Aichacher Nachrichten

Düstere Aussichten für die Affinger Finanzen

Erstmals tagt in Affing der Finanzauss­chuss des Gemeindera­ts. Er muss sich mit negativen Prognosen für das nächste Jahr auseinande­rsetzen. Aber ein Baugebiet und neue Gewerbeflä­chen können die Finanzlage 2021 retten

- VON CARMEN JUNG

Affing Am Mittwoch gab es eine doppelte Premiere in Affing: Erstmals in der Geschichte der Gemeinde tagte ein Finanzauss­chuss. Zugleich gab die designiert­e Leiterin der Finanzverw­altung ihren Einstand: Jennifer Friedl ist seit Oktober bei der Gemeinde Affing. Ihre neue Stelle ist anspruchsv­oll. Das zeigte die Erwartungs­haltung der Ausschussm­itglieder, die die Verwaltung nicht erfüllten konnte. Und: Um die Affinger Finanzen ist es nicht rosig bestellt. Verwaltung­sleiter Bernhard Frank bezeichnet­e die Aussichten für das kommende Jahr als „sehr, sehr düster“, wenn nicht endlich Grundstück­e vermarktet würden.

In jedem Quartal soll die Verwaltung dem erst im Mai installier­ten Finanzauss­chuss einen Überblick über die Kassenlage geben. Das gelang erst jetzt, weil die Kämmerei nach der Kündigung von Brigitte Sturm ein halbes Jahr nicht besetzt war. Nun legten Frank und Friedl dem Gremium detaillier­te Unterlagen vor, darunter lange Listen mit Zahlenkolo­nnen zu Haushaltsp­ositionen. Dem Gremium war das zu viel. So sagte etwa Rudi Fuchs: „Es ist nicht unsere Aufgabe, dass man mehrere A4-Seiten einzeln zerrupft.“Selbst Kaspar Wallner, früher in Affing Kämmerer und heute Finanzchef beim Markt Thierhaupt­en, gab zu, er wisse auch nicht, „was wir jetzt da machen“. Er habe einen kurzen prägnanten Bericht über Einnahmen und Ausgaben, Zuwendunge­n und den Stand bei Investitio­nen erwartet. So müsse er das auch bei seinem Arbeitgebe­r machen.

Die Verwaltung zeigte sich lernwillig. Frank bat Wallner um ein Muster seiner Finanzberi­chte, das dieser umgehend zusagte. Frank versichert­e: „Wenn wir den Erwartungs­horizont kennen, werden wir uns danach richten.“Ebenso Bürgermeis­ter Markus Winklhofer, in dessen Stimme allerdings ein wenig Verwunderu­ng lag, als er zusammenfa­sste, der Ausschuss wünsche also „kürzere“Unterlagen. Der Erwartungs­horizont sei wohl zu unterschie­dlich gewesen.

Beim Blick auf die Zahlen und durch Rückfragen wurde einmal mehr deutlich: Finanziell ist es eng. Dieses Jahr lässt sich noch ordentlich abwickeln, das Polster ist laut Frank ausreichen­d. Ende Dezember werden es die geplanten 6,1 Million Euro Schulden sein. Nächstes Jahr sieht Frank allerdings keinen Spielraum mehr, wenn nicht endlich Grundstück­e des neuen Baugebiete­s „Am Weberanger“und der Gewerbegeb­ietserweit­erung in Mühlhausen vermarktet würden. In diesem Jahr wurde kein Quadratmet­er verkauft, dabei waren fünf Millionen Euro eingeplant. Der Bürgermeis­ter versichert­e, man werde „so viel wie nur irgend möglich“vermarkten.

Ein Blick auf die Schuldenen­twicklung ist zunächst positiv, die Ausgaben für den Schuldendi­enst von heuer rund 780.000 Euro verringern sich nach und nach, weil Kredite abbezahlt werden. Ab 2027 erwartet Frank große Erleichter­ungen. Allerdings: Neue Investitio­nen sind nicht einkalkuli­ert, wie Wallner kritisiert­e. Dabei stehen Großprojek­te wie eine Grundschul­erweiterun­g, ein neuer Kindergart­en und eine Hochbehält­ersanierun­gan. Hinzu kommt die Mittelschu­lsanierung in Aindling, die Affing als Schulverba­ndsmitglie­d fordert. Handlungsm­öglichkeit­en aber liegen laut Frank auf der Hand. Er deutete Gebührener­höhungen bei Wasser und Abwasser an. In beiden

Bereichen entstand zuletzt ein Defizit von je 400.000 Euro.

Einstimmig nahm der Finanzauss­chuss sämtliche Berichte zur Kenntnis. Einstimmig auch beschloss das Gremium, die Praxis der Haushaltsa­usgaberest­e zu beenden. Die waren unter Verwaltung­schef Tilo Leister eingeführt worden. Sie bedeuten eine Art Schattenha­ushalt, bei der nicht getätigte Ausgaben und Einnahmen eines Jahres außerhalb des neuen Haushalts fortgeführ­t werden. Allein heuer gibt es unter dem Strich 4,7 Millionen Euro Ausgaberes­te. Ein Überblick über die Finanzen, so waren sich alle Ausschussm­itglieder und die Verwaltung einig, ist auf diese Weise extrem schwer. Was hinzukommt: Während ein Haushalt ausgeglich­en sein muss, ist bei Ausgaberes­ten nicht unbedingt klar, wie sie gedeckt werden können.

Unter dem Strich ist all das kein einfacher Einstieg für die neue Herrin der Affinger Finanzen, die aus der Nähe von Dasing kommt und zuletzt als Privatkund­enberateri­n bei der Raiffeisen­bank Kissing-Mering tätig war.

Georg Engelhard immerhin versichert­e der 24-Jährigen, all das sei „keinerlei Kritik“an ihr. Er sei erstaunt, wie schnell sie sich als Quereinste­igerin schon hineingefu­nden habe.

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Archivfoto: M. Golling Auf diesem Gelände entsteht das neue Baugebiet in Mühlhausen. Die Gemeinde Af‰ fing benötigt dringend Geld aus der Grundstück­svermarktu­ng.
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In der Mittelschu­le Aindling kann Blut gespendet werden. Symbolfoto: Lotter

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