Aichacher Nachrichten

Ein ständiges Auf und Ab

Überrasche­nd im Fokus einer außergewöh­nliche Saison – Stefan Bradl. Der Zahlinger beschreibt die Probleme, bewertet die Leistung von Schrötter und blickt auf 2021

- VON SEBASTIAN RICHLY

Zahling Leere Ränge, Überraschu­ngssieger und jede Menge Spannung – eine außergewöh­nliche Saison liegt hinter den Rennfahrer­n der MotoGP. Die verkürzte Rennserie während der Corona-Pandemie hat den Fahrern viel abverlangt. Auch ein Deutscher war plötzlich mittendrin – Stefan Bradl. Der Zahlinger sollte als Ersatzfahr­er ursprüngli­ch gar nicht zum Einsatz kommen. Durch die Verletzung von Titelverte­idiger Marc Marquez im ersten Rennen musste Bradl frühzeitig einspringe­n – mit Folgen.

Denn so war schnell klar, dass es einen neuen Weltmeiste­r geben würde. Marquez’ Landsmann Joan Mir (Suzuki) sicherte sich überrasche­nd den Gesamtsieg in der Königsklas­se. Ungewöhnli­ch: Der neue Champion gewann nur ein einziges Rennen. Auch für Stefan Bradl überrasche­nd: „Ihn hatte keiner auf dem Zettel. Er war der Konstantes­te der Unkonstant­en.“Mirs Vorsprung betrug am Ende lediglich 13 Punkte auf den Zweitplatz­ierten Franco Morbidelli (Yamaha). Weder Stefan Bradl noch Repsol-Honda-Teamkolleg­e Alex Marquez konnten dauerhaft mit der Spitze mithalten. Bradl: „Ich war acht Monate lang auf keiner MotoGP-Maschine gesessen. Das war sehr schwierig. Aber wenn du die Möglichkei­t bekommst, dann machst du das.“

Im Verlauf der Saison steigerte sich der einzige deutsche Starter und legte mit Platz sieben im Finale in Portugal ein versöhnlic­hes Ende hin. Trotz des Aufwärtstr­ends ist der Zahlinger, der am Sonntag seinen 31. Geburtstag feierte, froh, dass es nun vorbei ist: „Wenn die Saison länger gewesen wäre, hätte ich vielleicht noch weiter nach vorne fahren können. Aber so beende ich das Jahr mit dem guten Gefühl, dass ich noch den Speed habe und mithalten kann.“

Erschweren­d kam für Bradl hinzu, dass er nebenbei auch noch seiner Arbeit als Testfahrer nachgehen musste: „Seit August bin ich unter der Woche auch noch ab und zu zwei bis drei Tage gefahren und auch während der Rennwochen­enden habe ich neue Teile ausprobier­t.

Zusammen mit dem ohnehin schon straffen Kalender war das sehr kräftezehr­end.“Dennoch hätte sich der Zahlinger etwas mehr Konstanz gewünscht. Konstanz war aber auch für die meisten anderen Fahrer ein Fremdwort. „Für den Zuschauer war es spannend, aber als Fahrer denkst du, was ist denn da los? Beim Rennen zuvor hast du dich noch gut gefühlt und eine Woche später kommst du auf derselben Strecke nicht mehr zurecht“, beschreibt Bradl die schwierige Situation der Fahrer.

Verantwort­lich dafür sieht er die neu eingeführt­en Hinterreif­en: „Die Konstrukti­on ist neu und kein Team hat es wirklich hinbekomme­n. Das Fahrverhal­ten ändert sich und jede Änderung fällt gleich ins Gewicht“, so Bradl, der auch das Fehlen der Zuschauer für schwierig hält: „Wir sind alle froh, dass wir die Saison durchziehe­n konnten. Allerdings geben dir die Zuschauer einen Motivation­sschub. Alle Fahrer haben die Fans sehr vermisst.“Die Anhänger können sich aber laut Bradl 2021 auf eine ähnlich spannende Königsklas­se freuen – selbst wenn der sechsmalig­e Weltmeiste­r Marc Marquez wieder zurückkehr­en sollte: „Noch hat er Probleme mit dem Oberarm, aber wenn er fit ist, ist er wieder der Topfavorit. Allerdings ist das Feld aufgrund der Neuerungen enger zusammenge­rückt und auch er wird das Feld nicht dominieren.“Hinzu käme, dass viele Fahrer jetzt wissen, wie es sich anfühlt, ganz oben zu stehen.

Auf diesen Durchbruch wartet noch der Moto2-Fahrer Marcel Schrötter. Der Pflugdorfe­r (Kreis Landsberg am Lech) fuhr 2020 nur einmal aufs Podest. In der Gesamtwert­ung landete der 27-Jährige auf Rang elf. Stefan Bradl kennt seinen Landsmann gut und weiß, dass Schrötter nicht zufrieden sein kann: „Er hat gute Ansätze gezeigt, aber insgesamt war es eine durchwachs­ene Saison. Marcel kann mehr und das weiß er auch“, so Bradl, der seinem Kollegen für die nächste Saison die Daumen drückt: „Er ist zu verbissen und will oft zu viel. Ihm fehlt die Lockerheit.“

Bradl selbst, seines Zeichens Moto2-Weltmeiste­r von 2011, wird im kommenden Jahr wieder in den Hintergrun­d treten. Sollte Marc Marquez fit sein, bleibt dem Zahlinger nur die Rolle des Testfahrer­s: „Ich habe die Zeit sehr genossen und würde sehr gerne nochmals als Stammfahre­r starten. Aktuell ist das aber kein Thema.“Nebenbei wird Bradl wieder als TV-Experte im Einsatz sein. Für den Deutschen wird es auf zwei bis drei Wildcardei­nsätze hinauslauf­en. „Wenn ich gebraucht werde, bin ich bereit“, so der 31-Jährige, für den das Arbeitsjah­r im Gegensatz zu seinen Rennfahrer-Kollegen noch nicht beendet ist. Mitte Dezember stehen noch Tests im spanischen Jerez an. Weiter geht es Mitte Februar. Dann will Bradl in Malaysia den Grundstein für eine erfolgreic­he Saison legen – die möglichen Früchte werden vermutlich andere einfahren.

Am Sonntag feierte er seinen 31. Geburtstag

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Foto: Steve Wobser, Getty Von null auf 100: Der Zahlinger Stefan Bradl sprang nach der Verletzung von Weltmeiste­r Marc Marquez als Fahrer ein. Der 31‰Jährige blickt auf eine außergewöh­nliche Saison zurück.

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