Aichacher Nachrichten

Huckepack‰Fahrt endet vor Amtsrichte­r

Ein 18-jähriger Radler lässt sich von einem Autofahrer mitziehen und stürzt. Dieser landet wegen fahrlässig­er Körperverl­etzung und Unfallfluc­ht vor dem Amtsgerich­t Aichach. Der Richter nennt die Aktion „saugefährl­ich“

- VON GERLINDE DREXLER

Aichach Ein schnellere­s Heimkommen versprach sich ein 18-Jähriger aus dem nördlichen Landkreis Aichach-Friedberg, als er sich nachts mit seinem Fahrrad an das Auto seines 22-jährigen Freundes hängte. Doch die Huckepack-Fahrt endete nach ein paar Hundert Metern mit dem Sturz des Radlers. Der Autofahrer stand nun vor dem Aichacher Amtsgerich­t. Er hatte gegen einen Strafbefeh­l über 1600 Euro (40 Tagessätze zu je 40 Euro) und drei Monate Fahrverbot wegen fahrlässig­er Körperverl­etzung und Unfallfluc­ht Einspruch eingelegt.

Zusammen mit ein paar Freunden hatte der 18-Jährige im Juli vergangene­n Jahres an einem See gefeiert und dabei offenbar die Zeit vergessen. Um noch pünktlich heimzukomm­en, bekniete er den 22-jährigen Augsburger, ihn auf seinem Fahrrad am Auto mitzuziehe­n. Der

sagte aus: „Zuerst hat es ihm nicht gepasst. Ich musste ihn überzeugen.“Schließlic­h hielt er sich auf der Fahrerseit­e am Fenster fest und ließ sich von dem Angeklagte­n mitziehen.

Das bestätigte der 22-Jährige mehr oder weniger. Er habe dem Radler immer wieder gesagt, dass er loslassen solle, sagte er aus. Statt einfach anzuhalten, fuhr er aber trotzdem mit dem Radler im Schlepptau weiter. Als ihm nachts auf einer schmalen Kreisstraß­e ein Auto entgegenka­m, versuchte der Angeklagte laut eigener Aussage auszuweich­en. Der Radler schilderte, was dann passierte: „Es hat meinen Lenker gedreht und dann hat es mich überschlag­en.“Er zog sich dabei einige Schürfwund­en zu.

Die Autofahrer­in habe angehalten und gefragt, ob es ihm gut gehe, sagte der 18-Jährige. Ob er ihr damals seine Personalie­n gab, wusste er vor Gericht nicht mehr. Seit dem Unfall habe er Gedächtnis­lücken, sagte er. Die Strecke, die sein Freund ihn mit dem Auto mitzog, schätzte er auf 300 bis 400 Meter. Der Angeklagte sagte aus, dass er „nicht mehr als 100 Meter geschliche­n“sei. Er gab zu, dass er der Autofahrer­in keine Angaben zu seiner Person gemacht hatte. Vor Gericht begründete er das damit, dass sie sich ja mit dem 18-Jährigen unterhalte­n und außerdem sein Autokennze­ichen aufgeschri­eben habe.

Die Autofahrer­in hatte der Polizei geschilder­t, dass sie von dem Radler gestreift worden sei, woraufhin er gestürzt sei. An ihrem Auto entstand ein Schaden von 100 Euro. Die von ihr gerufene Polizei fand anhand ihrer Angaben nicht nur den Autofahrer, sondern auch den Rad18-Jährige ler. Beide waren nicht mehr ganz nüchtern. Bei dem 18-jährigen Radler ergab eine Blutentnah­me 1,1 Promille. Der 22-jährige Autofahrer hatte 0,87 Promille.

Die Vertreteri­n der Staatsanwa­ltschaft, Hatice Yildirim, rechnete dem Angeklagte­n an, dass er alles zugegeben hatte und der Schaden gering war. Sie plädierte für die in dem Strafbefeh­l genannte Geldstrafe von 1600 Euro (40 Tagessätze zu je 40 Euro) sowie das dreimonati­ge Fahrverbot.

Ihr Mandant hätte anhalten können, statt den anderen mitzuziehe­n, räumte Verteidige­rin Alexandra Gutmeyr ein und stellte die rhetorisch­e Frage: „Ob das Hirn in dem jungen Alter immer so funktionie­rt, wie es soll?“Die Verletzung­en hätte der 18-Jährige selbst zu verantwort­en. Ihrer Meinung nach war der ganze Vorfall „maximal 20 Tagessätze zu maximal 30 Euro wert“, also 600 Euro. Die Verteidige­rin sprach sich für ein Fahrverbot von „maximal einem Monat“aus. Ihre Anregung, das Verfahren gegen ihren Mandanten – ebenso wie das gegen den Radler – einzustell­en, lehnten Richter und Staatsanwa­ltschaft ab.

„Saugefährl­ich“fand Richter Hellriegel es, ein Fahrrad mit dem Auto nachzuzieh­en. Auf der anderen Seite hielt er dem Angeklagte­n zugute, dass er sich in einer Drucksitua­tion befunden hatte, weil der 18-Jährige einfach nicht klein beigegeben hatte. Er halte angesichts des Gesamtgesc­hehens 30 Tagessätze für angemessen, so der Richter. Als Tagessatzh­öhe legte er 40 Euro fest. Die Geldstrafe beträgt somit 1200 Euro. Der Richter verhängte ein einmonatig­es Fahrverbot. Seine Begründung: „Es muss klar sein, wenn man bewusst gewisse Gefährlich­keiten im Straßenver­kehr eingeht, dass es dann auch Konsequenz­en hat.“Das Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig.

Die Beteiligte­n waren nicht mehr ganz nüchtern

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