Corona bremst Kandidaten für den Bundestag aus
Wegen der Pandemielage sind die meisten Versammlungen verboten. Das trifft auch die Parteien, die jetzt im Bundestagswahlkreis Augsburg-Land nominieren wollen und wegen des Wahltermins im Herbst 2021 in Zeitnot geraten
Augsburg/AichachFriedberg Auch für die AfD machte das Landratsamt Augsburg keine Ausnahme. Mitte November wollte sie ihren Bundestagskandidaten für den Wahlkreis Augsburg-Land küren, doch die Corona-Bestimmungen und die damit verbundenen Schließungen der Gaststätten verhinderten das. Einen Antrag auf eine Ausnahmegenehmigung für die Veranstaltung in Lützelburg beschied Landrat Martin Sailer (CSU) nach Angaben des AfD-Kreisvorsitzenden Reinhard Kistner abschlägig.
Was die große Politik kann, bleibt der kleinen verwehrt. Während die Regierungschefs der 20 größten Industrienationen der Welt am Wochenende per Video konferierten, während die Grünen in Berlin einen virtuellen Bundesparteitag abhielten, ist für die Aufstellung der Bundestagskandidaten in den einzelnen Wahlkreisen persönliche Anwesenheit Pflicht. Für die Parteien, die im Bundeswahlkreis 253 Augsburg Land, zu dem weite Teile des Landkreises
Augsburg (ohne Königsbrunn und Altenmünster) sowie 16 von 24 Kommunen des Landkreises Aichach-Friedberg gehören, bedeutet das: Die Zeit wird langsam knapp.
Am komplizierten ist die Lage für die stärkste politische Kraft in der Region. Bei der CSU ist ein mehrstufiges Verfahren vorgesehen, an dessen Ende die Wahlkreiskonferenz den Kandidaten küren soll. Dass das wieder der amtierende Abgeordnete Hansjörg Durz sein soll, gilt als ausgemacht. Entsprechende Empfehlungen der Kreisvorstände gibt es schon. Doch formal müssen zuerst die Ortsverbände Delegierte bestimmen, die dann auf Kreisebene abstimmen, ehe die Bundeswahlkreiskonferenz beschließt. Das soll im April der Fall sein und bedeutet eine „Vielzahl von Sitzungen“, wie Hansjörg Durz verdeutlicht. Das
Problem: Derzeit kommt dieses Karussell gar nicht erst in Gang, weil nicht einmal Versammlungen auf Ortsebene möglich sind. Diese sollten nach den bisherigen Planungen im Dezember/Januar stattfinden. Ohne Gesetzesänderung gebe es zu den Präsenzveranstaltungen rechtlich keine Alternative, sagt Durz. Er weist aber auch auf den Zeitdruck hin. Im Juni will die CSU ihre Landesliste aufstellen, bis dahin müssen die Kandidaten aufgestellt sein.
Noch schneller soll es bei der SPD gehen. Dort solle schon im März die Landesliste verabschiedet werden, sagt der SPD-Kreisvorsitzende Fabian Wamser. Für die Genossen im Augsburger Land bedeute das: „Im Februar müssen wir durch sein.“Ob das klappt, sei eine „hervorragende Frage“. 90 Delegierte müssen sich versammeln dürfen. Derzeit gibt es zwei junge Kräfte
aus dem Landkreis Augsburg, die antreten wollen. Die SPD hatte laut Wamser diesmal ihre Mitglieder aufgerufen, Vorschläge für die Kandidaten zu machen.
Bei den Grünen hätte schon alles erledigt sein sollen. Anfang November in Haunstetten sollte die Wahl sein – die Corona-Bestimmungen verhinderten dies. Jetzt sei die Lage einigermaßen schwierig, bekennt Kreisvorsitzende Simone Linke. „Wir planen fürs neue Jahr.“In dem müssen die Grünen dann früh aus den Startlöchern kommen, weil der Landesparteitag für Ende Januar geplant ist. Bei den Grünen stimmen keine Delegierten ab, sondern die Mitglieder der beiden Kreisverbände direkt – sofern sie zur Veranstaltung kommen. Genau diese Ungewissheit macht die Organisation nun schwieriger. Rein theoretisch können nämlich um die 450 GrünenMitglieder aus beiden Landkreisen zusammenkommen. Bewerber für die Kandidatur gibt es bislang nur einen: Stefan Lindauer aus Todtenweis. Hakeleien zwischen den beiden Kreisverbänden um die Kandidatur
sind inzwischen offenbar ausgestanden. Allerdings können sich noch weitere Bewerber melden.
Schon Ende Oktober wollte die AfD ihren Kandidaten bestimmen. Doch in Königsbrunn machte das Lokal einen Rückzieher, drei Wochen später waren es in Lützelburg dann die Corona-Bestimmungen. Der Termin für den dritten Anlauf sei noch offen, sagt der Kreisvorsitzende Kistner. „Wir haben keinen Zeitdruck und werden die Nominierung dann machen, wenn die Infektionszahlen niedriger sind und deshalb auch unsere – wie es die Kanzlerin gerne nennt- vulnerablen Mitglieder ohne Bedenken zur Versammlung kommen können.“Auch bei der AfD stimmen die Mitglieder direkt ab. Kistner rechnet mit rund 80, die bei einer Veranstaltung ihr Wahlrecht wahrnehmen würden.
Der amtierende Bundestagsabgeordnete Rainer Kraft aus Langweid will wieder antreten. Weitere Bewerber sind Kistner bislang nicht bekannt. Das kann sich aber ändern. Noch am Tag der Versammlung könnte sich ein Konkurrent melden.