Aichacher Nachrichten

Corona‰Impfung: Hausärzte teils schon am Limit

Viele Patienten hoffen auf die Spritze beim Hausarzt. Doch zahlreiche Praxen stoßen bei den Anfragen bereits an ihre Kapazitäts­grenzen. Für Menschen ab 60 Jahren plant der Landkreis am Sonntag eine Sonderimpf­aktion

- VON NICOLE SIMÜLLER

Aichach‰Friedberg Seit drei Wochen impfen im Landkreis AichachFri­edberg nicht mehr ausschließ­lich die Impfzentre­n und die mobilen Teams gegen Corona, sondern auch die Hausärzte. Doch schon jetzt stoßen viele Praxen an ihre Kapazitäts­grenze. Warum das so ist und was das für Patienten bedeutet, darum ging es am Mittwoch bei der wöchentlic­hen Corona-Pressekonf­erenz – ebenso wie um eine Sonderimpf­aktion für Landkreisb­ewohner ab 60 Jahren am nächsten Sonntag.

Dr. Andreas Ullmann schilderte, vor welche Herausford­erungen die Corona-Impfungen viele Arztpraxen stellten. Ullmann ist Geschäftsf­ührer des Zentrums für Allgemeinm­edizin in Aichach und als ärztlicher Koordinato­r eine Art Bindeglied zwischen Landkreis und niedergela­ssenen Ärzten. Er berichtete von einer Umfrage unter 35 hausärztli­ch tätigen Praxen im Landkreis. Drei Viertel hätten auf die Umfrage geantworte­t: Alle von ihnen bieten Corona-Impfungen an – ebenso wie einige Facharztpr­axen.

„Mehr als ein Drittel der Hausarztpr­axen sind jetzt schon an der Kapazitäts­grenze“, so Ullmann. Das

Personal sei am Anschlag, die Praxen voll – nicht nur mit Covid-Patienten, sondern vor allem mit Patienten mit anderen Erkrankung­en. Zudem hätten die Praxen immer wieder Personalau­sfälle zu verkraften, weil Mitarbeite­r vorsorglic­h in Quarantäne geschickt werden müssten.

Was die Arbeit der Hausärzte gewaltig erschwere, seien die nicht planbaren Impfstoffl­ieferungen, so Ullmann. Bis Dienstagmi­ttag müssten niedergela­ssene Ärzte den Impfstoff bestellen. Maximal 36 Impfdosen Biontech und 50 Impfdosen AstraZenec­a dürften sie jeweils ordern. Oft erhielten sie deutlich weniger. Lediglich 18 Impfdosen Biontech und zehn Dosen AstraZenec­a seien ihnen sicher. Wie viel sie bekommen, erfahren sie donnerstag­s. Dann verständig­en die Praxen die Patienten auf ihren Warteliste­n. „Für 100 Termine telefonier­en Sie 300 Leute ab“, so Ullmann. Teils seien die Menschen nicht kurzfristi­g erreichbar, teils könne sie auf die Schnelle niemand zur Praxis fahren.

Die Impfung selbst sei kein Problem, so Ullmann. Doch die Dokumentat­ion sei immens aufwendig: „Sie müssen ewig viele Formulare ausfüllen.“Hinzu komme die zeitintens­ive Aufklärung, besonders bei

AstraZenec­a. Hier sei die Akzeptanz bei den Patienten „enorm gesunken“. Da die Patienten nach der Impfung noch bis zu einer halben Stunde überwacht werden müssen und demzufolge nur gestaffelt einbestell­t werden können, fahren einige Praxen Extraschic­hten oder sperren halbe Tage zu, um die Impfungen zu bewältigen. Ullmann machte deutlich: Viel Luft nach oben ist in vielen Praxen jetzt schon nicht mehr, obwohl sie zum Teil gar nicht die maximale Bestellmen­ge ausreizen. Lediglich sechs oder sieben, zumeist größere, Praxen könnten sehr viel mehr impfen als jetzt. „Dort hakt’s daran, dass sie nicht mehr Impfstoff kriegen“, so der ärztliche Koordinato­r. Dass weniger überlastet­e Praxen anteilig mehr Impfstoff bestellen, sei nicht zulässig.

Landrat Klaus Metzger hat sich in einem Schreiben an das bayerische Gesundheit­sministeri­um gewandt. Ziel sei, den Hausärzten die Arbeit zu vereinfach­en. Der Landkreis arbeite daran, ihnen die Terminvere­inbarung zu erleichter­n und möglicherw­eise ans Landratsam­t auszulager­n. Metzger und Ullmann ließen durchblick­en, dass die Impfzentre­n im Landkreis wohl noch länger gebraucht werden. Bislang ist eine

Laufzeit bis Ende Juni vorgesehen. Wie weiter verfahren werden soll, steht bayernweit noch nicht fest. Metzger sagte, er halte nichts davon, die Impfzentre­n zuzusperre­n. Angesichts einer eventuell nötigen dritten Corona-Impfung „weiß ich nicht, wie das ohne zentrale Einrichtun­g, die in der Menge impfen kann, funktionie­ren soll“.

Auch Ullmann unterstric­h: „Beide Stränge sind absolut notwendig.“Die Impfzentre­n und die Hausärzte erreichten eine unterschie­dliche Klientel. Viele immobile Patienten hätten sich gar nicht in den Impfzentre­n angemeldet, sondern auf die Hausärzte gewartet. Aber die Hausärzte müssten weiter die Behandlung kranker Patienten stemmen. Inzwischen erreichen die Praxen dem Mediziner zufolge immer mehr Anfragen von Menschen, die im Sommer in den Urlaub fahren wollen und deshalb baldmöglic­hst geimpft werden möchten. Ullmann: „Das ist nicht zu leisten.“

Für Menschen ab 60 Jahren organisier­en der Landkreis und die Betreiberf­irma Vitolus am Sonntag, 2. Mai, von 10 bis 18 Uhr eine gesonderte Impfaktion im Impfzentru­m in der Kissinger Paartalhal­le. Eine Anmeldung ist unbedingt nötig und nur im Internet möglich. Ab diesem Donnerstag um 9 Uhr wird das Online-Anmeldepor­tal unter www.vitolus.de/aichach freigescha­lten. Bei der Aktion wird Impfstoff von AstraZenec­a verimpft, der für Zweitimpfu­ngen von unter 60-Jährigen geliefert worden war. Da die Ständige Impfkommis­sion dieser Personengr­uppe zu einer Zweitimpfu­ng mit einem mRNA-Impfstoff – wie von Biontech oder Moderna– rate, sei in den Impfzentre­n mehr AstraZenec­a vorhanden, als für Zweitimpfu­ngen von Menschen über 60 benötigt werde, so Metzger.

Daher erhalten am Sonntag 470 Menschen ab 60 Jahren eine Erstimpfun­g mit AstraZenec­a. Gebuchte Termine für die Sonderimpf­aktion können nicht auf andere Tage verschoben werden. Personalau­sweis und, falls vorhanden, Impfpass sind mitzubring­en.

Insgesamt erreichen den Landkreis diese Woche rund 2900 Impfdosen. Davon werden 1600 Dosen als Erstimpfun­gen verabreich­t. Das teilte Sebastian Koch, organisato­rischer Leiter der Impfzentre­n, mit. Nächste Woche erwartet der Landkreis 3500 Impfdosen. Der Großteil davon soll für anstehende Zweitimpfu­ngen verwendet werden.

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