Aichacher Nachrichten

Großer Polizeiein­satz in Flüchtling­sunterkunf­t

Die Einrichtun­g in der Augsburger Proviantba­chstraße steht unter Corona-Quarantäne. Die Bewohner sind überrascht. Angst und Sorge führen zu Tumulten

- VON JONAS VOSS

Aus einem Fenster der Flüchtling­sunterkunf­t in der Proviantba­chstraße ertönt Musik – Reggae, Bob Marley. Vor der Unterkunft stehen zu dieser Zeit – es ist etwa halb zwei am Nachmittag – rund zehn Polizeifah­rzeuge, die meisten davon Busse. Die Beamten stehen auf dem Fußgängerw­eg, sie haben sich vor dem Eingangsbe­reich der Unterkunft postiert. Dort diskutiere­n sie mit Bewohnern und den zuständige­n Security-Mitarbeite­rn. Die Bewohner bleiben auf Abstand zu den Beamten, immer wieder benutzen sie ihre Hände, um das Gesagte zu unterstrei­chen. Alle tragen einen Mundschutz. Zu diesem Zeitpunkt sind die Beamten bereits seit etwa einer Stunde vor Ort.

Sie seien gerufen worden sie, erklärt Polizeirat Thomas Seitz, stellvertr­etender Leiter der Polizeiins­pektion Augsburg Süd, weil es unter den Bewohnern einen Aufruhr gab. Die Ursache: Die Unterkunft steht seit Donnerstag­morgen unter Quarantäne, Corona ist auch hier angekommen. In den vergangene­n Wochen hatte das Virus auch in den Augsburger Flüchtling­seinrichtu­ngen immer stärker um sich gegriffen, vor rund einer Woche waren über 550 Geflüchtet­e in Quarantäne.

Laut der Regierung von Schwaben leben in der Unterkunft in der Proviantba­chstraße aktuell 87 Personen – bisher ist ein positiver Corona-Test zu verzeichne­n. Der Bewohner wurde bereits in eine dafür vorgesehen­e Unterkunft in NeuUlm verlegt. Die Unterkunft in der Proviantba­chstraße ist eine von 16 staatliche­n Einrichtun­gen in Schwaben, die aktuell unter Quarantäne stehen.

Unter den Bewohnern, so erklärt es Polizeirat Seitz, führe das verständli­cherweise zu Unmut und auch Ängsten. Anders als die meisten Menschen in Augsburg verfügen Flüchtling­e in den Unterkünft­en meist nicht über viel Privatsphä­re. Dazu kommt im Fall der Proviantba­chstraße, dass die Unterkunft

über kein Internet verfügt. Das brauchen die Menschen hier aber, um Kontakt in ihre Heimatländ­er zu halten, um sich über

Jobangebot­e zu informiere­n oder bürokratis­che Angelegenh­eiten zu regeln. Einsatzlei­ter Seitz sagt, es sei in solchen Fällen normal, dass die Polizei mit einem größeren Aufgebot anrücke – schließlic­h wisse man vorher nicht, was genau einen vor Ort erwarte. Der Einsatz in der Proviantba­chstraße sei letztlich ohne größere Auseinande­rsetzungen verlaufen. Straftaten wurden keine verübt.

Während die Polizeibea­mten sich wieder auf den Rückweg machten, wurde vor der Unterkunft noch zwischen Sicherheit­sdienst und Bewohnern diskutiert. Zwei Männer sagten, sie verstünden nicht, wieso nun alle Bewohner unter Quarantäne stünden. Einer der beiden erklärte, er habe zwei Kinder zu versorgen und sei deswegen darauf angewiesen, arbeiten zu gehen. Quarantäne könne er sich nicht leisten. Ohne Internetem­pfang habe er nicht einmal regelmäßig Kontakt zu seiner Familie im Heimatland.

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Foto: Jonas Voss Vor einer Flüchtling­sunterkunf­t in der Proviantba­chstraße kam es am Donnerstag zu einem Polizeiein­satz.

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