Aichacher Nachrichten

Inszeniert­e Trennung oder Rosenkrieg?

Eine 39-Jährige beschädigt Sofa und Laptop ihres Ex-Freundes und steht deshalb vor Gericht. Sie berichtet von einer vorgegauke­lten Trennung, um die Eltern des Mannes zu täuschen. Er erzählt etwas ganz anderes

- VON GERLINDE DREXLER

Aichach Im Sofabezug sind mehrere Schnitte und beim Laptop ist das Display kaputt. Beide fielen im August vergangene­n Jahres der Zerstörung­swut einer 39-Jährigen zum Opfer. Sie lebte damals im nördlichen Landkreis und ihr 36-jähriger Lebensgefä­hrte hatte sich gerade von ihr getrennt. Oder war die Trennung nur eine Inszenieru­ng für die Eltern des 36-Jährigen? Das jedenfalls behauptete die Angeklagte bei der Verhandlun­g vor dem Aichacher Amtsgerich­t. Sie hatte gegen einen Strafbefeh­l über 5500 Euro (50 Tagessätze zu je 110 Euro) wegen Sachbeschä­digung Einspruch eingelegt.

Die Trennung war aus Sicht der Angeklagte­n eine große Show; inszeniert für die Eltern ihres 36-jährigen Partners, behauptete sie. In einem Schreiben ihres Verteidige­rs Ilias Venizeleas an das Gericht, ist von einem Schreiben die Rede, das ihr der Lebensgefä­hrte im Beisein eines Nachbarn „theatralis­ch“aushändigt­e. Sie geriet daraufhin in Wut, und zwar dermaßen, dass sie Geschirr zerdeppert­e und die Wohnungsei­nrichtung teilweise beschädigt­e.

Doch wozu die Show? Die 39-Jährige nannte als Grund die finanziell­e Unterstütz­ung der Eltern bei der Abzahlung eines Kredits für das Haus des Partners. Diese hätten die Eltern an die Bedingung geknüpft, dass sich der Sohn von der 39-Jährigen trennt. Nachdem die beiden ihre Beziehung, die laut dem Schreiben des Anwalts „von einer besonderen Intensität geprägt“war, nicht aufgeben wollten, entschiede­n sie sich dafür, die Trennung nach außen vorzugauke­ln – so jedenfalls die Version der Angeklagte­n.

Der Streit damals war allerdings aus ihrer Sicht echt. Denn die Aktion mit dem Kündigungs­schreiben habe sie überrumpel­t. Laut ihrer Darstellun­g schubste sie der 36-Jährige. Sie stieß deshalb gegen eine Schale, die daraufhin zerbrach. Auch für die anderen kaputten Gegenständ­e hatte die 39-Jährige eine Erklärung: Das Sofa habe wahrschein­lich der Hund beschädigt, den Laptop müsse jemand anders demoliert haben. Ihr Lebensgefä­hrte, von dem sie inzwischen wirklich getrennt ist, wolle mit seinen Anschuldig­ungen nur Geld heraushole­n, erklärte sie.

Der 36-Jährige erklärte als Zeuge vor Gericht den Grund für seine Anzeige bei der Polizei: Er wolle die kaputten Gegenständ­e von seiner Ex ersetzt haben. Der Mann bestritt, dass die Trennung nur fingiert gewesen sei: „Sie war auf Wohnungssu­che, schob aber immer wieder einen Grund vor, warum sie keine findet.“Deshalb habe er ihr schließlic­h mit dem Nachbarn als Zeugen einen Brief überreicht, in dem er sie auffordert­e, das Haus zu räumen. Woraufhin es zur Kurzschlus­sreaktion der Angeklagte­n kam, die laut Anklage einen Sachschade­n von 4000 Euro verursacht­e.

Für Jessica Horrer, die Vertreteri­n der Staatsanwa­ltschaft, waren nach der ausführlic­hen Zeugenvern­ehmung die Vorwürfe zumindest teilweise erwiesen. Sie plädierte für eine Geldstrafe in Höhe von 900 Euro (50 Tagessätze zu je 15 Euro).

Verteidige­r Venizeleas plädierte auf Freispruch. Er zweifelte die Glaubwürdi­gkeit des 36-Jährigen an. Der hatte die Frage, ob sie wirklich getrennt waren, erst mit Ja beantworte­t, dann aber eingeräumt, mit ihr noch im gleichen Bett geschlafen zu haben. „Er führt einen Rosenkrieg gegen sie“, sagte der Anwalt. Zwischen den beiden Ex-Partnern laufen mehrere juristisch­e Auseinande­rsetzungen. Unter anderem zeigte sie ihn wegen Vergewalti­gung an.

Die Aussage des 36-Jährigen sei nicht stimmig, sagte Richter Axel Hellriegel, „aber mir reicht es für diese beiden Beschädigu­ngen“. Er war überzeugt, dass die Angeklagte sowohl für den kaputten Laptop als auch das Sofa verantwort­lich war. Die Höhe des Schadens setzte er im dreistelli­gen Bereich an. Der Richter wunderte sich, warum der Fall vor dem Strafgeric­ht gelandet war: „Es ist überhaupt nicht üblich, dass wir Auseinande­rsetzungen zwischen Personen verhandeln, solange keiner handgreifl­ich wird.“

Hellriegel hielt der Angeklagte­n zugute, dass ihre Reaktion auf den Brief menschlich nachvollzi­ehbar sei. In seinem Urteil blieb der Richter „am unteren Rand dessen, was vertretbar ist“. Er verurteilt­e sie wegen Sachbeschä­digung zu einer Geldstrafe von 225 Euro (15 Tagessätze à 15 Euro).

Die besondere „Intensität“der Beziehung

Zweifel an der Glaubwürdi­gkeit

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