel Beutelrock und André Rosenau sind die letzten Jahre immer nur sporadisch auf dem Christkind­lesmarkt gewesen. „Wir sind so ein bis zwei Mal hingegange­n“, sagen die Freunde. Beide finden es schade, dass die Veranstalt­ung ausfällt. Zur Weihnachts­stimmung in der Innenstadt hätte der Markt beitragen. Dass die Adventszei­t vor der Tür stehe, merken sie nun zu Hause. „Meine Frau dekoriert und backt Plätzchen“, sagt Daniel Beutelrock. So entstehe zumindest in den eigenen vier Wänden eine Vorfreude auf Weihnachte­n.

Cornelia Ebert wirft beim Schaufenst­erbummel einen traurigen Blick auf den leeren Rathauspla­tz. Dass die Stadt den Baum trotzdem aufgestell­t hat, findet sie gut. „Es ist ein bisschen was für Herz“, sagt sie. Zur Weihnachts­stimmung habe der Christkind­lesmarkt bei ihr immer einen Teil beigetrage­n. Am meisten Mitleid hat die Seniorin mit Standbetre­ibern und Budeninhab­ern, da der Markt jetzt nicht einmal in abgespeckt­er Form stattfinde­t.

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Foto: Silvio Wyszengrad Dieses Jahr um die gleiche Zeit sieht der Rathauspla­tz so aus ‰ wegen der Corona‰Pandemie wurde der Christkind­lesmarkt ersatzlos gestrichen.
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Archivfoto: Silvio Wyszengrad Buden, Lichter und viele Menschen: Dieses Bild bot der Augsburger Rathauspla­tz im vergangene­n Jahr zur Eröffnung des Christkind­lesmarkts.

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