Märchenstunde im Stadtmuseum
Aktion Weihnachtsmärkte und größere Adventstreffen fallen in diesem Jahr wegen Corona aus. Stattdessen bietet die Stadt Aichach einen virtuellen Adventskalender an. So wird gedreht
Aichach Es war einmal vor gar nicht allzu langer Zeit in einem weit entfernten Land... Märchen und Erzählungen transportieren seit jeher Menschen an einen anderen Ort. In diesem Jahr ist das vielleicht wichtiger als sonst. Für kurze Zeit in eine weihnachtliche Welt ohne Corona eintauchen. Die Geschichte, die Josef Moser vorliest, handelt von zwei Kindern, die auf den Nikolaus warten. Um die Zeit zu verkürzen, erzählt der Vater ihnen vom Heiligen Nikolaus. Eine Geschichte in der Geschichte. Dass der 13-jährige Josef im Stadtmuseum sitzt und vorliest, ist Teil eines Projekts.
Das Video mit seiner Erzählung wird im Laufe des Advents auf der Internetseite der Stadt veröffentlicht. Täglich soll eine Geschichte weihnachtliche Stimmung in die Aichacher Wohnzimmer bringen. Und nebenbei die Wartezeit aufs Christkind verkürzen. Josefs Geschichte wird am 6. Dezember hochgeladen, pünktlich zum St. Nikolaus. Seine elfjährige Schwester Theresa Maria Moser liest ebenfalls eine Geschichte vor: für den 7. Dezember. Die beiden Jugendlichen sind Mitglieder des Jungen Volktheaters. Ihre Mutter Beate Moser freut sich über das Projekt: „Wenn schon kein Theater geht, dann ist so etwas doch schön“, sagt sie. Die Bühnenerfahrung merkt man den Jugendlichen an. Ruhig sitzen sie vor der Kamera und lesen vor. Theresa Maria sagt, sie kann ihre Geschichte schon fast auswendig: „Wir haben sie jeden Abend zwei, drei Mal gelesen.“Die beiden reihen sich in eine prominente Gruppe von Aichachern ein, die für den Kalender vorlesen.
Neben Bürgermeister Klaus Habermann lesen unter anderem Künstler der Gruppe AIC Creativ, die Nikoläuse und die Pfarrer vor. Gedreht wird in verschiedenen Räumen des Stadtmuseums. Die Idee für das Projekt hatte Ulrike FischerMayerle, die ehrenamtliche Museumsmitarbeiterin und Stadtführerin ist. Ihre Stadtführerkollegin und „Stadthexe“Sabine Dauber war sofort davon begeistert. Da sie Videoausrüstung zu Hause hat, übernimmt sie den Dreh der Erzählungen. Dauber sagt, das Projekt mache viel Spaß. „Dass die Geschichten schön präsentiert sind, ist eine Riesenherausforderung“, gibt sie zu.
In der Woche vor dem ersten Advent nimmt Dauber nicht nur die gut die Hälfte der Erzählungen auf. Sie spielt auch die Vorspannmelodie ein, zusammen mit Ulrike FischerMayerle, Angelika Man aus dem Kulturbüro Aichach, Musicaldarstellerin Janina Schmaus und Museumsdirektor Christoph Lang. Letzterer hat die Musik dafür eigens komponiert. „Es soll ein bisschen nach Märchen, nach Weihnachten und auch nach Aichach klingen“, erzählt der Museumsleiter. Mit zwei Hackbrettern, einem Akkordeon, einer Querflöte und einer Gitarre ist die Besetzung eher außergewöhnlich. Aber wie auch bei den Geschichten, ist die Besetzung des Musikvorspanns spontan abgelaufen. Bei der Probe vor der Aufnahmen wird viel gelacht und viel ausprobiert. „Die Chemie unter den Beteiligten stimmt“, sagt Sabine Dauber. Sie ist begeistert, dass das Projekt in wenigen Wochen geklappt hat. Sie habe selten erlebt, dass es „so rund geht“. Von der Stadt sei viel Unterstützung da. Angelika Man beispielsweise hat passende Geschichten zum Vorlesen rausgesucht.
Museumsdirektor und Stadtarchivar Lang freut sich auch darüber, dass das Stadtmuseum die Kulisse für die Weihnachtsgeschichten ist. „Es ist wichtig, das Museum in der Stadtgesellschaft zu verankern“, sagt Lang. Ein Museum sei immer auch eine Kulisse. „Ein Teil dessen, was den Besuchern gefällt, ist die Aura des Raumes“, erklärt er.
Theresa Maria hat sich sehr über ihre „Kulisse“gefreut. Sie darf in einem historischen Heuwagen liegen und vorlesen. Sie strahlt, als ihr erlaubt wird, auf das Museumsobjekt zu klettern. Dabei knarzt es immer wieder gefährlich, aber am Ende klappt das Vorlesen ganz ohne Probleme. In Josefs Nikolausgeschichte spiele Weizensäcke eine wichtige Rolle, deswegen liest er umgeben von Leinensäcken vor. Allerdings wird die Kulisse auch angepasst. Ein Sack, auf dem Aichach steht, wird vor dem Dreh vor einen anderen gestellt, auf dem eigentlich Sielenbach zu lesen war. „Es geht ja hier um den Aichacher Advent“, sagt Stadthexe Dauber verschmitzt. Josef liest seine Geschichte sicher vor. Und am Ende geht – natürlich – alles gut. Das Warten hat sich gelohnt und der Nikolaus steht vor der Türe.
Der digitale Adventskalender ist Teil des Adventsprogramms der Stadt Aichach. Während der Adventszeit wird täglich ein neuer Film auf dem YouTube Kanal der Stadt und auf der städtischen Internetseite unter www.aichach.de/adventsgeschichten veröffentlicht.