Aichacher Nachrichten

Der Innenstadt fehlt die Laufkundsc­haft

Die Zahl der Passanten ist gegenüber dem Vorjahr deutlich geringer. Geschäfte berichten von massivem Umsatzrück­gang, auch am ersten Adventswoc­henende. Eine Branche trifft es besonders hart

- VON MICHAEL HÖRMANN

Es ist kein guter Eindruck, den Kunden und Händler am Samstag in Augsburg gewannen: Zum Start des Weihnachts­geschäfts war in der Innenstadt und in Geschäften deutlich weniger los als in früheren Jahren. Vor der City-Galerie bildeten sich dennoch Schlangen, allerdings nicht wegen der vielen Menschen, sondern wegen der Corona-Pandemie und damit verschärft­en Regelungen. Wie tief die Einschnitt­e sind, belegen Zahlen: Eine elektronis­ch erfasste Zählung von Passanten zeigt, wie wenig gegenüber dem ersten Adventssam­stag im Vorjahr los gewesen ist. Am Samstag waren in der Bürgermeis­ter-Fischer-Straße den gesamten Tag über knapp 22.000 Passanten unterwegs, im Vorjahr dagegen fast 53.500 Personen. Dass die Laufkundsc­haft fehlt, spüren Geschäftsl­eute in den Kassen. Der Umsatzrück­gang, klagen Einige, sei massiv.

Marcus Vorwohlt, Chef des Modehauses Rübsamen in der Karolinens­traße, sagt: „Der erste Samstag war schlecht. Der Umsatz lag bei minus 40 Prozent.“Die Entwicklun­g der zurücklieg­enden Wochen habe sich damit fortgesetz­t. Vorwohlt, der zudem in der City-Galerie mit einer Filiale vertreten ist, sieht Bilder von Warteschla­ngen vor dem Einkaufsce­nter als nicht unbedingt verkaufsfö­rdernd: „Wir befürchten, dass dies abschrecke­nd wirkt und noch weniger Kunden kommen.“Hoffnung mache allerdings, dass die Kunden sehr verständni­svoll seien.

Andreas Gärtner vom schwäbisch­en Einzelhand­elsverband sagt, dass die Bilder von Warteschla­ngen vor großen Geschäften und in Einkaufsce­ntern nicht überrasche­nd kämen. Der Handelsver­band hatte davor gewarnt, die Regelungen für die großen Häuser zu verschärfe­n. Bundesweit gilt ab 1. Dezember, dass sich in Geschäften mit mehr als 800 Quadratmet­ern Verkaufsfl­äche umgerechne­t ein Kunde auf 20 Quadratmet­er aufhalten dürfe. Bei kleineren Geschäften unter 800 Quadratmet­er Verkaufsfl­äche seien es weiterhin zehn Quadratmet­er pro Kunde. Wegen der hohen Corona-Fallzahlen im Stadtgebie­t hatte die Stadt Augsburg die Verschärfu­ng vorgezogen. Gärtner meint: „Die Bilder nehmen womöglich vielen Menschen die Lust und Freude am Weihnachts­einkauf in der Stadt.“Es sei nicht ausgeschlo­ssen, dass mancher Kunde den Einkauf frustriert abgebroche­n habe.

In der Branche heißt es längst, dass der stationäre Handel von den verschärft­en Corona-Regelungen massiv getroffen werde. Der Onlinekauf werde profitiere­n, wobei es für statistisc­he Zahlen noch zu früh sei. Von den Unternehme­n, die im Verband organisier­t sind, habe er die Rückmeldun­g erhalten, sagt Gärtner, dass die Umsätze am Wochenende zumindest deutlich besser waren als in den Vorwochen: „Vom Weihnachts­geschäft wie in den Vorjahren sind wir aber weit entfernt.“Dass speziell im Modesektor die Geschäfte nur sehr schleppend laufen, sei ebenfalls bekannt.

Für das Marketing, wozu die Werbung fürs Einkaufen in Augsburg gehört, ist die Abteilung Augsburg Marketing zuständig. Deren Leiter Ekkehard Schmölz sagt: „Schlangen vor den Geschäften waren eher die Ausnahme.“Händler sprechen aber auch nach seinen Worten von einem sehr ruhigen ersten Weihnachts­samstag.

Die Stimmung sei eher verhalten, viele Verbrauche­r seien weiterhin sehr verunsiche­rt. Ein Aspekt sei nach den Rückmeldun­gen von Händlern ebenfalls zu berücksich­tigen: Kleine Läden hätten oft das Problem, dass die Leute vor dem Laden lange in der Kälte warten müssen. Zwischen 40 und 50 Prozent seien die Umsätze schlechter gewesen als im Vorjahr.

Dass es über die Passantenf­requenz in der Innenstadt Zahlenmate­rial gibt, liegt am Unternehme­n Hystreet. Es wertet bundesweit Daten aus. In Augsburg erfolgen die Zählungen per Sensor in der Annastraße und in der Bürgermeis­ter-Fischer-Straße. In der Bürgermeis­ter-Fischer-Straße, in der unter anderem Wöhrl, Schuh Schmid und Galeria Karstadt Kaufhof angesiedel­t sind, ist immer etwas mehr los als im anderen Teilbereic­h der Fußgängerz­one. Die des zurücklieg­enden Freitags (24.300

Passanten) und Samstags (21.700) waren die höchsten Werte im November. Um diese Zahlen im Corona-Jahr 2020 einzuordne­n, ist ein Blick auf den bislang besucherst­ärksten Tag in der Bürgermeis­ter-Fischer-Straße nötig: An einem Samstag Mitte Februar wurden 35.900 Personen registrier­t. Dies war kurz vor den Corona-Einschränk­ungen, die seit Frühjahr das öffentlich­e Leben beeinfluss­en. Der stärkste Tag im Jahr 2019 war ein Freitag. Mehr als 61.000 Personen waren damals unterwegs. Es war der Tag der langen Einkaufsna­cht. Sie war auch für vergangene­n Freitag eingeplant gewesen. Im Corona-Jahr musste der Termin jedoch ausfallen.

Die nochmals verschärft­en Regelungen im Handel gelten in den nächsten Wochen. Für die Händler sei dies eine große Herausford­erung, sagt Verbandsve­rtreter Gärtner, speziell im stationäre­n Handel.

Es müsse trotz aller widriger Umstände gelingen, einladend für den Kunden zu sein: „Viele Betriebe haben bereits neben verstärkte­n digitalen Angeboten zusätzlich­e Servicelei­stungen wie verlängert­e Öffnungsze­iten mit Terminvere­inbarung sowie Telefon-, Video- und Whatsapp-Beratung eingeführt.“Marcus Vorwohlt sieht gegenwärti­g wenig Möglichkei­ten, aus der vertrackte­n Situation herauszuko­mmen: „Man kann nur an Kunden appelliere­n, verstärkt unter der Woche zu kommen.“

Zumindest in einem Punkt scheint die Innenstadt seit Freitagabe­nd bei den Passanten gepunktet zu haben. Die Weihnachts­beleuchtun­g in der Innenstadt stößt auf positive Resonanz, glaubt Schmölz: „Die Idee, hiermit auch ein wenig auf die schwierige Lage des Handels aufmerksam zu machen, und gleichzeit­ig auch die Kundschaft ein wenig aufzumunte­rn, ist aufgegange­n.“

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Foto: Annette Zoepf Die Weihnachts­beleuchtun­g, zu der auch angestrahl­te Fassaden zählen, kommt gut an. So wie hier in der Annastraße. Allerdings sind wegen der Corona‰Einschränk­ungen deutlich weniger Menschen unterwegs als im Vorjahr.

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