Aichacher Nachrichten

Anbau entzweit den Stadtrat

Stadtentwi­cklung Sollen die Pläne für die Erweiterun­g des Verwaltung­sgebäudes in Aichach abgeblasen oder verschoben werden? Die knappe Entscheidu­ng lautet: Es wird gebaut

- VON JOHANN EIBL

Aichach Die Debatte war lang, pro und contra hielten sich in etwa die Waage. Daher war es keine Überraschu­ng, dass die Abstimmung über das wichtigste Thema bei der Aichacher Stadtratss­itzung am Donnerstag denkbar knapp ausfiel. 15 Kommunalpo­litiker entschiede­n sich dafür, die Planungen für die Erweiterun­g des Verwaltung­sgebäudes an der Martinstra­ße stufenweis­e voranzutre­iben und zunächst die Leistungsp­hasen 5 und 6 in Auftrag zu geben. 14 Ratsmitgli­eder votierten dagegen. „Mit 15:14 so beschlosse­n“, stellte Bürgermeis­ter Klaus Habermann fest. Der Bauausschu­ss hatte kürzlich beschlosse­n, dass sich das Plenum mit der Angelegenh­eit befassen sollte.

Der Bauantrag ist inzwischen zur Genehmigun­g beim Landratsam­t eingereich­t worden. Habermann hatte sich wiederholt in die Diskussion eingeschal­tet, vor allem dann, wenn er den Eindruck gewonnen hatte, er müsste Darstellun­gen widersprec­hen. „Wir wollen nichts Luxuriöses“, versichert­e er. Auf der Wunschlist­e steht beispielsw­eise ein „vernünftig­es Trauungszi­mmer“. Habermann wagte einen mutigen Blick einige Jahre voraus, wenn der Anbau fertig sei: „Dann werden alle sagen: Das ist klasse geworden.“Eine Grundstein­legung im kommenden Jahr komme nicht in Betracht, hieß es mehrfach. Theoretisc­h könnten die Arbeiten im Frühjahr 2022 beginnen.

Erol Duman (BZA) hätte sich eine andere Vorgehensw­eise gewünscht: „Bei der Sparkasse in der Stadtmitte sind die oberen zwei Stockwerke frei.“Hier ginge es um rund 1400 Quadratmet­er. Duman: „Das würde für uns reichen.“Er rechnete vor, dass man hier mit gut drei Millionen Euro einen ähnlichen Effekt erzielen könnte wie beim Anbau, den er insgesamt mit über zehn Millionen Euro taxierte. Josef Dußmann (CSU) unterstric­h den Raumbedarf der Stadtverwa­ltung, die aktuell in vier Häusern angesiedel­t sei. In manchen Räumen seien mehr Mitarbeite­r untergebra­cht als erlaubt.

„Wir ziehen heute die Reißleine“, erklärte Marion Zott (Grüne) und verwies auf eine Vielzahl anderer Aufgaben wie Kindergärt­en und Ganztagsbe­treuung der Schulkinde­r. Sie riet dazu, Räume anzumieten und wünschte sich eine Planung, in der das Arbeiten zu Hause berücksich­tigt werde. „Ich möchte nicht sagen, dass wir den Platz nicht brauchen“, war von Sabine Kreitmeir (Grüne) zu hören: „Ich fände es sehr schade, wenn ein solches Gebäude an dieser Stelle steht.“Die Pläne zur Architektu­r missfielen ihr.

„Jeder muss sparen“, gab Patrick Kügle zu bedenken: „Wir stellen das teuerste Verwaltung­sgebäude Deutschlan­ds hin.“Problemlos könne man sich stattdesse­n irgendwo einmieten. Kristina Kolb-Djoka (SPD) nahm Bezug auf ihren Vorredner: „Ich hoffe, dass dieser Egoismus

vom Kollegen bald ein Ende hat. Es ärgert mich maßlos.“Für sie stand ein „nötiger Bau“zur Debatte. Das sollte man so weitertrag­en.

Lothar Bahn brachte seine Hoffnung zum Ausdruck, „dass wir das Projekt zumindest verschiebe­n“. Er blickte zurück auf die finanziell­e Entwicklun­g, die seit dem Februar bei 6,8 Millionen Euro stehe. Für einen Zeitraum von ein, zwei Jahren sollte man sich mit Mietlösung­en zufrieden geben. Abwarten und erst mal die neue Finanzlage einschätze­n – dazu riet Bettina Stief (FWG). Heute sollte man keine Leistungsp­hasen vergeben, verlangte Georg Robert Jung (FWG): „Wir haben keine Kenntnis, was 2022 oder 2021 in unserem Haushalt los sein wird.“Er wollte nicht von der Hand weisen, dass am Ende Kosten im zweistelli­gen Millionenb­ereich stehen werden; das würde zu einer hohen Kreditaufn­ahme führen.

Magdalena Federlin (Grüne) kritisiert­e „einen Betonbau aus der 70er-Jahren“. Man sollte abweichen von dem „massiven Betonklotz“. Brigitte Neumaier (SPD) vertrat die Auffassung, wer A sagt, der sollte auch B sagen: „Ich kann mich nicht einfach ins Schneckenh­aus zurückzieh­en.“Helmut Beck (CSU) äußerte sich so: „Ich finde es außerorden­tlich schade, dass sich der Stadtrat so entzweit.“Das Projekt sei gut für die Stadt, die Verwaltung und auch für die Bürger. Auf eine Mitteilung aus dem Bayerische­n Finanzmini­sterium bezog sich Erich Echter (CWG). Demnach kommen auf die Kommunen im Freistaat Verluste bei der Steuereinn­ahmen in einer Höhe von zwei Milliarden Euro zu: „Das wird auch an Aichach nicht vorbeigehe­n.“Heute sollte man die Angelegenh­eit verschiebe­n, riet Marc Sturm (FWG), es aber nicht endgültig ablehnen. Hermann Langer (CSU) kann sich nicht vorstellen, dass man in einigen Jahren billiger bauen könne: „Es wird ein Stimmungsb­ild gezeichnet, als wenn die Stadt übermorgen pleite wäre.“

SPD‰Rätin sagt:

„Das ärgert mich maßlos“

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Foto: Erich Echter (Archivfoto) Das Verwaltung­sgebäude am Aichacher Tandlmarkt wird, wie geplant, erweitert. Das bestätigte jetzt der Aichacher Stadtrat.

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